Die Zeitung «Die Ostschweiz» publizierte in ihrem Morgenblatt vom 4. Mai folgenden Artikel:
Willy Bierbaums Kriegsvortrag «Am Isonzo»,
welcher kommenden Samstag, abends 8 Uhr, im Grossen Tonhallesaal vor sich geht, darf mehr als das übliche Durchschnittsinteresse für sich in Anspruch nehmen, sowohl das aktuelle Thema, als auch die Persönlichkeit Bierbaums, die man in St.Gallen durch seine früheren Vorträge, zuletzt über die Belgische Kriegsfront, wohl zu würdigen weiss, bieten Garantie genug dafür, dass wir einem sogenannten grossen Abend entgegen gehen, der Besuch daher von vorneherein allen auf das wärmste zu empfehlen sei. In vielen Wochen, die der Vortragende im Pressequartier an der Isonzofront zugebracht, war ihm eine reiche Gelegenheit gegeben, in so ziemlich alle Phasen der bisher zum Teil noch gar nicht gekannten Kriegskunst Einblick zu tun, und Erfahrungen in die Schweiz zu bringen, die schon durch seine Kriegsberichte i. d. „Neuen Zürch. Zeitung“ das lebhafteste Interesse, durch seine persönlichen Vortragsschilderungen, die durch ein allerdings glänzendes Lichtbildermaterial ausserordentlich ergänzt werden, den nachhaltigsten und tiefsten Eindruck hinterliessen, so dass selbst die grössten Säle der Schweiz nicht ausreichten, um die Menge Menschen, die den einzigartigen Kriegsschilderungen Bierbaums lauschen wollten, nicht zu fassen vermochten. Möge auch der St.Galler Vortrag ein grosses Publikum an sich ziehen, ist doch ein Teil der Einnahmen militärischen Wohlfahrtszwecken zugedacht, zudem sind die Eintrittspreise so gehalten, das sich ein jedes den Besuch leisten und ein wichtiges Stück Krieg mit all seinen furchtbaren und unendlich beklagenswerten Folgeerscheinungen an seinem geistigen Auge und in tiefstem Gemüt an sich vorüberziehen lassen kann. Ausdrücklich sei bemerkt, dass dieser Vortrag in St.Gallen nur einmalig vor sich gehen kann. Billets durch Grüninger-Forrer von 50 Cts. bis Fr. 3.20, sowie an der Abendkasse.
Willi Bierbaum (geboren 28. Februar 1875) kam ursprünglich aus Leizpig. 1901 wurde er in Zürich eingebürgert. Er war Redaktor bei der NZZ und Präsident des Zürcher Pressevereins. Vor dem Krieg publizierte er u.a. ein Werk über einen Alpenflug (1910) und eines mit dem Titel „Streifzüge im Kaukasus und in Hocharmenien“ (1913). Während des Kriegs war er als „embedded journalist“, wie man heute wohl sagen würde, an mehreren Kriegsfronten unterwegs. Davon zeugen nicht nur der Vortrag in St.Gallen sondern z.B. auch „An der schwimmenden Front als Neutraler bei der deutschen Kriegsflotte“ (1918). Nach dem Krieg setzte er sich für die hungernde Stadt Wien und Erholungsaufenthalte von Wiener Kindern in der Schweiz ein. Dafür erhielt er einen Ehrendoktortitel.
Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, P 907 (Die Ostschweiz, Nr. 104, Morgenblatt, 04.05.1916, Text; Nr. 105, Abendblatt, 05.04.1916, Illustration) sowie ZMA 18/01.06-33 (Tonhalle St.Gallen um 1914, Edition Phot. Franco-Suisse, Berne, «Ideal», No. 6427); Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Supplement, Neuenburg 1934 (Information über Bierbaum)