Der folgende Bericht berichtet von einem Viehtransport per Eisenbahn quer durch das kriegsbetroffene Oesterreich nach Ungarn. Unterwegs mussten die Tiere versorgt werden. Vor allem das Tränken bereitete Probleme. Die Viehwaggons und die Stationen waren nicht – wie auf der Anzeige – mit automatischen Tränkanlagen ausgestattet.
Reisebericht vom Viehtransport nach Ungarn vom 18. bis 30. März
Etwas überraschend bekam ich am 15. März ein Telegramm von unserem verehrten Geschäftsführer vom Ostschweiz. Braunviehverband, Herrn J. J. Gabathuler, ob ich willens wäre, einen Viehtransport nach Ungarn zu begleiten. Kurz entschlossen mit dem Gedanken, eine interessante Reise zu machen, gab ich Herrn Geschäftsführer Gabathuler Bericht, dass ich den Viehtransport begleiten werde. Am Samstag den 18. März musste ich in Bütschwil zum Vieheinladen antreten. Die Bauern hatten ihre Kühe noch gut gefüttert. Vor dem Verladen wurden sämtliche Tiere auf der Brückenwaage gewogen. Gegen Abend kamen wir zu der Grenzstation Buchs, wo bereits schon einige Wagen von Flawil und Wittenbach standen. Am Abend hatten wir einen Transport von 129 Kühen beieinander. Für den Transport waren wir unser fünf Begleiter. Wir verstanden es bald, einander in die Hand zu schaffen, was bei solchen Transporten sehr nötig ist. Es wurden die milchgebenden Kühe noch gemolken. Am andern Morgen wurden die Kühe auf die Rampe herausgebunden, gemolken, gefüttert und getränkt. Nachmittags wurden sie von einem österreichischen Veterinär untersucht. Auf die Reise musste Futter für die Kühe in die Wagen gebracht werden. Für die 129 Stück waren 21 Wagen reserviert. Es wurden auf jeden Wagen acht Ballen Heu oder Emd, ein Sack Grüsch und ein Sack Hafer verabfolgt. Als Streuematerial dienten Sägspähne. Am Sonntag nachmittag hatten wir ziemlich viel Zuschauer, der Rampenplatz hätte fast mit einem Schiffshafenplatz verglichen werden können. Für die Verproviantierung der Begleitmannschaft hatten wir gut gesorgt. Sonntag abends wurden alle Kühe nach dem Füttern bei den guteingerichteten Tränkeanlagen in Buchs getränkt und nachher nach Nummer in die Wagen gebunden. Zirka 7½ Uhr heisst es abfahren über die Grenze nach dem Vorarlberg. Bei Feldkirch mussten wir unsere Begleitscheine kontrollieren lassen, weiter gabs keine Revision. Am Montag morgen waren wir in Landeck. Dort wurde gemolken, wo wir für die Milch guten Absatz bekamen. Von hier gings weiter über Innsbruck bis nach Wörgl. In Innsbruck sahen wir die ersten kriegsgefangenen Russen. Sie arbeiteten an einem Steinbruch unter Aufsicht von österreichischen Soldaten. Innsbruck, am Inn gelegen, ist die Hauptstadt vom schönen Land Tirol, in einer Gebirgsgegend liegend. In dieser gebirgigen Gegend sehen wir schon ziemlich viel Getreidebau. Zum Ackern wurden hier meistens Ochsen verwendet. Bei den Arbeitern spielt die Porzellanpfeife eine hervorragende Rolle. Gegen Abend kamen wir in den grossen Verkehrsbahnhof Wörgl. Hier erhielten die Kühe zum erstenmal [sic] österreichisches Tränkwasser. Von Wörgl fuhren wir wieder die ganze Nacht. Das Schlafen auf den Heuballen ging diese Nacht schon besser, als in der ersten. Am Dienstag Morgen waren wir beim Erwachen in Bischofshofen und wir kamen bald gegen Salzburg.
Die Fortsetzung des Reiseberichts folgte in der nächsten Ausgabe des St.Galler Bauer vom 6. Mai 1916. Am besten, Sie schauen dann wieder in diesen Blog!
Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, W 248/82 (St.Galler Bauer, 3. Jahrgang, Heft 17, 29.04.1916, S. 273-274 (Reisebericht) und Heft 22, 03.06.1916, S. 376 (Anzeige: Automatische Selbsttränke-Anlage. Patent 35‘285, C. Bollinger-Rohrbasser, Veringen bei Schaffhausen)