Donnerstag, 27. Januar 1916 – 17jährige Schwedin misst 2,30 Meter und besucht auf ihrer Schweizerreise auch St.Gallen

Menschen anderer Hautfarbe, besonders gross Gewachsene oder Kleinwüchsige oder Personen mit anderen, nicht alltäglichen und ausgeprägten Körpermerkmalen stiessen seit dem 16. Jahrhundert und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein auf grosses Interesse. Nicht selten verdienten sie ihren Lebensunterhalt damit, sich selber zu präsentieren, sei es auf Jahrmärkten, im Zirkus oder gar in zoologischen Gärten (z.B. in Basel).

Das Riesenfräulein

hat sich gestern vormittag auf unserer Redaktion vorgestellt und angezeigt, dass es von heute ab für einige Tage im Hotel „Ochsen“ logiere. Das Fräulein ist auf der Insel Gotland in der Ostsee geboren, ist also schwedischer Nationalität. Mit 7 Jahren begann es sehr stark zu wachsen, mit 10 Jahren war es schon fast 2 Meter gross und heute misst die erst 17jährige Schwedin 2,30 Meter. Sie ist eine angenehme, ebenmässig gebaute Erscheinung mit jungem, frischem Gesicht, hat volles, braunblondes Haar und fröhliche Augen und weiss sich recht gut zu unterhalten. Sie spricht Deutsch, Schwedisch und Englisch und kommt dem Riesen Teddy Bobs sehr gut; sie gedenkt, diesem die Hand zu reichen und hernach wird das Paar ausserhalb New York sich ein Landhäuschen bauen. So finden sich auch die Riesen.

Fräulein Marsiana befindet sich auf der Reise durch die Schweiz. Die ländische Tracht steht ihr recht gut. Sie ist das Kind von Eltern, die nicht über mittelgross sind. Der Vater des Mädchens ist blind und die Tochter unterstützt ihn, indem sie sich als Riesin sehen lässt. Man wird in diesem Falle nicht eine sogenannte „Riesendame“ sehen, sondern ein schön proportioniertes, geistig aufgewecktes, körperlich schlankes Riesenfräulein.

Hinweis: Der Besuch der gross gewachsenen Schwedin in St.Gallen war auch in der Sprachheilschule ein Thema, siehe den Beitrag vom 29. Januar 1916.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, P 909 (Text, 27.01.1916, Morgenblatt, S. 3 und Anzeige Abendblatt, S. 4)