Josef Scherrer beschrieb in seinem stenografierten Tagebuch eine Sitzung der Verwaltungskommission des Notstandsfonds der Stickereiindustrie:
Präsident Steiger-Züst eröffnet die Sitzung.
1193 Firmen sind bis jetzt eruiert, bis jetzt sind Fr. 400,000 angemeldet. Der Präsident befürchtet, dass nicht Fr. 700,000.- zusammenkommen und bedauert, dass man nicht früher gesorgt habe. Jetzt kommt die Not.
Es rächt sich nun heute, dass man 1911/12 den Leuten der Schifflistickerei 1 Maschine zuschmiss und sie nun 1913, 14/15 nichts verdienen konnte.
Wir können also nicht von allen Arbeitgebern Unterstützung erhalten. Die Handstickerei hat bis heute nicht reklamiert. Es ist die Rettung der Handstickerei, dass sie sich anderweitig noch retten kann, indem sie mit der Landwirtschaft verbunden ist.
Wenn eine Not eintritt, so brauchen wir 3,3 Millionen im Monat, im Jahre 40 Millionen. Präsident Steiger-Züst möchte ein Werk von dauerndem Bestande und appelliert in diesem Sinne an die Versammlung. Die Bundesratsbeschlüsse werden zum Teil die Sanierung in der Stickerei-Industrie mitbewirken. Wir müssen eine Gesundung haben in den Löhnen, in den Abzügen, in der Kriegsversicherung.
Otto Alder. Wir wollten zuerst auf Grundlage der bestehenden Kassen und der Gemeindekassen vorgehen. Was dann erst nachher die Kriegsversicherung und was wir nur ungern mit Rücksicht auf die eingetretene ungünstige Lage uns zur eigentlichen Notstands [sic]
Mächler Dr. Regierungs-Rat. Nochmals eine letzte Frist bis 1. Mai eröffnen, damit die Leute der Kasse beitreten können.
Anträge. Das vorliegende Reglement soll nur ein Notreglement sein, das nur im äussersten Notfall Anwendung finden soll. Mit dem 1. Mai falle die ganze Geschichte dahin.
Eugster-Züst hat Bedenken gehabt gegen die Eingreifung in die bösartige Unterstützung und die Ausschaltung der freien Kassen. Eugster will unter der Voraussetzung, dass das nur ein Notreglement sei, darauf eintreten. Man sollte Fr. 200,000.- im äussersten Falle höchstens brauchen.
Dr. Zangger erwähnt, dass der Gedankengang Mächlers richtig sei. Aber er zweifelt, dass die Sache jetzt vorführbar sei.
Senn unter Vorbehalten einverstanden, wünscht eine Publikation.
Marti dito.
Weibel will auch für das Notreglement.
Eugster-Züst stellt den Antrag, das Büro sei zu beauftragen, mit dem Bundesrat in Verbindung zu treten bezüglich der Subventionierung der Kassen durch den Bund.
Dr. Fässler will das Notreglement nicht ausarbeiten und alles auf die Arbeitslosenversicherung einstellen.
Dr. Kaufmann war erstaunt über das Reglement des Ausschusses. Er würde es aber ausserordentlich bedauern, wenn in der zu haltenden Zwischenzeit der Fonds aufgebraucht würde. Wenn man auf den Entwurf eintreten will, so soll eine Begünstigung für die bereits versicherten Arbeiter geschaffen werden.
Der Antrag Eugster-Züst wird angenommen.
- Beratung des vorliegenden Notreglements.
- Wahl des Unterstützungsausschusses.
Das Bureau wird ex Offizio in den Ausschuss gewählt.
Als Arbeitnehmer werden gewählt Scherrer Josef, Vogel & Senn.
Als Arbeitgeber: Wetter, Huber, Köchlin, Rohner.
- Otto Alder teilt mit, dass Aussicht bestehe, dass England gewisse Erleichterungen für die Schweiz zulassen werde.
Anschliessend: Bankett im Hotel Walhalla.
Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, W 108/1 (Tagebuch Scherrer, 15.03.1917) und ZMH 64/124a (Auszug aus Briefkopf: Hotel Walhalla-Terminus, St.Gallen, 1917)