Mittwoch, 25. Oktober 1916 – Offerte für die psychiatrische Klinik Wil

Briefkopf

Die – heute in der sechsten Generation geführte – Firma Ganz sandte mit diesem Schreiben ein Formular mit einer Offerte für das Verlegen von Boden- und Wandplatten im „Asil Wil Haus No. 9“ an das Baudepartement.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, ZMH 64/330 (Briefkopf des Baumaterialiengeschäfts E. Ganz in St.Gallen an das Hochbauamt) und ZMA 18/09.06-27 (Ansichtskarte der Psychiatrischen Klinik in Wil, um 1922)

 

Montag, 23. Oktober 1916 – Nachtruhestörung durch Sprengarbeiten in St.Gallen

Die St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke SAK waren dabei, für das Kubelwerk die zweite Druckleitung zu erbauen. Dazu wurden nächtliche Sprengarbeiten vorgenommen.

Bruggen, den 23. Oktober 1916

An den hohen Regierungsrat des Kantons St.Gallen.

Wir sind in den Besitz des regierungsrätlichen Protokollauszuges vom 10. Oktober a.c. gelangt, dem zu entnehmen ist, dass den Firmen E. Baumann & Sohn & Vinzenz Broggi, welchen die Bauarbeiten am Wasserstollen II der St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke A.G. zur Ausführung übertragen sind, gestattet wurde[,] an Sonntagen an diesem Werke zu arbeiten und ferner des Nachts Sprengarbeiten vorzunehmen, letzteres unter dem Vorbehalte, dass die Gesuchsteller bei ihrer Erklärung, die Vornahme der Sprengschüsse nach Möglichkeit nicht auf die 2 Stunden vor und nach Mitternacht einzurichten behaftet sein sollen.

In Rücksicht darauf, dass [-] wie vielfache Wahrnehmungen bisher zeigten [-] in letzterer Hinsicht dem abgegebenen Versprechen absolut nicht nachgelebt wird, sondern dass fast allnächtlich um die Zeit direkt vor und nach Mitternacht gesprengt und dadurch die Nachtruhe der Anwohner in ziemlich weiter Umgebung gestört wird, möchten wir hiemit an Sie das höfl. Gesuch richten, bei den genannten Firmen darauf zu dringen, dass sie sich an die Ihnen gegenüber abgegebene Erklärung auch halten.

Ihre gesch. Bemühungen bestens verdankend, zeichnen hochachtend

Der Gemeindammann:

A. Rüesch

Namens des Gemeinderates,

Der Gemeinderatsschreiber:

Lautenschlager

Die Bauunternehmung antwortete mit Schreiben vom 31. Oktober an das Departement des Innern und bat am Schluss darum, die Regierung möge die Beschwerdeführer um Einsicht, Nachsicht & Duldung der Arbeiten bitten:

[…]

Betreff unserer angesetzten Nachtarbeitszeit, von Abends 7 Uhr bis Morgens 6 Uhr hat die Erfahrung gezeigt, dass leider das Absprengen der Schüsse auf die gewünschte Zeit einfach unmöglich [ist], indem die Schüsse mit dem besten Willen nicht vor 11-12 Uhr fertig gebohrt werden konnten. Sollte man mit dem Absprengen auf vorgeschriebener Zeit beharren, so hies[s]e das[,] die Arbeit von 10-2 Uhr unterbrechen, was nicht zu machen & uns die Nachtarbeit überhaupt verunmöglichen würde.

Nach unserer Ansicht rührt der Knalleffekt mehr von den Arbeitsstellen in Sturzenegg & Stösselbach her, die sich auf Herisauerboden befinden, wozu uns die dortige Gemeinde die Bewilligung erteilt hat. Wir glauben desshalb [sic], da diese Schüsse ja doch auch um die Mitternachtsstunde gehört werden, auch das gleichzeitige Absprengen der 10-12 Schüsse der Baustelle im Gübsen nicht weiter stören kann. Wir finden, dass es im Gegenteil viel störender wirkte, wenn die Detonationen um 10, 12 & 2 Uhr erfolgen würden, als nur einmal Nachts zwischen 11-12 Uhr. Zudem wirken die Schüsse beim Gübsenweiher weniger effektiv, indem die Ausmündung des Stollens in einen Schacht geschieht & durch diesen der Schall abgeschwächt wird. Auch sind wir mit dem Stollen schon ziemlich im Berginnern, sodass der Schall nicht mehr so stark ist & successif [sic] mit dem Weitereindringen in den Berg bald so minim werden wird, dass kaum noch jemand belästiget wird. Uebrigens kann man sich an Alles gewöhnen & so viel wir wissen, wurde beim Bau des I. Stollens Nachts auch jederzeit gesprengt.

[…]

Die Regierung behandelte das Geschäft in ihrer Sitzung vom 17. November 1916. Sie befand auf Antrag der Sanitätskommission, welche die Beschwerde beurteilt hatte und der Argumentation der Baufirma in weiten Teilen gefolgt war, nicht weiter darauf einzugehen.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, KA R.118-3 (Klage wegen Nachtruhestörung durch den Gemeinderat von Straubenzell) und B 001/6-1.1-18 (Transport eines Stücks Druckleitung für das Gübsenseestauwerk. Die Pläne und ein ursprüngliches Bauprogramm für eine zweite Druckleitung datieren von 1905; Bild: B. Gröbli, Bruggen, ca. 1905-1907)

Donnerstag, 19. Oktober 1916 – Mädchenfortbildungsunterricht darf nicht abends spät stattfinden

19. Okt. 1916.

An den Schulrat in Sevelen.

Tit.!

Nachdem die Töchter in Rans eine zustimmende Antwort erteilt haben, ist vom Schulrat beschlossen worden, in Rans eine Mädchenfortbildungsschule für Erwachsene einzurichten. Da die meisten Mädchen weit weg vom Schulhause wohnen, ist es schwierig, frühe Abendstunden für die Schule zu benützen. Die Mädchen glauben, erst abends halb acht Uhr erscheinen zu können.

Auf die Anfrage des Schulrates bedauern wir, die Antwort erteilen zu müssen, dass wir einen so späten Abend-Unterricht nicht genehmigen und nicht unterstützen könnten.

Wir hoffen doch, es werde auch in Rans möglich sein, Tagesstunden oder doch frühe Abendstunden für die Schule zu gewinnen, wie es auch andernorts möglich geworden ist.

Hochachtend,

Im Namen der Erziehungs-Kommission,

Der Präsident:

HScherrer [Unterschrift]

Der Sekretär:

D. Dütschler. [Unterschrift]

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, KA R.130 B 2 (Copie des lettres, Schreiben des Erziehungsrates, ablehnende Stellungnahme betreffend Einrichtung einer Mädchenfortbildungsschule in Bad Rans, Sevelen) und W 054/74.21 (Schulzimmer für privaten Töchterunterricht im gehobenen Bürgertum um 1900. Der Fortbildungsunterricht für die jungen Fabrikarbeiterinnen und Bauerntöchter von Sevelen konnte nicht in derart privilegierter Weise abgehalten werden.)

Mittwoch, 18. Oktober 1916 – Nochmals Mitgliederwerbung für die Gewerkschaften

Jakob Jäger wurde am 25.01.1874 in Stein am Rhein (SH) geboren. Er machte eine Lehre als Zimmermann und zog 1900 nach St.Gallen, wo er gewerkschaftlich aktiv wurde. Von 1903 bis 1910 war er Präsident des Zentralverbandes der Zimmerleute der Schweiz. Sein Nachlass kam als Teil des Unia-Gewerkschaftsarchivs ins Staatsarchiv St.Gallen.

Im folgenden Schreiben des Verbandes der Zimmerleute der Schweiz geht es erneut um die Mitgliederwerbung für die Gewerkschaften:

Basel, den 18. Okt. 1916.

An Genossen G. Lautenschlager, St.Gallen.

Werter Kamerad! Wir haben Deinen Bericht zur Kenntnis genommen und verdanken denselben aufs beste. Wenn auch kein Erfolg zu verzeichnen ist, so darfst Du Dir [sic] deswegen nicht von weiterer Arbeit abschrecken lassen. So schnell geht es heute nicht mit der Organisation. Es wird noch grosser Mühe bedürfen, den Sumpf trocken zu legen in dem unsere Berufskollegen herumstiefeln.

Bei meiner Anwesenheit in Rheineck wurde von den Mitgliedern beschlossen, an Deine Hilfe zu appellieren und Dich nächstenst [sic] zu einer Versammlung kommen zu lassen. Ich denke Du wirst bereits einen diesbezüglichen Auftrag von Rheineck empfangen haben, und wir ersuchen Dich dem Wunsche der Sektion zu entsprechen wenn irgend möglich. Auch hier ist ein weites Agitationsfeld und wenn wir die Leute nicht in ihren Hütten aufsuchen, so werden wir sie nicht bekommen.

Von den Adressen habe ich Kenntnis genommen und ich werde diese Kameraden noch in dieser Woche zu Eurer nächsten Versammlung einladen und sie [sic] die Zeitung nebst anderem Agitationsstoff senden. Es wäre gut, wenn Eure Agitationskommission sich auch hier sofort an die Arbeit an die Arbeit [sic] machen würde.

Wir müssen die Leute haben, sollen sich unsere Lohnverhältnisse nicht noch mehr verschlechtern und in der Hoffnung, dass Du recht bald über bessere Erfolge berichten kannst,

grüsst kameradschaftlich

W. Schrader.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, W 240/1.3-10 (Korrespondenz im Nachlass von Jakob Jäger (1874-1959)) und W 076/4.7 (1. Mai-Feier in Rheineck, 1919)

 

Montag, 16. Oktober 1916 – Wasserversorgung in Kirchberg

An das Departement des Innern des Kantons St.Gallen.

Hinsichtlich der beiliegenden Ausführungen des Dorfverwaltungsrates Kirchberg vom 28. September laufenden Jahres zu Art. 9 des Reglementes für die Wasserversorgung der dortigen Dorfkorporation erlaube ich mir hie[r]mit folgende Bemerkungen:

Es ist richtig, dass durch die im Jahre 1913 erfolgte Erstellung der Pumpwerkanlage im Gebiete des sogenannten „Alpbaches“ der früher nur höchst knapp hinreichen gewesene Quellwasserzufluss zu den Reservoirs der Trinkwasserversorgung und Hydrantenanlage von Kirchberg entsprechend ergänzt und vermehrt worden ist. Mit Zuhülfenahme dieser Pumpwerksanlage ist es möglich[,] die beiden Reservoirs auch bei lang anhaltender Trockenheit ununterbrochen in angefülltem Zustande erhalten zu können. Ueblicher Weise werden jedoch bei derartigen Anlagen aus Sparsamkeits-Rücksichten die Pumpwerke erst in Betrieb gesetzt[,] wenn der Quellwasserzufluss nicht mehr genügt, wobei die Erfahrung zugleich erzeigt, dass wegen mangelhafter Kontrolle der Wasserstände bei der Inbetriebsetzung der Pumpen die Reservoirs gewöhnlich bereits zum Teile entleert sind. Im gegebenen Falle ist zudem der Erguss der Quellen im Pumpwerksgebiete kein derart grosser, dass dadurch der Anschluss beliebig vieler Luxusanlagen und Wassermotoren anstandslos ermöglicht wird, indem die minimale Wasserlieferung der am Alpbache erworbenen Quellen auf nicht mehr als etwa 200 Minutenliter taxiert werden kann.

Auf Grund obiger Ausführungen bin ich, mit Bezug auf das Feuerlöschwesen und die Hydrantenanlage, nicht im Falle[,] meine am 16. August laufenden Jahres gegen den dermaligen Wortlaut von Art. 9 des genannten Reglementes ausgesprochene Bedenken fallen lassen zu können, sondern glaube an dem von mir gestellten Abänderungsvorschlage festhalten zu müssen. Dabei mag übrigens noch betont werden, dass mein Abänderungsantrag keineswegs einem Verbote gleichkömmt, sondern nur eine sachliche Kontrolle einzuführen beabsichtigt.

Hochachtungsvoll

Der Kantonsingenieur:

[Unterschrift]

Beilagen: Sämtliche Akten

Der im Brief erwähnte Artikel 9 war im ersten Schreiben des Kantonsingenieurs zu dieser Angelegenheit vom 16. August 1916 zitiert: „Luxusanlagen (vermutlich Wasserkünste, Springbrunnen und dergleichen) und Wassermotoren können vom Wasserbezug ausgeschlossen werden, sofern der Wasserstand dies notwendig erscheinen lässt“. Der Kantonsingenieur hatte – in Sorge um das Feuerlöschwesen – vorgeschlagen, dass solche Luxusanlagen grundsätzlich nur unter Vorbehalt der Bewilligung durch das kantonale Finanzdepartement gebaut werden dürften.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, KA R.62 B1 (Stellungnahme des Kantonsingenieurs) und W 238/08.11-20 (Auszug aus Ansichtskarte)

Donnerstag, 5. Oktober 1916 – Die Arbeiter gehen nicht zum Coiffeur, dieser macht Verluste und erhöht die Preise

Jakob Jäger wurde am 25.01.1874 in Stein am Rhein (SH) geboren. Er machte eine Lehre als Zimmermann und zog 1900 nach St.Gallen, wo er gewerkschaftlich aktiv wurde. Von 1903 bis 1910 war er Präsident des Zentralverbandes der Zimmerleute der Schweiz. Sein Nachlass kam als Teil des Unia-Gewerkschaftsarchivs ins Staatsarchiv St.Gallen.

Im folgenden Schreiben geht es um das Coiffeurgewerbe. In St.Gallen existierte in der Brühlgasse eine Coiffeur-Gewerkschaft, die von den Arbeitern frequentiert werden sollte. Da in Arbeiterhaushalten das Geld in Kriegszeiten knapp war und die Arbeiter teilweise wegen Dienstverpflichtungen abwesend waren, beklagten die Coiffeure eine Frequenzeinbusse:

St.Gallen, den 5.X.16

Werte Genossen!

Der Verwaltungsrat der Coiffeur-Gewerkschaft Brühlgasse 39 hat in seiner Sitzung vom 27.IX. beschlossen ab Montag, den 2. Oktober den Tarif II in Anwendung zu bringen. Maassgebend [sic] war in erster Linie die Steigerung der Materialpreise für den Service um 50 bis 100%. Zweitens muss in Folge der bestehenden Teuerung eine höhere Löhnung der Angestellten eintreten. Und drittens wird das Geschäft seitens der Genossen noch immer nicht in der Anzahl besucht, welche notwendig ist, damit das Unternehmen für die Dauer gehalten werden kann.

Seit der Zeit des Krieges arbeiten wir mit einer Unterbilanz. Diese muss unbedingt wieder gehoben werden, was nur geschehen kann durch zeitgemässe Regulierung der Bedienungspreise u. bessere Frequentierung durch unsere Genossen[.] Würden diese mehr vom Genossenschaftswesen durchdrungen sein, so hätten die Unterzeichneten nicht immer und immer wieder Veranlassung mit einem Appel [sic] für die Genossenschaften an die Genossen heranzutreten.

Wenn diese überhaupt eine Ahnung davon hätten, wie geringschätzig sie von den Coiffeur-Meistern, deren Geschäfte sie ihrem eigenen vorzuziehen belieben, taxiert werden, namentlich in Zeiten von Streiks etc und welch heftige Gegner die Coiffeurmeister der Arbeitergenossenschaft gegenüber sind[,] so sind wir der Ueberzeugung, dass die Genossen ihre Genossenschaft nicht so in Stücke [im Stiche] lassen würden.

Alles das in Erwägung gezogen wird Euch, Genossen, veranlassen, dem Preisaufschlag keine Schwierigkeiten in den Weg zu legen und Eure Genossenschaft nach wie vor fleissig in Anspruch zu nehmen.

Mit Genossengruss zeichnet

per [Stempel] Coiffeur-Genossenschaft St.Gallen

(sig) Emil Schweizer, Kassier (sig) Jakob Staudenmeier, Präsident

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, W 240/1.3-10 (Korrespondenz im Nachlass von Jakob Jäger (1874-1959))

Montag, 2. Oktober 1916 – Kantischüler dürfen im Winter später zur Schule

2. Oktober 16.

An Herrn Pfarrer E. Brunner u. Kons. in Niederuzwil.

Sehr geehrte Herren!

Mit Schreiben vom 14. Sept. l.J. richten Sie an die Oberbehörde eine Eingabe über den Schulanfang an der Kantonsschule St.Gallen im kommenden Winter.

Sie haben vernommen, dass an der gesamten Lehranstalt im nächsten Winter nicht wie sonst der Schulunterricht um 8 Uhr morgens, sondern schon um halb 8 Uhr beginnen soll. Gegen diese Neuerung möchten Sie im Interesse der Schüler, die vom Lande her täglich mit der Eisenbahn in die Stadt und wieder heimfahren entschiedene Stellung nehmen u. hoffen Sie dabei auf unsere Unterstützung.

Wir sind nun in der angenehmen Lage, Sie darüber beruhigen zu können. Die Änderung gegenüber früher wird nämlich nur darin bestehen, dass derjenige Unterricht, der bisher im Winter um 7 Uhr begonnen hat, kommenden Winter um halb 8 Uhr beginnt, also nur wenige Stunden und in wenigen Fächern; die Hauptzahl der Lehrstunden aber, die bisher um 8 Uhr begonnen haben, sollen erst um 8 Uhr 20 Min. anfangen. Als allfälliges Wartezimmer haben wir den grossen Raum der Stoa in der Kantonsschule schön einrichten lassen und soll deren Benützung gut geordnet werden.

Der Verfasser des Stundenplanes, Herr Prof. Dr. Wanner, wird sich alle erdenkliche Mühe geben, den Stundenplan mit Rücksicht auf die auswärts wohnenden Kantonsschüler in gedachter Weise durchwegs zu verbessern. Vereinzelte Ausnahmen werden nur dann stattfinden, wo keine auswärtigen Schüler betroffen werden oder wo alle Schüler, also auch auswärtige, in einer Klasse oder Klassen-Abteilung erklären, sie wollen lieber eine betreffende frühe Rand-Stunde Unterricht am Morgen als eine späte dieser Art am Abend.

Nach Ablauf der bevorstehenden Herbstferien werden die Schüler den Winterstundenplan erhalten, der ihnen wie auch den Eltern besser entsprechen dürfte als der Unterrichtsplan in den verflossenen Wintersemestern der letzten Schuljahre.

Hochachtend,

Im Namen der Studienkommission,

Der Präsident:

HScherrer [Unterschrift]

Der Sekretär:

D. Dütschler.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, KA R.130 B 2 (Schreiben des Erziehungsrates betreffend morgendlichem Schulstart an der Kantonsschule) und ZMA 18/01.04-06 (Bahnhofareal in St.Gallen, Blick auf den Gaiserbahnhof [heute Appenzeller Bahn], Bahnhof und Postgebäude; Ansichtskarte, Edition Photoglob, Zürich, q 31216)

Donnerstag, 28. September 1916 – Die Gewerkschaften auf Mitgliederwerbung

Jakob Jäger wurde am 25. Januar 1874 in Stein am Rhein (SH) geboren. Er machte eine Lehre als Zimmermann und zog 1900 nach St.Gallen, wo er gewerkschaftlich aktiv wurde. Von 1903 bis 1910 war er Präsident des Zentralverbandes der Zimmerleute der Schweiz. Sein Nachlass kam als Teil des Unia-Gewerkschaftsarchivs ins Staatsarchiv St.Gallen.

Im folgenden Schreiben geht es um die Mitgliederwerbung für die Gewerkschaften:

Zentralverband der Zimmerleute der Schweiz.

An die Sektionsvorstände!

Werte Kameraden! Wie s bisher fast in jeder Nummer unseres Berufsorgans betont und auch jedenfalls von den Delegierten der letzten Generalversammlung noch besser erläutert worden ist, müssen wir es als dringendste Pflicht betrachten, das Tätigkeitsfeld unseres Verbandes wieder zu erweitern und die Zahl der Mitglieder zu heben.

Unsere Lebenshaltung ist bereits soweit heruntergedrückt, dass eine weitere Verschlechterung nicht mehr erträglich ist. Würde eine solche eintreten, so kommen unsere Berufskollegen in die Gruppe jener Proleten, die den letzten Rest von Energie verloren haben und sich aus eigener Kraft nicht mehr auf ein höheres Kulturniveau schwingen können.

Das müssen wir um jeden Preis verhindern. Und wir können es verhindern, wenn wir ein reges Organisationsleben entfalten. Ueberall, wo nur die geringste Aussicht ist, eine Lohnerhöhung zu erhalten, sollten die Mitglieder aufgefordert werden, eine solche zu erlangen. Die Organisationsidee muss mehr in die praktische Tat umgesetzt werden. Das imponiert auch am ersten die unorganisierten Berufskollegen, die zu gewinnen wir keine Opfer und Mühe scheuen dürfen.

In der letzten Vorstandssitzung haben wir uns mit der Frage befasst, wie wir die Agitation beleben und die Sektionen am besten unterstützen können. Nach Erwägung aller Umstände haben wir gefunden, dass am ersten Erfolge zu erwarten sind, wenn wir die Agitation möglichst in der Stille, aber um so energischer betreiben. Wir denken uns die Sache so:

Die Sektionen sammeln in den nächsten Tagen die Adressen der unorganisierten Zimmerleute und schicken uns dann dieses Material zu. Dabei teilen sie uns mit, wann und wo die nächste Versammlung ist und unter welchen Bedingungen sie bereit sind, die in Frage kommenden unorganisierten Kameraden wieder aufzunehmen. Wir werden dann, gestützt auf diese Angaben, für jede Sektion ein besonderes Einladungsschreiben machen und dieses mit noch anderem Agitationsmaterial an die Unorganisierten senden.

Wo Aussicht vorhanden wäre, einige oder eine Anzahl der Unorganisierten in die Versammlung zu bringen, oder wo eventuell auch die Mitglieder einmal wieder Lust haben, ein Referat über unsere beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnisse anzuhören, sind wir gerne bereit, einen Referenten aus unserem Berufskreise für die geplante Versammlung zustellen [sic]. Wo dieses hingegen nicht gewünscht wird, sollte die Einladung doch stattfinden. Kommen einige der Eingeladenen, so wird es überall fähige Mitglieder geben, die den Leuten den Kopf waschen und ihnen die Notwendigkeit der Organisation erklären können. Im anderen Falle wird aber Arbeit und Porto auch nicht unnütz sein, da die Unorganisierten doch einmal wieder an ihre Pflichten gegenüber ihren Nebenarbeitern erinnert worden sind.

Wir sind bereits in dieser Weise vorgegangen und haben ganz erfreuliche Erfolge zu verzeichnen. Dabei ist natürlich nicht gesagt, dass die Sektionen nicht noch mehr leisten müssen. Die beste Agitation ist und bleibt die mündliche auf den Arbeitsplätzen und in der Wohnung. Die Hausagitation wird aber sicher bedeutend mehr Erfolg haben, wenn sie in dieser Weise vorbereitet worden ist. Auch die Hausagitatoren werden sich eher finden, wenn sie so quasi nur nachsehen müssen, wie unser Agitationsstoff aufgenommen worden ist.

Wir erwarten also, dass die Frage in der nächsten Versammlung ernstlich behandelt wird und in der Hoffnung, recht bald Aufträge und Material zu erhalten, zeichnet

mit kameradschaftlichem Gruss

Der Zentralvorstand.

Basel, den 28. Sept. 1916.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, W 240/1.3-10 (Korrespondenz im Nachlass von Jakob Jäger (1874-1959)) und A 151/4.3-34-07-42 (Bau der Thurbrücke zwischen Brandholz und Giselbach in der (heutigen) Gemeinde Ebnat-Kappel, 1913)

Dienstag, 26. September 1916 – Anpassung der Schiessanlagen wegen stärkerer Munition

Im September 1916 kontrollierte ein Mitarbeiter des Kantonsingenieurs im Bezirk Oberrheintal die Schiessanlagen Lienz, Marbach, Montlingen und Kriessern sowie im Bezirk Neutoggenburg die Anlage in Ulisbach (Gemeinde Wattwil). Später wurden auch noch die Schiessanlagen in anderen Bezirken begutachtet. Diese Kontrollen waren vermutlich wegen der Einführung des Karabiners als Einheitswaffe und der damit verbundenen neuen Munition nötig geworden.

St.Gallen, den 26. September 1916.

An das Polizei- und Militärdepartement des Kantons St.Gallen, St.Gallen

Schiessanlagen im Bezirk Oberrheintal; Anlage Kriessern, Gemeinde Oberriet.

Der Augenschein hat am 12. September 1916 stattgefunden. An demselben haben teilgenommen:

Gemeinderat Oberriet: Herren Gemeinderäte Benz und Loher.

Militärschützenverein Kriessern: Herren Hutter und Baumgartner.

Bezirksschiesskommission: Herren Roth und Graf.

Der Augenschein hat folgendes ergeben;

Die Schiessanlage ist Eigentum des Militärschützenvereins Kriessern. Ein Beitrag von Seiten der Gemeinde ist bisher nicht geleistet worden.

Der Schiesstand entbehrt der Absperrung für die Schützen; die Schiessübungen finden teils im, teils ausserhalb des Standes statt.

Der Scheibenstand (Feldscheibenstand) ist nicht zweckentsprechend angelegt; ein Zielwall fehlt. Die Scheiben werden einfach in dem ebenen Wiesboden aufgestellt.

Der Kugelfang fehlt, an dessen Stelle soll der Rheindamm, der schräg zur Schussrichtung verläuft, die betreffende Funktion übernehmen. Da die Distanz zwischen diesem Damm und dem Scheibenstand, namentlich auf dem rechten Flügel sehr gross ist, bezweifeln wir, dass er den ihm zugedachten Zweck erfüllen kann. Genaueren Aufschluss darüber könnte nur ein durchgehendes Längenprofil geben.

Die Zeigerdeckung ist in schlechtem Zustand und muss, an derselben Stelle verbleibend, umgebaut werden.

Die Geländesicherung kann erst gestützt auf die gewünschten Terrainaufnahmen geprüft werden.

Wir beantragen Ihnen: Es seien an die Benützung der Anlagen für die neue Munition folgende Bedingungen zu knüpfen:

1. Das Schützenhaus ist so umzubauen, dass die Schiessübungen in allen drei Stellungen im Stand abgehalten werden können. Die einzelnen Schiess[s]tände sind nach hinten abzuschliessen.

2. Die Zeigerdeckung ist mit Kopfschutz zu versehen und massiv zu erstellen.

3. Für die Beurteilung der Geländesicherung ist die Aufnahme eines Längenprofilplanes erforderlich. Mit der Erledigung dieser Frage hängt auch diejenige der Erstellung eines Kugelfanges direkt zusammen. Der Plan ist so rechtzeitig vorzulegen, dass der eventuell notwendig werdende Ausbau der Anlage mit besonderem Kugelfang und eventueller Blende vor Wiederaufnahme der Schiessübungen möglich ist. Bis dahin darf die Anlage für Uebungen mit der neuen Munition nicht benützt werden.

4. Für alle Um- und Neubauten sind einfache Planskizzen mit Massangaben zur Genehmigung zu vorzulegen.

5. Nach Fertigstellung aller Bauten ist eine Kollaudation [Bauabnahme] erforderlich.

Hochachtungsvoll

Der Adjunkt des Kantonsingenieurs:

Vogt Ing. [Unterschrift]

Beilagen: 2 Kopien zu Handen des Gemeinderates von Oberriet und der Bezirksschiess-kommission von Oberrheintal, 1 Bericht der Bezirksschiesskommission.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, KA R. 62 B1, 1916, S. 62 (Text) und W 238/02.12-80 (Bild)

Montag, 18. September 1916 – Keine Höchstpreise für Eierteigwaren

Der heutige Grossverteiler Migros wurde 1925 von Gottlieb Duttweiler gegründet (1888-1962). Der im Text verwendete Begriff „Migrosverkauf“ bedeutet den Verkauf von Waren in mittelgrossen Mengen, z.B. in Säcken oder Kisten. Der „Migros-Handel“ ist eine Zwischenstufe zwischen Gross- und Detailhandel.

Kreisschreiben des Volkswirtschaftsdepartements des Kts. St.Gallen an sämtliche Bezirksämter und Gemeinderäte derselben betreffend die Einhaltung der Höchstpreise.

Vom 18. September 1916.

Der Bundesrat setzte durch seinen Beschluss vom 8. August 1916 Höchstpreise fest für den Gros-, Migros- und Kleinverkauf von Getreide, Futterartikeln, Reis, Zucker und deren Mahl- und Umwandlungsprodukte (vergl. Amtsblatt vom 18. August 1916, II, Seite 200ff.) und verfügte gleichzeitig, die angesetzten Preise dürfen für Paketware nicht erhöht werden. Gestützt auf die motivierten Gesuche der interessierten Produzenten- und Händlervereinigungen, die auf Beibehaltung der Originalverpackungen für bestimmte Waren mit einem angemessenen Preiszuschlag drängten, wie auch mit Rücksicht auf das graphische Gewerbe, das durch die vollständige Ausmerzung der Paketware bei einigen Massenartikeln ebenfalls benachteiligt würde, hat nun das schweizerische Militärdepartement unterm 9. September 1916 verfügt, dass die Preise für Teigwaren und Haferflocken in bisheriger Spezialpackung freigegeben werden sollen, dass also die Höchstpreise hiefür nicht in Anwendung kommen, für so lange, als diese Waren offen in hinreichender Menge käuflich sind.

Indem wir Ihnen diese Verfügung zur Kenntnis bringen, müssen wir Sie zugleich einladen, wie über die Höchstpreise im allgemeinen, bei Teigwaren und Haferflocken über den Verkauf von Paketen und offener Ware im speziellen, eine wirksame, ununterbrochene Kontrolle durchzuführen, da nicht zugegeben werden kann, dass die Paketware die an Höchstpreise gebundene offene Ware verdrängt oder gar durch vorschriftswidrige Einführung neuer Packungen versucht wird, die Höchstpreise zu umgehen.

Alle Kleinverkaufsstellen, die Teigwaren (prima und supérieur) und Haferflocken in Paketen verkaufen, sind angehalten, dieselben Qualitäten der beiden Artikel auch offen zur Verfügung der Kundschaft zu halten. Dieser soll Gelegenheit geboten sein, jederzeit offene Teigwaren und Haferflocken zu den offiziellen Höchstpreisen kaufen zu können (für Eierteigwaren bestehen keine Höchstpreise weder für offene, noch für solche in Paketen).

Wer den bezüglichen Vorschriften zuwiderhandelt, ist dem Bezirksamt zuhanden der zuständigen Richter zu überweisen.

Schliesslich ersuchen wir Sie noch, uns zuhanden des schweizerischen Militärdepartements monatlich, und zwar je auf den 25. jeden Monats, einen Rapport über die Durchführung der Kont[r]olle aller Höchstpreise und über die gemachten Wahrnehmungen erstatten zu wollen.

S.Gallen, den 18. September 1916.

Für das Volkswirtschafts-Departement

des Kantons St.Gallen,

Der Regierungsrat:

Dr. G. Baumgartner.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, KA R.102-1a-4 (Kreisschreiben des Volkswirtschafts-departements des Kantons St.Gallen) und ZMH 64/275 (Quittierkarte von 1902)