Situationsbericht von der Linth, den 16. August.
Die seit vier Wochen anhaltend trockene, heisse Sommerwitterung mit nur geringen Niederschlägen war bis jetzt den Kulturen im allgemeinen günstig, manche derselben fangen nun aber an, unter der Trockenheit etwas zu leiden und wäre daher ein baldiger ausgiebiger Regen unsern Bauern nicht unerwünscht. Die nte geht dem Abschlusse entgegen; auch in den höhern Lagen ist das Emdgras grösstenteils eingesammelt unter den günstigen Verhältnissen. Die Qualität des Emdes hat namentlich an den sonnigen Halden durch das massenhafte Auftreten von Engerlingen stark gelitten. Die Durchschnittserträge des Emdes dürfen als mittelmässig bezeichnet werden. Der Stand der Alpenweiden ist gut, doch hat in den letzten Tagen an den sonnig gelegenen Weiden das Gras infolge der Trockenheit merklich abgenommen. Die Ernte der Frühkartoffeln ist vorbei; die Erträge befriedigten nicht überall, dagegen stellen die Spätkartoffeln eine gute Ernte in Aussicht. Durchwandert man die Baumreihen in Feld und Garten, so beobachtet man, dass die Obstbäume sich im allgemeinen ordentlich erholten von der ungünstigen Frühlingswitterung (Föhnwitterung), nur fällt stellenweise, namentlich bei den Birnbäumen, die ungewohnte Leere uns auf; da gibt’s im Herbst nicht so viel zu nagen und die Kinder haben auch nicht gar viel Ferienarbeit mit dem Einsammeln der runden, wohlschmeckenden Früchte. Nach allen eingegangenen Berichten zu schliessen, fällt die Obsternte geringer aus als im Vorsommer erwartet wurde. Die orkanartigen Gewitterstürme in der ersten Monatsdekade Julis haben leider gar viele junge Früchte samt den Aesten und Zweigen abgeworfen. Sodann macht man die Wahrnehmung, dass die Obsternte heuer sehr ungleich ausfällt. Mancher Landwirt hat eine ordentliche Ernte sowohl an Aepfeln wie an Birnen in Aussicht, während seine Nachbaren wieder mit sehr geringen Erträgen vorlieb nehmen müssen. Die vorhandenen Obstsorten, die Lage, Bodenbeschaffenheit und Pflege der Obstkulturen beeinflussten die diesjährigen Obsterträge auffallend stark. Uebrigens entwickeln sich die vorhandenen Früchte prächtig und es darf auch auf eine zeitige Obsternte gerechnet werden.
Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, W 248/82 (St.Galler Bauer, 3. Jahrgang, Heft 34, 26.08.1916, S. 573-574) und ZOA 001/3.05 (Stilleben mit Obst, fotografiert vom Porträt- und Kirchenmaler Franz Vettiger aus Uznach als Vorlage für ein Bild)