Fastnacht

Donnerstag, 15. Februar 1917 – Fasnachtstreiben

Polizeiliche Bekanntmachung

betreffend die

Fastnacht-Anlässe 1917.

Gestützt auf den Regierungsratsbeschluss vom 30. Dezember 1916 wird bekanntgegeben:

  1. Oeffentliche Tanzanlässe sind nur Samstag, den 17., Sonntag, den 18. und Dienstag, den 20. Februar gestattet. An diesen Tagen darf bis morgens um 3 1/2 Uhr getanzt werden. Um 4 1/2 Uhr müssen alle Wirtschaftsräumlichkeiten von den Gästen geräumt sein.
  2. Für Theateraufführungen, musikalische Unterhaltungen und Vereinsanlässe mit Tanz in geschlossener Gesellschaft wird bis morgens 3 Uhr Freinachtbewilligung erteilt, mit der Weisung, das Tanzen bis 2 1/2 Uhr zu beendigen.
  3. Kleine Wirtschaften ohne Saal erhalten während der Fastnachtszeit Freinachtbewilligung bis morgens 2 Uhr für einen Anlass.
  4. Maskengehen und Maskeraden jeder Art (Maskenbälle, öffentliche und in geschlossener Gesellschaft), Fastnachtumzüge, Konfettiwerfen, Abbrennen von Feuerwerk auf öffentlichen Strassen und Plätzen, Bockabende, Kappenfeste und ähnliche Veranstaltungen sind verboten.

Das Herumgehen kostümierter Kinder ist Fastnachtsonntag und -dienstag zur Tageszeit gestattet.

Den Serviertöchtern ist das Tragen von Kostümtrachten in ihren Wirtschaftslokalen bewilligt.

Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften werden mit Polizeibusse von Fr. 5. bis auf Fr. 150.- bestraft.

St.Gallen, Bruggen, St.Fiden, den 14. Februar 1917.

Die städtische Polizeidirektion.

Das Polizeikommissariat Straubenzell.

Das Polizeikommissariat Tablat.

Nächster Beitrag: 17. Februar 1917 (erscheint am 17. Februar 2017)

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, P 909 (St.Galler Tagblatt, 15.02.1917, Abendblatt, Bekanntmachung und Anzeige Kinderfasnacht; Beitragsbild: 14.02.1917, Abendblatt)

Sonntag, 17. Dezember 1916 – Zweckmässige Ernährung in Kriegszeiten: langsam essen und gut kauen

Die Mitglieder der Gesundheitskommissionen des Rheintals trafen sich um halb vier Uhr nachmittags im Hirschen in Berneck. Die obige Ansichtskarte stammt aus dem Jahr 1917.

[…]

Vortrag von Dr. [Fritz] Custer, Rheineck,

Wie ernähren wir uns zweckmaessig.

Einleitend betont der Vortragende die Schwierigkeiten der zweckmaessigen Ernährung wie sie sich aus den heutigen durch die allgemeine Kriegslage ergebenden Verhältnissen ergeben. So notwendig die möglichst ausgiebige landwirtschaftliche Ausnutzung unseres der Bebauung zugänglichen Bodens sich notwendigerweise empfiehlt, so selbstverständlich ist das Postulat vorsichtigster Ausnutzung alles der Ernährung Dienenden. –

Zweckmässig sich ernähren heisst für Erwachsene[:] Behauptung des Körpergewichtes, für Kinder & Jugendliche Beförderung des Ansatzes.

Der Referent erlaeutert im Weitern[,] welche Stoffe in den Nahrungsmitteln hiezu herangezogen werden müssen & détailli[e]rt im Einzelnen die Rolle der Eiweiss[e], Kohlehydrate, Fette führenden Nahrungsmittel im Stoffverbrauch unseres Organismus.

Eingehend wird besprochen die Verteilung der notwendigen Ernährungssubstanzen der 3 Gruppen, dem Werte des Fleisches wird in eingehender Weise gerecht.

Besonders schwierig für unsern Haushalt ist zur Zeit der Bezug von Fett. Was das Fett uns für Vorteile & bei übermässigem Genuss für Nachteile liefert[,] wird erlaeutert & übergehend zu den Kohlehydrat[en] enthaltenden Nahrungsmitteln ihre ganz besondere Bedeutung im Haushalt des menschlichen Organismus hervorgehoben.

Dass wir unserm Organismus überdies die Zufuhr von Wasser & Nährsalzen schulden[,] wird betont.

Eisen[,] auch ein nötiger Einfuhrartikel[,] findet sich vornehmlich im Rindfleisch, den Eiern & speciell im Spinat. –

Den Ausnützungswert der einzelnen Speisen betreffend[,] wird auf langsames, gut kauendes Essen verwiesen. –

[Als] Ausschlaggebend im heutigen Ernährungsleben aber muss der Nährgeldwert unserer Lebensmittel bezeichnet werden. –

Nach dieser Richtung verdienen die Pflanzenkost gebenden Nahrungsmittel erste Erwähnung. Mais, Kartoffeln, Reis & Brot sind die Kost des Mittelmannes [Mittelstandes], von animalischen Nahrungsmitteln verdienen besondere Erwähnung Milch, Kaese, namentlich auch Magerkaese, Quark, Blockschokolade, soweit erhältlich Butter & die leider nur spärlich zur Verfügung stehenden andern Fettgemische pflanzlichen & tierischen Ursprungs. –

Dem möglichst zweckdienlichen Anbau von Bohnen, Erbsen, Kartoffeln, Getreide wird ausdrücklich das Wort gesprochen & ganz besonders der Anbau von Haber [Hafer] & Mais als altbewährten Volksnahrungsmitteln empfohlen. –

Wie sollen wir essen, in welchen Zeitabständen ist weiter zu berücksichtigen. Es empfiehlt sich möglichst genaues Einhalten bestimmter Essenszeiten, langsames Essen & gutes Kauen, eventueller Zahnersatz verdienen Erwähnung.

Zum Schluss seiner Ausführungen erlaeutert der Vortrragende zusammenfassend an Hand einer Tabelle die Zusammenstellung der einzelnen Nahrungsmittel mit Rücksicht auf Nährgehalt & Nährwert & betont auch die die Verdauung befördernde, Leben erhaltende Wirkung gewisser Gemüse, Kohlarten, Obst & dergleichen. –

[…]

(Die lange Zeit vertretene Meinung, Spinat sei sehr stark eisenhaltig, beruhte auf einem Berechnungsfehler.)

Am gleichen Tag traf sich auch der Vorstand des Kantonalturnverbands, diesmal im Restaurant zum „Grünen Baum“ in Rorschach. Er behandelte u.a. die Fortsetzung der Angelegenheit betreffend Bau einer Turnhalle in Flums (vgl. Protokollauszug vom 28. Oktober 1916):

[…]

II. Verkehr mit turnerischen Organen.

a) mit den Vereinen: Der in der Angelegenheit des Turnvereins Flums (Legat Spörry) um seine Meinung interpretierte [sic] Rechtsbeistand des Testators, Dr. Jakob-Basel, teilt mit Zuschrift vom 9. Dezember mit, dass er alles ihm zur Einsicht überwiesene Material seinem Schwager, Herrn Dr. Helbling in St.Gallen überwiesen habe.

[…]

IX. Weiterer Verkehr mit Behörden, Volk und Presse.

Neuerdings stellt, Stadler-Wil als Vormund des Kindes „Kreuzer-Bütschwil“ ein Gesuch um Aushingabe [sic] des Sparkassabuches für einen nicht gerade auf ordentlichen Wegen wandelnden Sohnes Kreuzer, zwecks Versorgung in der Anstalt Thurhof. Auf Vorschlag des Vorsitzenden beschliesst der Vorstand Zustimmung zu dem Gesuch.

[…]

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, A 386/3 (Bezirksphysikat Rheintal, Auszug aus dem Protokoll der Konferenz der Gesundheitskommissionen) und Wy 090 (Protokoll Kantonalturnverband) und W 238/03.02-25 (Postkarte von Rheineck)

Knaben im Tannenwald

Ostermontag, 24. April 1916 – Eiersuchen im Tannenwald

Ostermentig im Tannewald.

E st.gallertütsches Gschichtli.

Es ist en prächtige Ostermentig gsi, en sonnige, warme Früheligstag, wie ma ‘ne sich nöd schöner wünsche chönnt. So klar und blau hät de Himmel uf d’Erde abeglueget und die goldige Strahle vo der Ostersonne hand Berg und Tal festlech belüchtet. Wer hett’ do möge i dr Stobe bliba? Nei, Gross und Chli send scharewis uszuoge, om sich z’freue dosse i der schöne, grüene Natur, die noch ‘m lange Wenterschlof wieder zo neuem Lebe erwachet isch. Onder dene viele Spaziergänger, die strossuf wandered, der Höchi zue, ischt au d’Tante Lina g’si mit dem Maxli a der Hand; de hät gstrahlet vor Vergnüege, wil d’Tante grad vorig zo em gseit hät: „Mer gond jetz mitenand i de säb gross Wald, dört will i der denn a paar Ostereier vrstecke [sic], die tarscht du sueche.” Da isch natürlich a herrliche Usicht gsi för das Börschtli und er isch drom so wacker davo gmarschiert, om doch recht bald zo dem erwartete Glöck z’cho.

Witer obe am Weg stond zwor die Beide a Wili still, als wörid sie öppert erwarte; und richtig – a Hustör got uf und zwei muntri Buebe springid döther; henedri chont a jungi Frau, d’Muettr vo dene Beide, uf d’Tante Lina zue und begrüesst sie freudig, denn das ischt ehrni gueti Fröndin gsi. „Lueg Max,” seit d’Tante, „de do heist Hans und de säb Heinrich; das send zwei netti Kamerade för di; aber gelt, die send halt grösser als du und gond scho i die recht Schuel.” Das hät üserm Büebli mordsmässig imponiert; mit grossen Auge stunet er die Schuelerbuebe a; die aber nemid ‘n uf jeder Site bi der Hand und send gär so frei und fröndlech mit ehm, dass er bald i ehrner Mitti loschtig davogompet und sini Tante im Stich lot. Dere fehlts aber au nöd a Onderhaltig.

So sind Gross und Chli fröhlech witerzoge. I gueter Gsellschaft chonnt ma gli wit; bereits send die Lütli am Ziel vo de hütige Reis und üseri Buebe begrüessid mit Jubel de Tannewald, wo jetzt de Hauptspass, ‘s Eiersueche, sött agoh. Aber halt! D’Ostereier send vorläufig no wohl versorget i Tantes grosser Täsche; drom wörd der Juged befole: „Stillg’stande! Und kan tarf sich vom Fleck rüehre, bis ma Eu rüeft.”

Druf send die beide Fraue no tüfer in Wald ine und hand ifrig gsuecht, wo’s irged a versteckts Plätzli gha hät im Gstrüpp oder e Vertüfig am Bode zwöschet de Bommworzle. Do isch schnell e Osterei inegleit worde, denn no a Blättli oder Zwigli drof, dass die schöne, bunte Farbe nöd scho vo witem ‘s Versteck verrothid. Denn d’Buebe muend scho e chli lang zsueche ha. ‘m Jüngste muess ma d’Sach frili scho liechter irichte. Onder de säbe grosse Tanne hät d’Tante Lina e Plätzli entdeckt, wo de Bode a bitzli usghöhlt isch und i die Tole baut sie e Neschtli us Tannezwigli, fuetterets mit Moos us und leit blaui, roti ond gäli Eier dri; i d’Mitti aber hät sie a zierlechs Osterhäsli gschtellt; das gsieht so allerliebtscht us, das sie si selber dröber freut.

Jetz rüeft’s lut dor de schtill Wald: „Choo!” Und das Buebevolch störzt döther wie de Blitz; bald verrot’t ‘n Freudeschrei vom Maxli, dass ‘r ‘s Neschtli gfonde hei; ganz entzückt chnület er davor; am beste gfallt ‘m ‘s Osterhäsli; er muess ‘s i d’Hand neh und gnauer bitrachte; Vor luter Liebi hät er’s verschtohle a betzeli abgschlecket, wil ‘s o gär so appetitlich schmeckt. Die andere Buebe rennid he und her mit rote Backe, springi om all Bömm omma, luegid ‘s eintmol uf de Bode, ‘s andermol ufwärts i ‘d Höchi, fendid aber nünt. D’ Tante muess jedesmol verschtole lache, wenn sie so nöch am richtige Oertli vorbi schüssid. „Warm![“] rüeft sie; und wenn d’Buebe wieder witer davo wegglaufe send, rüeft sie „kalt!” De Heiri meint: „Aber Tante Lina, du häsch es richtig agschtellt mit ‘m Verstecke; helf mer doch au a chli sueche!” Die aber sait ganz rüebig: „Suech no witer; wer suecht, der fendet.”

Neun Enkelkinder Wenner an Ostern 1912Nicht nur im Tannenwald, sondern auch in gutbürgerlichen Gärten suchten Kinder Ostereier, so wie hier die Enkelkinder von Julius und Julie Wenner-Mauke an Ostern 1912

Endlech rüeft de Aeltist: „Ha! Juhu! i han aas!” Und de Hans dröber abe: „I au!” Noch eme Wili chont de Heinrich ganz stolz und zeigt i sim Chäppli vier wundrschöni Eier, währed sin Brüeder no ifrig am Sueche isch; drei hät er efange vrwötscht; aber wo ischt denn s’viert? D’Muetter und d’Tante muend jetz helfe sueche; die werdid scho no wösse, so ‘s verborge isch. So macht sich den alles uf d’Suechi. Aber ach, das Ei ischt und blibt verschwunde. D’Muetter tröschtet ‘n, das sei noch lang ka Uglöck; sie well den scho daför sorge, dass de Hans nöd zchorz chäm.

Vo dem lange Ommestoffle im Wald send alli die Lütli doch e chli müed worde, au im Buuch hät ‘s agfange chnorre; denn d’Vesperzit ischt bereits do gsi. Ganz i der Nächi ischt e Bänkli för üseri Gsellschaft, ma muess zwor eng zsemmerocke, damet alli Platz hand. Jedes nehnt eins vo sine Eier und tötschlet mit sim Nochber loschtig drof los. Was isch das för e Freud, wenn ma cha ‘m andere Ei Spitz oder Gupf ischlage, bis alles kaput ischt und das appetitlech wiss Ei us dr Schale usegügslet.

Die fröndlech Tante Lina nemmt ehrni Täsche wieder zor Hand und zücht e paar prächtige Ostermorre [speziell zu Ostern hergestelltes Hefeteiggebäck, auch Ostermurre] före ond verteilt’s. O! wie schmeckt das Obedbrot so herrlech im grü[e]ne Wald! Wie jetz alli gnueg gesse hand, sait an vo de Buebe: „So, jetz tuent mer üs verstecke, und d’Muetter und d’Tante muend üs cho go sueche.” Im Hui send die Buebe uf und davo gsi; aber wie sie si au zsemme duckid, amene so a chline Plätzli chönid sie unmöglech verschlüfe, wie en Ei; drom chommid sie alli wieder glöcklech zom Vorschi und kan got im Wald vrlore. Nochher word Fangis gmacht; s’Vergnüege von dene Lütli stigt alliwil höcher, währeddem d’Sonne scho am Abegoh ischt und die letschte Strahle de Wald vergoldid. „s’isch Zit zom Hamgoh,” seit d’Muetter, „dass mer vor’m Dunkelwerde i d’Stadt chömid.”

So nehmid denn alli Abschid vom Wald; üsern Hans lueged no amal wehmütig zrock; wie reut eh[n] doch das Eili, wo dihene blibt im sichere Versteck. Bald send die Buebe om de Strosserank verschwunda, doch ehre fröhlechs Lache hört ma no vo Witem. Ueseri zwei Fröndinne wanderid Arm i Arm gmüetlech vorwärts; sie freuid sich öber dä glunge Nomittag und Eini seit zor Andere: „Das chönnt ma wieder so mache, wie herrlech wär’s im Sommer en ganze Tag zuezbringe im chüele, schattige Tannewald.” Denn chömid sie uf ehrni Jugedzit zrede, die sie mitenand verlebt hand i der schöne, alt-ehrwürdige Stadt Basel, und manchi fröhlechi Erinnerig wörd wieder wach. Aber halt, was ist das? A jämmerlichs Gschrei! Sie luegid erschrocke enander a, was häts geeh? D’Muetter denkt im Schtille: Jetzt isch gwöss an vo mine Buebe öber de Hag g’chletteret und hät d’Sonntigshose verschrenzt, der Tante Lina aber isch es himmelangst gsi wegem Maxli, der vielicht bös gfalle sei und e Büla übercho hei.

Wie jetz die Beide nöcher chomid, seched sie, dass es nöd so gföhrlech isch. Heil und unversehrt isch das Buebetrüppli uf de Stross gstande; doch de Hans hät erbärmli gschluchzet, währed sini Hand krampfhaft ‘s Osterei ghebet hät. „Was blägescht den au e so?” hät d’Tante gfrogt und mit brieggeliger Schtimm verzellt er si Ugfell: „Denk no – i han – vorig in Sack glanget – und do – isch gad no – das einzig Ei drenn gsi – ‘s ander isch mer gwöss usetrolet, wo mer so starch de Berg abgehaglet send.” „Aber nei, Hans, du bist jo hüt ‘s reinst Pechvögeli; erst fendst vo vier Eier numme drei, ‘n derno verlierscht no ains drvo, du bischt mer en haitre Borscht.” De Hansli hät no a paar Träne abegschlockt, denn zücht e Lächle öber si verbriegget Gsicht und uf eimol rüeft er triumphierend: „Jetz weiss i was! I will das Ei grad au no ufässe, den chann i’s nümme meh verlüre.” Und’s hät ehm guet gschmeckt, den isch übers Börtschtli seelevergnüegt hamtrottet; zwor mit leerem Säckli und leere Händ, aber voll Freud öber dä herrlech Ostermentig.

Wie Vieli gohts im Lebe ganz ähnlech wie dem Hans; sie send uszoge, om ehre Glöck z’sueche, hand aber nöd alles gfonde, was sie ghofft und erwartet hand; nöd selte chömmid denn no allerlei Missgschick dezue, so das ma zum Teil wieder verlürt, was ma gwonne hät. Das tuet wohl recht weh. Aber söll ma drom verbitteret werde und, mit Gott ond alle Mensche verzörnt, sini Weg goh und die benide, wo ‘s witer brocht hand? Ach nei; uf die Art macht ma si’s Lebe gad no schwerer; wend mer nöd lieber dankbar gnüsse, was üs Guets no blebe ischt? Mer dörfid dem himmlische Vater getrost vertraue, dass er üs zor rechte Stond alliwil wieder schenke cha, was üs nötig ischt au i der böse, schwere Zit, die jetz öber so Vieli chonnt. Wenn ma glernt hät mit Wenigem sich begnüege und si zfreue öber a jede sonnige Tag, der üs gschenkt isch, denn darf ma au erfahre, dass’s Lebe no viel Guets för üs i Bereitschaft hät; au wenn ma a irdischem Hab und Gut nöd schwer zträge hät.

Alli die aber, dene s’Glöck vomene selber in Schoss gfalle ischt, so dass sie mit Richtümere schwer belade dor’s Lebe gönd, die hand jetz e ganz bsonders gueti Glegeheit, en Teil vo ehrner Last loszwerde. Wie riesegross sind überall Not und Elend! Wie Vieli züchid mit leerem Sack und leere Hände ehren Weg, wil de Verdienst ehne manglet und sie muend voll Angst und Sorge der Zuekunft entgegegoh. Isch es nöd schö, wenn me do eim a chli onder d’Arme grifa, dem Andere verschtohligs öppis i d’Hand drocke cha, dass er wieder getroster sin Weg wanderet? So im Schtille manchem wohltue, macht nöd no Geldtäsche a chli minder schwer; nei, es macht au’s Herz froh und liecht und bringt för d’Zuekunft meh Gwönnst und Sege als die küenste Spekulatione; es heisst nöd vergäbis: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.”

L.M.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, P 945, St.Galler Blätter für Unterhaltung und Belehrung aus Kunst, Wissenschaft und Leben (Text), W 238/07.01-20 (Beitragsbild) und W 054/82.30 (Bild: Enkelkinder Wenner)