Degersheim um 1911

Freitag, 27. September 1918 – Doppelter Gebrauch von Elektri-zität: Bügeleisen als Kochplatte?

An diesem Tag reichte Hans Früh aus Degersheim beim Schweizerischen Amt für Geistiges Eigentum ein Hauptpatent für einen Ständer für elektrisch geheizte Bügeleisen ein:

Gegenstand vorliegender Erfindung bildet ein Ständer für elektrisch geheizte Bügeleisen, welcher gestattet, die Wärme des geheizten Bügeleisens während dessen Nichtgebrauch nutzbringend zu verwerten. […] Der gezeichnete Ständer besteht aus dem Unterteil a und dem Oberteil d. Der Unterteil a, welcher aus Metall oder anderem feuerfestem Material hergestellt ist, dient zur Aufnahme des elektrisch geheizten Bügeleisens, und zwar so, dass die Bodenfläche des Bügeleisens gegen oben gerichtet ist, während die Handgriffseite nach unten gekehrt ist. Zu diesem Zwecke sind die beiden Seitenwände des Unterteils etwas unterhalb des obern [sic] Randes auf der Innenseite je mit einer nach innen gerichteten Tragrippe versehen, auf welche die Bügeleisenplatte d aufgeschoben werden kann. Etwas unterhalb der Höhenmitte des Unterteils a ist dieser durch einen Boden f abgeschlossen, so dass eine nach unten geschlossene Kammer b gebildet ist, welche die vom von den Rippen e getragenen, geheizten Bügeleisen abgegebene Wärme nicht nach unten strahlen lässt. Über den Tragrippen e, im Abstande, der der Bügeleisenstärke entspricht, befinden sich Tragrippen g, welche den als Wassergefäss ausgebildeten Ständeroberteil d tragen, der während der Benutzung des Bügeleisens mit Wasser gefüllt sein kann. Sobald das in den Ständer eingesetzte Bügeleisen durch den elektrischen Strom geheizt wird, wird die erzeugte Wärme den Boden des Wassergefässes bestreichen und den Gefässinhalt erhitzen. Auf diese Weise kann bei der Heizung des Bügeleisens die Wärme nicht nur zum Plätten, sondern zwischen dem Plätten oder auch sonst zur Erwärmung von Wasser oder andern Flüssigkeiten verwendet werden.

Patent Buegeleisen

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, ZW 2 E/24d-080951 (Patentschrift) und W 238/09.05-21 (Beitragsbild, Ansichtskarte aus dem Verlag H. Biel, ca. 1911)

 

Kubelwerke

Mittwoch, 8. August 1917: Diskussion über die Vergabe öffentlicher Aufträge

Beitragsbild: Zentrale der St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke Kubel mit Sitterviadukt der Bodensee-Toggenburg-Bahn (heute: Südostbahn), um 1910

Der Regierungsratsbeschluss Nr. 2023 aus dem Jahr 1917 befasste sich mit dem öffentlichen Vergabewesen:

Das Baudepartement macht darauf aufmerksam, dass nach einer Verfügung des Stadtrates St.Gallen wegen Kohlenmangels demnächst sämtliche Gastlampen da, wo elektrische Beleuchtung zur Verfügung steht, plombiert und ausser Betrieb gesetzt werden. Auch bestehe Gefahr, dass für nächsten Winter die Gasbeleuchtung allgemein derart eingeschränkt werde, dass die Einhaltung der ordnungsgemässen Bureauzeit nicht mehr möglich sei. Es empfehle sich daher, sowohl diejenigen Räume im Regierungsgebäude, die noch nicht elektricsh installiert sind, wie den Brühlgarten und eventuell die notwendigen Räume der Kantonsschule für die elektrische Beleuchtung einzurichten. Für das Regierungsgebäude werden sich die Kosten nach einem früheren Voranschlag auf Fr. 11,000.- stellen. Für den Brühlgarten und die Kantonsschule liegen noch keine Voranschläge vor.

Im Falle der Ausführung dieser Arbeiten müsse auch darüber entschieden werden, ob sie auf Grund der Submissionsverordnung der öffentlichen Konkurrenz zu unterstellen seien, oder gemäss Regierungsratsbeschluss vom 23. Januar 1917 (No 190) durch die St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke ausgeführt werden sollen. Gegen den letzteren Entscheid habe der Gewerbeverband der Stadt St.Gallen und Umgebung bekanntlich remonstriert unter Berufung auf ein von ihm eingeholtes Rechtsgutachten von Professor Blumenstein in Bern. Dieses Rechtsgutachten stelle sich auf den Standpunkt, die Verordnung über die Vergebung von Bauarbeiten durch den Staat schliesse eine freihändige Vergebung von Arbeiten, bei denen die in der Submissionsverordnung ausdrücklich vorgemerkten Umstände nicht zutreffen, aus. Für den Regierungsrat sei die Submissionsverordnung rechtsverbindlich, und es sei derselbe für so lange an diese Verordnung gebunden, als nicht eine Aufhebung derselben in Form der Verordnung erfolgte und publiziert wurde (vergleiche Fleiner a.a.O. S. 73). Auch von staatlichen Regiearbeiten könne bei einer Übertragung von Installationsarbeiten an die St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke nicht gesprochen werden, da diese nicht vom Staate selbst[,] sondern von einer Aktiengesellschaft betrieben werden.

Der Regierungsrat zieht hierauf in Erwägung:

1. Wie im Entscheid vom 23. Januar 1917 (No 190) ausgeführt wurde, kann der Regierungsrat nicht zugeben, dass die St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke kein staatliches Unternehmen seien. In demselben sind nur staatliche Mittel investiert, und der gesamte Reingewinn fliesst nur dem Staate zu. Sofern das materielle Recht in Betracht kommt, muss er sich daher die Kompetenz vorbehalten, die Kraftwerke den übrigen Staatsbetrieben gleich zu stellen. Bei Schaffung der Submissionsverordnung hat der Regierungsrat die Überweisung von staatlichen Arbeiten an Staatsbetriebe als Regiearbeiten,die laut Art. 1, Absatz 1, der Submissionsverordnung ausdrücklich gestattet sind, aufgefasst. Dies trifft nach dem vorher Gesagten auch für Arbeiten zu, die den Kraftwerken übergeben werden. Wenn der Rechtsgutachter des Gewerbeverbandes zu einem gegenteiligen Schluss gekommen ist, so ist das für den Regierungsrat irrelevant. Dieser ist in der vorliegenden Sache kompetent, eine authentische Interpretation zu erlassen.

2. Das schliesst nun aber selbstverständlich nicht aus, von Fall zu Fall zu erwägen, ob elektrische Installation trotz der Möglichkeit, sie auf dem Wege des Regiebetriebes auszuführen, dem öffentlichen Wettbewerb zu unterstellen sei. Im vorliegenden Falle erscheint wegen der Dringlichkeit der Arbeit und der Schwierigkeit der Materialbeschaffung eine Arbeitsteilung als wünschenswert. Der gleiche Grund schliesst jedoch wieder die Veranstaltung eines allgemeinen Wettbewerbes aus.

In Würdigung dieser Umstände wird vom Regierungsrat beschlossen:

1. Das Baudepartement sei beauftragt, die im Regierungsgebäude, im Brühlgarten und in der Kantonsschule notwendigen elektrischen Installationen beförderlichst ausführen zu lassen, und es sei ihm hiefür der nötige Kredit erteilt.

2. Die Arbeiten im Regierungsgebäude seien den St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerken zu übertragen, währenddem die Installationen in der Kantonsschule und im Brühlgarten auf dem Wege der engeren Konkurrenz an qualifizierte Privatfirmen vergeben werden können.

Protokollauszug an das Baudepartement zum Vollzug.

Protokollauszug an das Finanzdepartement.

Protokollauszug an die Staatskassaverwaltung.

Turbinensaal der Zentrale Kubel

Einblick in den Turbinensaal der St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke im Kubel, ca. 1903. Im Hintergrund sieht man eine 1000 PS-Turbine. Ab 1907 betrieb das Unternehmen eine Dampfturbine mit einer Leistung von 3000 PS. Die kleinere Anlage wurde 1925, die grössere im Jahr 1931 ausser Betrieb genommen. Als Ersatz wurde 1933 auf eine 22’200 PS-Dieselanlage mit eigener Halle umgestellt. Der Treibstoff für diese grosse Anlage wurde jeweils per Bahn geliefert und über eine lange Schlauchanlage von der Sitterbrücke (s. Beitragsbild) ins Werk hinunter gepumpt.

Nächster Beitrag: 11. August 1917 (erscheint am 11. August 2017)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, ARR B 2 (RRB 1917/2023, Text) sowie B 001/6-1.1-05 und B 001/6-1.1-16 (Bilder aus dem Archiv der SAK)

Montag, 7. August 1916 – Auch in der Sennhütte will man Elektrizität

Wasserrechtskonzession.

1674) Die Sennhüttengesellschaft Schönenberg, Gemeinde Wattwil, hat ein Konzessionsgesuch eingereicht zur Ausnützung des sogenannten „Gugenbaches“ daselbst behufs Gewinnung elektrischer Energie.

Das Gesuch, nebst Baubeschrieb und Plänen, liegt gemäss Art. 2 lit. B des Gesetzes über Benützung von Gewässern vom 1. Januar 1894 auf der Gemeinderatskanzlei von Wattwil während 30 Tagen, d.h. bis zum 10. September 1916, zu jedermanns Einsicht auf.

Allfällige Einsprachen gegen die Erteilung der Konzession sind innert der genannten Frist daselbst einzureichen.

St.Gallen, den 7. August 1916.

Für das Justizdepartement,

Der Regierungsrat:

Schubiger.

Der katholisch-konservative Anwalt Johann Schubiger-Sonderegger (1848-1920) leitete von 1891-1894 das damals neu geschaffene Volkswirtschaftsdepartement, danach bis 1920 das Justizdepartement des Kantons St.Gallen. 1890 wurde er auch in den Nationalrat gewählt. Auf Bundesebene setzte er sich massgebend für den Bau der Rickenbahn (samt Basistunnel) ein.

Sennen

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, ZA 001 (Publikation einer Wasserrechtskonzession im Amtsblatt für den Kanton St.Gallen, 91. Jg., Bd. II, Nr. 6, 11.8.1916, S. 169)sowie W 238/07.00-13 (Sennenball im Toggenburg, Ansichtskarte von 1915, Verlag: Th. Zingg, Baden) und W 238/07.00-12 (Toggenburger Sennen, Ansichtskarte von 1915; Hersteller unbekannt)

Donnerstag, 29. Juni 1916 – Der Krieg bereitet auch den Elektrizitätswerken Sorgen

Auszug aus dem 2. Quartalsbericht (März bis Mai 1916) des Direktors der St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke SAK zuhanden des Verwaltungsrates:

Kommentar

zu Seite 1 des II. Quartalrapportes (pro März-Mai 1916)

Die Stromkonsumabnahme von 13,1% gegenüber dem I. Quartal ist eine anormal grosse (als normal darf die letztjährige Differenz von rund 5% bezeichnet werden); sie erklärt sich in der Hauptsache aus der ausserordentlich ungleichmässigen, stossweisen Produktionstätigkeit unserer Industrie, bedingt durch die wiederholten Hemmungen in der Rohmaterialzufuhr. So hatten wir im I. Quartal, d.h. zu Beginn des Winters, eine momentane ausserordentliche Steigerung gewisser industrieller Produktionen zu verzeichnen und in Verbindung damit ein rapides Anwachsen des Kraftbedarfes. Schon seit Februar aber und bis zum Monat Mai hat diese Hausse sich allmählich wiederum in eine Depression umgewandelt, und dementsprechend sind auch unsere Stromabsatzziffern ständig gesunken.

Es handelt sich demnach bei dem prozentualen Missverhältnis zwischen den Konsumziffern des ersten und zweiten Quartals um die Einwirkung von Faktoren, die in den anormalen wirtschaftlichen Zuständen begründet, somit durchaus vorübergehender Natur sind und keinerlei Schlüsse auf den weitern Verlauf unserer Stromabsatzkurve zulassen. Im allgemeinen kann ja, ungeachtet der durch den Handelskrieg verursachten Schwankungen, ein stetig steigender Stromabsatz konstatiert werden; so haben wir im Berichtsquartal immerhin noch eine Mehrabgabe von ca. 755000 kWh gegenüber dem gleichen Quartal des Vorjahres zu verzeichnen.

[…]

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, B 001/2-2.6-2 (Protokoll) und B 001/6-1.1-53.01 (Dampfturbine im Elektrizitätswerk Kubel mit einer Leistung von 3000 PS, in Betrieb von 1907 bis 1931)