Die sozialdemokratische Volksstimme hatte schon zwei Tage vorher in einem eher dürren Communiqué berichtet:
Rorschach. Der Konflikt in der Maschinenfabrik Amstutz, Levin & Cie. konnte am Samstag beigelegt werden, indem eine Einigung zustande gekommen ist. Die Arbeit ist heute Montag wieder aufgenommen worden.
An vielen Orten in der Schweiz fanden in diesen Wochen Streiks in der Maschinenindustrie statt, so z.B. auch in Oerlikon. Die Lage war angespannt. Welche Hintergründe der Streik in Rorschach hatte, lässt sich im zusammenfassende Bericht des Tagblatts vom 21. März 1917 nachverfolgen:
Ein beigelegter Streik in Rorschach.
(Korr.) in der Maschinenfabrik Amstutz, Levin & Cie. wurde, wegen regelrecht erfolgter Kündigung eines Arbeiters, von etwa 500 Mann die Arbeit niedergelegt. Beide Parteien riefen am Montag den Regierungsrat um Vermittlung an. Unter Leitung von Herrn Landammann Riegg fanden letzten Mittwoch im Rathaus Rorschach Verhandlungen statt, aber ohne Erfolg, weil die Arbeiter in zwei nachherigen Versammlungen einstimmig beschlossen, an der Forderung auf Wiedereinstellung festzuhalten. Die Gemeindebehörde nahm am Donnerstag die Verhandlungen wieder auf. Auf einen Artikel in der «Volksstimme» war die Firma am Freitag zu einer Richtigstellung in den Rorschacher Blättern genötigt, was die Aussicht auf gütliche Einigung nicht verbesserte. Von Bern erschien am Samstag der Adjunkt des Metallarbeitersekretariates, während die Gemeindebehörde sich alle Mühe gab, um die Schliessung der übrigen Teile des Geschäftes und einen allgemeinen Streik zu verhindern. Als dann am Samstag mittag rote Plakate zu einer Volksversammlung auf Sonntag mittag einluden, stand die Entscheidung auf des Messers Schneide. Da die einsichtigen Arbeiterführer von Anfang an gegen den STreik waren, haben sie auch diesen Aufruf missbilligt und sich alle Mühe gegeben, den von der Kündigung betroffenen Arbeiter zu einem Vergleich zu bewegen. Die Verhandlungen vom Samstagnachmittag führten zum Ziel; die Arbeiterversammlung genehmigte fast einstimmig das Entgegenkommen der Firma bei Aufrechterhaltung der Kündigung, und beschloss, am Montag die Arbeit wieder aufzunehmen. Da die Metallarbeiter ausserordentlich guten Verdienst haben, hätte man es in der Bevölkerung nicht begriffen, wenn wegen einer solchen «Machtfrage» ein Streik mit seinen bösen Folgen ausgebrochen wäre.
Landammann Riegg, der erste Vermittler in dieser Angelegenheit sah zu dieser Zeit ungefähr so aus, wie auf dem Bild links.
Leider sind im Archiv der Sektion Rorschach der Metallarbeitergewerkschaft die Protokolle der Jahre 1906 bis 1929 nicht erhalten geblieben. So lässt sich nicht nachvollziehen, wie die betroffenen Arbeiter selbst die Situation erlebten. Im Beitragsbild sieht man die Aufschrift im Innendeckel des ersten Protokollbandes dieser Sektion, das sich im Archiv der Unia im Staatsarchiv St.Gallen befindet.
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Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, P 907 (Volksstimme, 19.03.1917) und P 909 (St.Galler Tagblatt, 21.03.1917, Morgenblatt); BMA 398 (Porträt Landammann Alfred Riegg-Saxer, zwischen 1910 und 1920) und W 240/2.1-2.01 (Protokollbuch der Sektion Rorschach des Schweizerischen Metallarbeitergewerkschaft, Einbandseite)