Samstag, 26. August 1916 – Kriegsgefangenenpost: Prisoners of War

Joseph Fischer, Sohn deutscher, ausgewanderter Eltern, war in England geboren worden. 1896 hatte seine Familie die britische Staatsbürgerschaft erworben. Nach dem Besuch einer Internatsschule in Ouchy machte Fischer eine Banklehre in St.Gallen und arbeitete danach u.a. als Buchhalter bei der Import-Exportfirma Charles Osterwalder am Spisertor. Er wohnte bei Therese Kleiser-Schindler, einer kinderlosen Tante mütterlicherseits, an der Tellstrasse 28. Er erhielt mehrfach Post kriegsgefangener Kollegen (?) aus England. Zwei davon, Fritz Selb und Ernst Selb waren gemäss Absender in „Lofthouse Park South Camp Wakefield Yorkshire“ interniert, Arthur Müller in Knockaloe auf der Isle of Man. Bert und Carl schrieben aus Ely, County of Cambridge, wo Fischer aufgewachsen war.

Der am 26. August verfasste Brief trägt einen rückseitigen Schweizer Poststempel vom 14. September 1916.

Briefumschlag 2

Originalgrösse des Briefumschlags: 9,6 cm x 12,1 cm

Arthur Müller 8215. Camp 2. Comp.3. Hut 3a

Knockaloe, den 26. Aug. 16.

Lieber Joe!

Heute nach beinah einem Jahre ist es mir endlich möglich Deinen lieben Brief vom 8. Okt. letzten Jahres zu beantworten. Deine Zeilen freuten mich damals sehr, und sage ich hiermit meinen herzlichsten Dank.

Eigentlich beneide ich Dich um Deine jetzige Lage, Du bist fein aus allem heraus und kannst ruhig abwarten, bis sich das Unwetter verzogen hat. Dass Berts Lage nicht so glücklich ist[,] wirst Du vernommen haben. Ich befürchte das schlimmste für den armen Jungen. Auch für seine Eltern werden es schwere Tage sein.

Was treibst du eigentlich immer? Ein wenig Aufschluss würde mich sehr freuen. Ich, für meinen Teil, sitze nun schon den 15ten Monat hinter Stacheldraht, ich versichere Dich[,] kein beneidenswertes Los. Grüsse an Frau Kleiser-Schindler. Sei herzlich gegrüsst von Deinem Freunde Arthur.

Brief

Brief 2

Vergleiche dazu auch den Beitrag von Bert vom 7. Januar 1916.

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, W 207, Album „Aus den Kriegszeiten“ (Brief eines Kriegsgefangenen aus England an Joseph Otto Ferdinand Fischer (1892-1967) in St.Gallen)

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