Die St.Galler Naturfreunde begaben sich auf Pfingsttour. Der Autor des Tourenberichts, O. Schlegel (vgl. Unterschrift im Beitragsbild), pflegte eine eigenwillige Orthographie, weitgehend ohne Interpunktion. Er kannte offenbar das “ck” nicht, “Strasse” heisst “Strahse”, und “wir” schrieb er (fast) konsequent als “wihr”:
Tourenbericht 27./28. Mai 1917 Thalwilerhütte Klönthal
Ein prächtiger Pfingstsonntag-Morgen hatte uns aus den Federn gelokt, um die abgemachte Tour im Tubsthal [?] zur Thalwilerhütte anzutreten. Um 6 Uhr 50 dampfte unser Zug ab u. langte nach kurzer[,] aber schöner Fahrt mit einiger Verspätung um 8 ¼ Uhr in Uznach an. Hier luden wihr [sic] unser Kreuz in Form des schwerbepakten Ruksakes auf den Bukel u. schoben los. Vom Bahnhof gings Westlich [sic] ca 500 m der Bahnlinie entlang zum Bahnübergang, aber kaum über der Brücke gerieten wihr schon auf Abwege[,] aber unverdrossen gings in Südl. [sic] Richtung weiter durch hohes Riedgras einem Lebhang entlang. Nach ca 10 Min[.] gelangten wihr auf die Strahse [sic,] die nach Tuggen führt, kurz vor diesem Dorfe stand ein Mann auf einsamer Feldwache auf unsere Frage? ob er Durst habe[,] gab er keine Antwort[,] denn nun en[t]pup[p]te er sich als Vogelscheuche. 9 Uhr durchwanderten wihr das Dörfchen[,] um am Ausgang Desselben [,] die herrlich entwikelte Sumpfflora zu bewundern. In Schübelbach angelangt, wurde beschlossen[,] Siebnen rechts liegen zu lassen[,] um den Weg abzukürzen, etwaigen Nachfolgern möchte ich davon abraten, denn, dann wäre uns viel Mühe u. mehr als 1 Std Zeitverlust erspart geblieben[,] nun item wihr gingen weiter u. wären beinahe auf den Schübelbacher Friedhof geraten, wonach jedoch keinen von uns gelüstete[,] also zurück auf die Strahse eine kurze Streke verfolgten wihr dieselbe, dann kamen wir auf den richtigen Weg u. nun giengs bergan. Nachdem ca ½ Wegstunde zurükgelegt war, erinnerte uns Freund Weber daran, dass der Magen seit Samstag Abend keine schwere Arbeit me[h]r zu verrichten hatte. Ein Blik auf die Uhr zeigte schon 10 Uhr, ein schattiges Plätzchen nahm uns auf u. rasch wurde abgekocht[,] dann giengs weiter mit schöner Steigung. An einer Wegkreuzung wurde halt [sic] gemacht u. unser Photograph trat in Aktion[,] dabei konnte er erfahren, wie rasch der Mensch sinken kann[,] denn er stand rükwärtsschreitend plötzlich in einem tiefen Graben u. starrte uns verwundert an, indess [sic] wir laut auflachen mussten über die komische Situation[.] Da stieg er rasch aus dem Loch heraus, knipste ab u. pakte dann brummend zusammen[,] worauf wihr den Weg wieder unter die Füsse nahmen.
Am Eingang ins Wäggithal begrüsste uns als erster der grosse Anberg 1648 m, ca 1 Std gehts auf schöner Strahse vorwärts[,] dann folgt schlechter Fahrweg auf[,] auf welchem wihr uns im Gatter auf und zumachen üben können, denn bereits alle 100 m war ein solcher[,] obwohl noch kein Vieh weidete. So führte uns der Weg durch schönen Wald u. über saftige Weiden zum Trebsenbach in einsamer Waldschlucht. Ein Blik auf die Karte zeigte uns, dass das Ramseli [?] dicht an letztgenantem [sic] liege u. wihr beschlossen[,] das Bachbett als Führer zu nehmen. Mittlerweile war’s 2 ½ [?] Uhr geworden u. wihr hatten gerechnet[,] bis 3 Uhr in der Hütte zu sein, also gieng die Hüpferei von Stein zu Stein los zum Glück war wenig Wasser[,] sonst hätte sich die Sache schon schwieriger gestaltet, aber komisch müsste es auf einen Zuschauer gewirkt haben[,] wie das St.Galler Bachstelzentrio im Bach herumhüpfte, wihr sahen dabei allerdings auch manches schöne[,] was uns auf dem richtigen Weg entgangen wäre. Bald gings über mächtige Felsblöke[,] bald über stellen [sic,] die ein rasches vorwärtskommen [sic] unmöglichten [sic]. Endlich kamen wir nach 1 ½ Stdg. Kletterei auf den Weg[,] wonach in wenigen Min. die Hütte im Ramseli erreicht wurde.
Die Hütte ist sehr schön gelegen u. in gutem Zustand[,] nur schien Sie mir etwas zu klein für einen grössern Andrang[,] wie das heute auch der Fall war[.] Sie bietet für höchstens 25 Personen Unterkunft, allerdings steht in der Nähe auch noch ein Stall zur verfügung [sic]. Eine schöne Umgebung ladet zu Exkursionen ein, zum Beispiel: Bokmattisattel [Bockmattlipass] zum Bokmattli 1993 m oder Scheinberg [?] evt. auch Brünnelistock, oder auf den zerrissenen Köpfenstok 1893 m[,] ferner ein schöner Spaziergang im hint. Wäggithal.
Nachdem wir für unser leibliches Wohl gesorgt hatten[,] verewigten wir [sic!] uns im dortigen Hüttenbuch, bezahlten die Tagesgebühr 20 Rp. u. zogen weiter, da wir uns Hier nicht recht heimisch fühlten u. die Uhr erst die 6. Abendstunde anzeigte, beschlossen wir, den schönen Abend zum Aufstieg zu benützen u. mit ! Berg frei!; wurde von den Anwesenden Abschied genommen[,] dann führt uns der Weg ca 200 m den Felsenbach hinauf[,] um dann rechts abzubiegen, so schreiten wir einen Waldweg bergan (der übrigens sehr schlecht markiert ist) zu Punkt 1443 m. Von Hier windet sich der Weg in kurzen Serpentinen mit Starker [sic] Steigung zum Bokmattlisattel hinauf, dampfend langen wir oben an[,] da wird erst der Rok u die Zipfelmütze angezogen[,] denn Hier oben ziehts ordentlich[,] sind wir doch schon 1840 m hoch. Die Mühe des 2 Stdg. Auf- Aufstiegs [sic] wurde aber glänzend belohnt durch eine wunderschöne Aussicht. Vom fernen Säntisgebiet schweift unser Blik über das Zürcher-Oberland zu den Schwyzer-Glarner- u. St.Galleralpen, wie gebannt standen wir da u. konnten den Blik kaum abwenden von der scheidenden Sonne[,] welche die umliegenden Berge in allen Farben erscheinen liess.
Doch nun müssen wir uns sputen, sonst werden wir von der Nacht überrascht[,] ehe unser heutiges Ziel, die Ahornen Alp erreicht ist[,] wozu wir noch 435 m abzusteigen haben. Nach kurzer Anstrengung wird der höchste Punkt der Konnes [?] 1900 [m] erreicht[,] welchen wir dann in Nordöstlicher Richtung ca 300 m verfolgen, um dann den Abstieg über einen gefährlich steilen Rasenhang hinunter anzutreten, den Weg wähnten wihr ein Stük weiter unten zu sehen, die Dämmerung hatte uns aber schwer getäuscht[,] wie wir später sahen, dazu bekam es unser Photograph Menzer noch mit einem Schwindelanfall zu tun[,] wodurch das Tempo verlangsamt werden musste.
Ohne weitern Zwischenfall erreichten wir [sic] in Guloir [Couloir] auf Punkt 1681 m. Hans stieg als 1. hinunter[,] um zu sehen[,] ob sich unten keine Wand befinde, denn von oben konnte man nichts me[h]r sehen[,] da inzwischen die Nacht völlig hereingebrochen war, zum Glük kam gerade der Mond heraufgekrochen. Bald signalisierte Hans: nachkommen keine Wand da! Nun began eine höchst interessante Kletterei, Petrus muss wahrscheinlich gegrinst haben wie er uns zugeschaut hat u. uns für Mondsüchtig [sic] gehalten, glüklich gelangten wir ans untere Ende des Guloirs[,] wo sich noch Schnee vorfand[,] was von uns Mondscheinkraxlern freudig begrüsst wurde, denn nun konnten wir doch noch ein Stük abfahren[,] die Freude war jedoch nur solang wie das Schneefeld u. das war kurz, nun folgte flacheres Terrain u. bald war die Thalsole [sic] erreicht. Hier wurden die Laternen in Funktion gesetzt[,] um die Hütten der Ahornen Alp zu suchen[,] denn der Mond war wieder verschwunden hinter den Bergen. Bald stiessen wir auf die Hütten[,] die 1. zwei waren nicht verschlossen[,] dafür tönte uns der nicht gerade freundliche Ruf: besetzt; entgegen, nach verschiedenen weitern erfolglosen Versuchen[,] eine gute Unterkunft zu finden[,] gelangten wir zur letzten Hütte. In einem kleinen Anbäuli [Anbau] derselben befand sich noch etwas Heu[,] aber gerade noch soviel[,] dass man die härte [sic] des Bodens spüren konnte. Doch wir schikten uns ins Unfermeidliche [sic,] denn wir waren zu müde[,] um weiter zu gehen. Vom Bokmattli bis hinunter brauchten wir 3 Std[.,] was bei Tag 1 ½ Std in Anspruch nähme [sic]. Dank unsrer Müdigkeit schlieffen [sic] wir bald ein[,] nachdem wir es uns so bequem als es die Umstände zuliessen gemacht hatten. Nur unser Photograph war noch um sei[n]e Füsse besorgt[,] die er Mangels an Heu in den Ruksak stekte u. oben zuband[,] um dann sanft ins Land der Träume hinüber zu schlummern.
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Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, W 285/2.06.1-1 (Tourenbericht)