Dienstag, 16. Mai 1916 – Man spart Papier beim Staat und recycliert Couverts

Kreisschreiben

der

Staatskanzlei des Kantons St.Gallen

an

sämtliche Behörden und Beamten der Staats-, Bezirks-, und Gemeindeverwaltung und Rechtspflege, sowie der Staatsanstalten

betreffend

Sparsamkeit im Papierverbrauch.

Vom 16. Mai 1916.

Die infolge Fortdauer und Verschärfung des Weltkrieges wie bei andern Geschäftszweigen, so auch in der Papier- und Kartonfabrikation eingetretene Erschwerung der Zufuhr von Rohstoffen und Hülfsmaterialien hat im Verlaufe der letzten Zeit zu einer sehr beträchtlichen, 50% und noch mehr betragenden Preissteigerung aller, namentlich der besseren Papiersorten geführt, die voraussichtlich noch eine weitere Zunahme erfahren wird.

Durch diese unleidlich gewordenen Verhältnisse in der Papierbeschaffung wird allen Behörden, Beamten und Angestellten der öffentlichen Verwaltung und Rechtspflege die Pflicht nahe gelegt, durch grösstmögliche Zurückhaltung im Verbrauch von Papier ihres Ortes soviel als möglich dem bestehenden Papiermangel zu begegnen und vorzubeugen.

Im Auftrage des Regierungsrates ergeht daher an sämtliche Behörden, Beamten und Angestellten der kantonalen, Bezirks- und Gemeindeverwaltung, mit Einschluss der öffentlichen Anstalten, sowie der Rechtspflege, die Einladung und Weisung, in der Verwendung von Papieren aller Art (Schreib-, Brief-, Druck-, Pack-, Schreibmaschinen- und Löschpapiere), soweit die Verhältnisse dies immer gestatten, die grösste Sparsamkeit walten zu lassen.

Dabei ist insbesondere auf die Verwendung billigerer, statt teurer Papiersorten, sowie auf die möglichste Ausnützung schon gebrauchter Briefumschläge – namentlich der kostspieligen sogenannten Bank-Couverts grössern Formates – Bedacht zu nehmen.

Der Verkehr der Amtsstellen unter sich soll soviel als möglich ohne Benützung der Post, sondern durch Weibel oder Kanzleipersonal und ohne Verwendung neuer Couverts bewerkstelligt werden. Abgesehen vom Verkehr mit den obersten eidgenössischen Behörden ist von der Verwendung von Doppelbogen (sogenannten „Respektbogen“) Umgang zu nehmen, desgleichen in der Regel bei Aktensendungen von der Beigabe besonderer Begleitschreiben, welch letztere durch Beifügung des Überweisungsvermerkes auf dem Aktenstück selbst zu ersetzen sind.

Zur blossen Erstellung von Entwürfen, Anbringung von Notizen u. drgl. ist die unbeschriebene Rückseite von bereits gebrauchtem Papier zu verwenden.

Im weitern empfiehlt es sich, dass von amtlicher Seite bei sich bietender Gelegenheit und in geeignet scheinender Weise auch das weitere Publikum über die Verhältnisse des Papiermarktes aufgeklärt und zu grösstmöglicher Sparsamkeit im Papiergebrauch angehalten werde.

Der Regierungsrat hegt die Erwartung, dass, wenn sich sämtliche Funktionäre der öffentlichen Verwaltung und Rechtspflege die genaue Beachtung vorstehender Anweisungen zur Pflicht machen, sowohl zugunsten der kantonalen und Gemeindefinanzen manche, in ihrer Gesamtheit nicht unerhebliche, Ersparnis erzielt, als auch dem bestehenden Papiermangel, wenigstens zum Teil, begegnet werden könne.

St.Gallen, den 16. Mai 1916.

Die Staatskanzlei.

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, ZA 001 (Auszug aus einem Kreisschreiben im Amtsblatt für den Kanton St.Gallen, 91. Jg., Bd. I, Nr. 20 vom 19. Mai 1916, S. 895f.)

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