Oben: Ausschnitt aus einer Randverzierung am Schluss des Protokolls zum 26. Stiftungsfest der Humanitas Sangallensis vom 13. Januar 1917. Die Mitglieder gaben u.a. ein Fasnachtsspiel und eine Komödie von Hans Sachs. (Zeichnung von W.v.V., Walther van Vloten)
Ausflug zweier Humanitaner samt zwei Junioren auf die Hundwilerhöhe am 1.XI.16.
Ich freue mich aufrichtig auf die zukünftige Humanitas, denn es wird eine fleissige Gesellschaft und der Kantonsschule eine Zierde sein. Denn alle, denen wir nachsprangen[?,] hatten viel zu arbeiten an dem freien Tage. So zog ich denn mit dunkeln Ahnungen im Herzen ins Nest und fand da wirklich nur zwei Nesthöcker. Bald kam auch noch der zweite Aktive mit der Pfanne, W. van Vloten, angerückt. Nun marschieren wir nach Stein und unterhielten uns noch von Herrn Dr. Ruth angeregt über Krieg und Militär. Über Hundwil stiegen wir nun der Höhe zu, u. immer mehr und mehr Land breitete sich vor uns aus. Endlich war der ersehnte Augenblick, die Höhenkurve der Freude dieses Tages gekommen. Endlich stunden wir vor dem Säntis u. den Voralpen u. endlich konnten wir – unsere Pfanne mit Wasser füllen und ein Feuer anmachen[,] überhaupt ein fröhliches Wesen treiben wie es schon Virgilius beschrieben hat. quaerit pars semina flammae, abstrusa in venis [sicilis] pars densa ferarum tecta rapid silvas inventaque flumina monstrant [sic]. Allerdings holten wir das Feuer nicht mehr aus Steinen, es geht eine Poesie nach der andern verloren. So führten wir ein fröhliches Lagerleben von 11 Uhr an bis Nachmittags zwei. Zum Schluss wurden noch allerlei Kochkünste gemacht, Aepfel und Zucker gebraten und andere Dinge mehr.
Dann mussten wir uns von dem prächtigen Aussichtspunkt trennen. Wir galoppierten mit Pfannengerassel den Berg hinab. Wunderbar schien die Herbstsonne auf die vergilbten Buchen, auf die grünen Weiden. Die Fenster der Häuschen glitzerten, die Knaben lungerten vor ihnen u. spielten Hund-Harmonika [sic, statt Mundharmonika]. Überhaupt sonnte sich alles, Gross u. Klein noch einmal in der Herbstsonne. In Appenzell strömten uns gerade die Leute aus der Kirche entgegen. Besonders gefielen uns die alten Weiblein mit den roten gesti[c]kten Tüchern, die sie um den Kopf gebunden hatten; auch auf den alten Turm der Kirche stiegen wir. Nun ging’s heimwärts. Mit schwierigen physikalischen Problemen beschäftigten wir uns. Die Nacht brach langsam herein und aufeinmal [sic] grüssten wir den Säntis vom Leimnest noch [?]. Mit der Nacht kamen wir auch wieder auf die Schule und das Kadettenwesen zu sprechen. Trotzdem wir ziemlich viel Energie zum Aufstieg und sogar noch zum Abstieg gebraucht hatten, glaubten wir merkwürdigerweise doch neugestärkt wieder auf die Schulbänke sitzen zu können. Reisegenossen: Walter van Vloten, Paul Grob, Rittmeyer III ga, Lehner III ga.
Der Schriftführer.
Die lateinischen Verse stammen aus dem 6. Buch der Aeneis und beschreiben Aeneas Reise in der Unterwelt. Die Klassenbezeichnung „III ga“ weist darauf hin, dass die Schüler einer gymnasialen Lateinklasse angehörten.
Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 058 (Humanitas Sangallensis, Abstinentenverbindung an der Kantonsschule St.Gallen, Protokoll)