Heuen in Pfäfers, zwischen 1901 und 1919

Samstag, 1. September 1917 – Landleben

Tagebucheintrag von Architekt Johann Baptist Thürlemann (1852-1939), Oberbüren:

Samstag, den 1. September 1917

meist heller & sonniger Tag. – Morgen angenehm kühl, etwas wolkig, doch ziemlich schön. Tagsüber vorherrschend Ostwind; gegen Abend Westwind. Himmel stets mit leichtem, wechselndem Gewölke besetzt. Nachmittag warm; es wurde geemdet; abend wolkig, Nacht ebenso; zeitweilig mondhell (Vollmond). Gegen Morgen trübe & bedeckt.

Morgens 6 h stand ich auf & trank den Kaffee. –

Von 7 bis gegen ¾ 8 h wohnte ich der Dreifaltigkeitsmesse bei. Hernach Grabbesuch.

Vormittags nahm ich die üblichen Samstagsarbeiten vor.

Nachmittags bereinigte ich mein Tagebuch & beschrieb hernach die Rückseite einer Photographie unseres sel. Grossvaters mit den Personalien desselben, in lateinischer Druckschrift.

Abends von 6 ¼ h bis gegen ½ 9 Uhr machte ich einen Spaziergang über das «Bild«, zum «Reckholder[«], zur Thur & deren Ufer entlang abwärts. Hernach quer über die Thurau zum «Burg«, Rütti, Buchen, Obergstalden & durch den Wald & die Wiesen nach Hause zurück. –

Hier durchgieng [sic] ich kurz die Zeitungen, nahm noch eine kleine Kollation & begab mich um ¾ 10 Uhr zu Bette. –

Mein Bruder Carl führte heute noch ein Fuder Emd vom «Unterziel» heim.

Nächster Beitrag: 3. September 1917 (erscheint am 3. September 2017)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 035b (Familie Thürlemann zum Hirschen, Tagebücher von Architekt Johann Baptist Thürlemann, 1852-1939, Text) und ZOF 002/01.56 (Bildarchiv Psychiatrische Klinik Pfäfers, Fotograf unbekannt, zwischen 1901 und 1919, Beitragsbild)

Lumiere Glasplatten

Freitag, 31. August 1917 – Architekt Thürlemann entwickelt Fotos

Tagebucheintrag von Architekt Johann Baptist Thürlemann (1852-1939), Oberbüren:

Freitag den 31. August 1917

trüber, bedeckter & kühler Herbstmorgen. Zeitweilig Regen. – Tagsüber meist wolkig & windig. Frischer Westwind. Hie & da ein Sonnenblick. Nachmittag meist düster & zuweilen etwas regnerisch. Sehr kühl. Abend eine Zeit lang sonnig; hernach stark bewölkt & dunkel. Nacht theils mondhell, theils bewölkt und regnerisch.

Vormittags bereinigte ich mein Tagebuch & besorgte Büreauarbeiten. Von 1 bis 4 Uhr nachmittags war ich mit Tonen & Fixieren der 6, gestern hergestellten Photographien beschäftigt. (1- ¾ 3h Tonen & Fixieren, ¾ 3 h bis 4 ¼ Uhr Wässern der Copien am Küchenbrunnen. – Die 4 Bilder 13 x 18 waren sehr befriedigend.

Abends stellte ich frischen Kleister her & zog die obigen 4 Bilder auf Carton auf.

Von 7 bis ½ 8 h abends besuchte mich mein Bruder Ludwig, wobei ich ihm ein Exemplar von obigen Bildern zum Geschenke machte. Er hatte grosse Freude daran & war voll Lobes über die gelungene vergrösserte Copie von Grossvaters Bildnis. –

Später las ich die Zeitungen und begab mich um ¾ 10 Uhr zur Ruhe.

Thürlemann verwendete Glasplatten der Firma A. Lumière & Ses Fils, Paris in drei Negativgrössen. In seinem Nachlass findet sich auch die im Beitragsbild zu sehende, nicht angebrochene Schachtel unbelichteter Negativplatten – sie sind über 100 Jahre alt. Die belichteten Negative bewahrte er in diesen Originalschachteln auf und schrieb auf die Deckel in seiner kleinen Schrift Sujets und Aufnahmedatum auf.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 035b (Familie Thürlemann zum Hirschen, Tagebücher von Architekt Johann Baptist Thürlemann, 1852-1939 und Negativschachtel)

Donnerstag, 30. August 1917 – Caroline streitet

Tagebucheintrag von Architekt Johann Baptist Thürlemann (1852-1939), Oberbüren:

Donnerstag den 30. August 1917 –

trüber, kühler & regnerischer Morgen. – Herbstlich kühl. – Frischer Westwind. Bis Mitte Vormittag regnerisch, hernach allmälig aufheiternd; zuweilen ein Sonnenblick. Tagsüber meist wolkig & windig; doch im Ganzen hell & sonnig; Abend düster & bewölkt. Nacht vorherrschend mondhell. Gegen Morgen bedeckt & kalt.

Vormittags bereinigte ich mein Tagebuch & besorgte verschiedene Arbeiten.

Von ½ 9 h bis 9 h hatten Caroline, meine Haushälterin, und Wittwe [sic] Josepha ScheiwillerDudli (in der obern Wohnung) einen äusserst heftigen & widerlichen Streit wegen des Putzens im Hause, wobei es von [sic] gegenseitigen Beschuldigungen und Injurien hagelte. Mir war der Auftritt – an dem ich mich nicht betheiligte – äusserst unangenehm & peinlich. – Caroline war nachher sehr aufgeregt & zornig.

Auf Mittag hatten wir Ludwig zum Essen eingeladen, wozu Caroline vormittags die nöthigen [sic] Vorbereitungen traf. –

Von ½ 12 Uhr bis gegen ½ 2 h nachmittags war mein Bruder Ludwig bei uns.

Das Mittagessen bestand aus: Zwiebelsuppe; Schüblingen mit neuen, vortrefflichen Kartoffeln (Magnum bonum) in kleinen Schnitten an Mehlbrühe; eingemachten Birnen & als Getränk Most. Das Essen war sehr gut & Ludwig rühmte es sehr. –

Mittags 1 Uhr brachte mir mein Neffe Franz Most (16 Liter) & nachmittags brachte er mir einen Korb der prächtigsten Kochäpfel («Augstenäpfel»). –

Von 2 bis 3 Uhr nachmittags stellte ich 6 Copien vom Bilde meines Grossvaters her. 4 Abzüge 13 x 18 cm & 2 Abzüge 9 x 14 cm. Sie befriedigte mich nicht. –

Von 4 Uhr bis ¾ 5 Uhr nachmittags hatten wir den Kaminfeger Jacob Kutter von Brübach. Er war von seinem Sohne, der Lehrling ist, begleitet. –

Die Arbeit kostete: 80 rp.

Abends von ½ 5 h bis 6 Uhr fand beim «Hirschen» Pferdeeinschatzung statt.

Caroline putzte & scheuerte den ganzen Abend.

Ich bereitete abends aus Quarz kleine Stücke, behufs jeweiliger Auffüllung der photograph. Flüssigkeiten (: Entwickler) in den versch. Flaschen.

Um 9 Uhr setzte ich noch 2 phot. Platten (Lumière: 13 x 18 cm) in eine Kassette. –

Nachdem ich die Zeitungen gelesen, begab ich mich bald nach ½ 10 Uhr zu Bette.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 035b (Familie Thürlemann zum Hirschen, Tagebücher von Architekt Johann Baptist Thürlemann, 1852-1939)

Kloster Glattburg

Montag, 7. Mai 1917 – Thürlemann fotografiert, grosse Wäsche und eine Hochzeit

Beitragsbild: Fotografie des Klosters Glattburg von Osten, die Architekt Johann Baptist Thürlemann (1852-1939) am 7. Mai 1917 aufgenommen hatte. Die Beschreibung erfolgt in seinem Tagebucheintrag:

Montag den 7. Mai [1917]

dunkler, stark bewölkter & sehr kühler Tag. – Die Wolken hiengen [sic] tief & schwer am Himmel. – Sehr herbstlich. – Den ganzen Tag scharfer, frischer Ostwind. Abend & Nacht dunkel. Gegen Morgen Regen. –

Vormittags von 840 bis 940 war ich beim Arzt in Niederutzwyl. Er erklärte, mein Uebel bessere & ich brauche nur mehr alle andern Tage zur Heissluftkur zu kommen. – Ich finde noch keine merkliche Besserung. –

Caroline hatte heute eine Wäsche & war von Morgen früh bis abends spät damit beschäftigt.

Nachmittags von ¾ 1 Uhr bis gegen 4 Uhr war ich mit meinem photographischen Apparat in Ebersoll [sic] & Glattburg, um 2 Aufnahmen vom Kloster Glattburg zu machen.

Die 1ste Aufnahme bewerkstelligte ich von der Westseite des Klosters, wo ich den Apparat am Tobelrande an der Strasse aufgestellt hatte. Die Bäume & Sträucher hinderten eine deutliche Wiedergabe der Gebäulichkeiten.

Um ¾ 2 Uhr photographierte ich die Westansicht. 13 x 18 cm. Blende 8 mm Belichtungszeit: 4 Sekunden.

Ich begegnete hiebei mehreren Klosterfrauen, die auf den Wiesen arbeiteten.

Nach der Aufnahme kehrte ich auf die Ostseite des Klosters zurück & umgieng [sic] die Ringmauer auf der Südseite, wo ich noch einige Vermessungen vornahm.

Von da verfügte ich mich (2 ¼ h) auf den Fussweg nach Ebersoll, bis nahezu auf die Höhe.

Dort stellte ich meinen Apparat nochmals auf & photographierte um ½ 3 Uhr nachm. die Ostseite des Klosters, bei einfacher Linse (: indem ich die hintere Linse herausgenommen hatte, behufs Erzielung eines grösseren Bildes : )

Belichtungszeit 4 Sekunden, Blende 8 mm. – Einpacken des Apparates & Rückkehr nach Ebersoll. Von dort den Fussweg hinunter zur Thurbrücke, Sonnenburg, & über die Wiesen nach Hause zurück, wo ich gegen 4 Uhr abends anlangte.

Im «Hirschen» fand nachmittags Gemeinderathssitzung [sic] statt, wobei die Käufe [sic] von August Scheiwiller, der am 28. April a.c. das Anwesen zur «Sonnnenburg» (Ziegelhütte) von J. Schaffhauser gekauft hatte (60000 Franken, mit 13 Stück Vie; sämtlichen Geräthschaften, 2 Häusern u.s.w.) – und derjenige von Emil Fürer im Buchen, der die Liegenschaft mit neuem Wohnhause an der Landstrasse um 57000 Frs. (leer & ohne irgend welche Zugabe) käuflich erworben hatte – ratifiziert wurden.

Neffe Ludwig betheiligte [sic] sich heute als Kutscher bei der Hochzeit seines Vetters S. Fräfel von Henau, mit Louise Sutter von Niederutzwyl. Die 5 Kutschen fuhren vormittags 10 Uhr hier vorbei nach Romanshorn und kehrten abends 9 ¼ Uhr wieder von dort zurück. – Im «Hirschen» wurde kurzer Halt gemacht, gesungen & musiziert. Um ½ 10 Rückfahrt nach Henau.

Unter den Hochzeitsgästen war auch Pfarrer Högger von Bütschwil, ein Verwandter des Bräutigams.

Ich las abends die Zeitungen, die wenig Neuigkeiten enthielten.

Von 6 bis 7 ¼ h abends besuchte mich mein Bruder Ludwig. –

Ich begab mich gegen 10 Uhr zu Bette.

Nächster Beitrag: 11. Mai 1917 (erscheint am 11. Mai 2017)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 035b (Familie Thürlemann zum Hirschen, Tagebücher von Architekt Johann Baptist Thürlemann, 1852-1939) und ZOA 008/1.038 (Fotografie von Johann Baptist Thürlemann, aufgenommen am 07.05.1917)