Anzeige für Brautleute

Montag, 19. März 1917 – Einschränkungen in der Lebenshaltung

Auf der Frontseite des Morgenblattes titelte das St.Galler Tagblatt in dicken Lettern zwei Zeilen mit den neusten Kriegsnachrichten:

Abdankungs-Manifest des Zaren. Proklamation des Grossfürsten Michael.

Demission des Kabinetts Briand. Rückzug der Deutschen im Westen.

Die sozialdemokratische Volksstimme unter der Redaktion von Valentin Keel (1874-1945), später Regierungsrat des Kantons St.Gallen, hatte die Abdankung des Zaren bereits zwei Tage vorher, am Samstag, den 17. März, gemeldet. Der Haupttitel lautete dort: Revolution in Russland.

Auf der zweiten Seite der Montagsausgabe des Tagblattes findet sich unter Lokales folgender Bericht, der Auswirkungen des Kriegsgeschehens auf das Leben in der Schweiz aufzeigte. So gab es u.a. ein Verbot, an Dienstagen und Freitagen Fleisch zu essen:

Einschränkung in der Lebenshaltung.

Auf die den verschiedenen Seiten gestellte Anfrage, ob nicht nächsten Dienstag[,] den 20. März, also am Wiedereinrückungstage der 6. Division, in den Wirtschaften die Abgabe von Würsten an Soldaten ausnahmsweise gestattet werden könnte, ist mitzuteilen, dass solche Ausnahme-Bewilligungen der Konsequenzen wegen nicht erteilt werden können.

Bei dieser Gelegenheit wird auch darauf aufmerksam gemacht, dass Ausnahmen vom Fleischverbot an Dienstagen und Freitagen an Hochzeiten und anderen derartigen Feierlichkeiten nur dann bewilligt werden können, wenn der Nachweis geleistet wird, dass eine Verschiebung der Feier auf einen andern Tag nicht möglich ist.

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Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, P 909 (St.Galler Tagblatt, 19.03.1917, Morgenblatt: Text; 24.02.1917, Morgenblatt: Anzeige für Brautleute)

Milch

Samstag, 17. März 1917 – Milch-versorgung in der Schweiz (Teil 1)

Im Publikationsorgan der St.Galler Bauern erschien der erste Teil eines Artikels zur Milchversorgung:

Der gegenwärtige Stand der Milchversorgung in der Schweiz.

Die Versorgung der Bevölkerung mit Konsummilch verursacht fortgesetzt grosse Schwierigkeiten. Jedermann weiss, dass die Milchproduzentenverbände gegenüber dem schweizerischen Volkswirtschaftsdepartement die Verpflichtung übernommen haben, ihre Gebiete nach Möglichkeit mit Konsummilch zu versorgen.

In massgebenden Kreisen hat man in Rücksicht auf die geringe Heuqualität und die ungenügende Kraftfuttermittelzufuhr (besonders Oelkuchen) einen grossen Ausfall in der Milchproduktion des laufenden Winters vorausgesehen, aber die Minderproduktion ist viel empfindlicher geworden, als selbst Pessimisten geahnt haben. Anderseits lässt sich auf verschiedenen Konsumplätzen eine namhafte Steigerung des Milchverbrauches konstatieren. Sozusagen in allen Kreisen unserer Bevölkerung ist die Erkenntnis durchgedrungen, dass die Milch in der Gegenwart weitaus das billigste Nahrungsmittel ist. Gemäss einer letzthin durch das schweizerische Bauernsekretariat in Brugg erfolgten Publikation sind die Detailmilchpreise gegenwärtig ungefähr auf der gleichen Höhe, wie im Jahre 1912.

Es ist richtig, dass die Preise unmittelbar vor dem Kriege infolge einer schweren Krisis auf dem Milchmarkte vorübergehend tiefer stunden. Gewiss ist die Steigerung des Konsums an frischer Milch an und für sich betrachtet eine Erscheinung, die die Landwirtschaft in einem Lande, das wie die Schweiz in hervorragender Weise zur Milchproduktion prädestiniert ist, begrüssen wird. Zurzeit sind aber die Ansprüche der städtischen Konsumenten so gross geworden, dass die Milchproduzentenverbände ihre eingegangenen Verpflichtungen trotz der hohen Bundesbeiträge als schwere Last empfinden.

Trotz der zahlreichen, gegen die Milchproduzentenorganisationen erhobenen Anschuldigungen muss ihre Arbeit von sämtlichen massgebenden Kreisen anerkannt werden. Es hat sich in diesen Zeiten gezeigt, dass die Allgemeinheit an den bestehenden Organisationen in weitgehendem Masse interessiert ist. Hätten die Milchproduzentenverbände bei Kriegsausbruch noch nicht bestanden, so müsste man sie gründen. Wenn es den Bundesbehörden gelungen ist, die Versorgung mit Milch und Milchprodukten so zu regeln, dass ich die verschiedenen Milchverwertungsarten annähernd gleichmässig lohnen, so muss hervorgehoben werden, dass die Milchproduzentenverbände in dieser Beziehung eine äusserst wertvolle Mitarbeit geleistet haben.

Trotz der einschneidenden Massnahmen, die getroffen wurden, erachtet man in vielen Städten und industriellen Ortschaften die Milchzufuhr als ungenügend. Bei der eingetretenen Preissteigerung für Fleisch, Brot, Reis, Zucker usw. ist es naheliegend, dass der Konsument in vermehrtem Masse Milch trinkt, wodurch die ohnehin grosse Nachfrage nach diesem Produkt verschärft wird. Man erinnert in solchen Fällen die Milchproduzentenverbände an ihre Verpflichtungen oder beschwert sich durch eine Eingabe direkt beim schweizerischen Volkswirtschaftsdepartement, von dem in allen möglichen und unmöglichen Fällen sofortige Abhilfe erwartet wird.

Wer in der Lage ist, die Frage objektiv zu prüfen, wird finden, dass die Verbände durch die Ueberführung zahlreicher Käsereimilchen in den Konsum grosse Arbeit leisten mussten. Heute geben sozusagen alle Käsereien, deren Verkehrslage den Abtransport erlaubt, ihre Milch an den Konsum ab.

Es existieren in unserem Lande zirka 1600 Talkäsereien. Von denselben können während dieses Winters nur noch zirka 300 Milch auf Käse verarbeiten, wobei nicht zu vergessen ist, dass auch sie 40-50 Prozent der Milcheinlieferung an den Konsum abgeben. Ausserdem sind von den 300 Käsereibetrieben eine grosse Zahl zur Magerkäsefabrikation übergegangen. Es ist allgemein bekannt, das die Käsereien ihre Betriebe nur sehr ungern einstellen, um die Milch nach irgend einem Konsumplatz zu senden.

Die Wegnahme von Käsereimilch hat übrigens auch ein[e] äusserst nachteilige Seite, denn gerade in der Ostschweiz besitzen die Käser grosse Schweinebestände, die infolge des anhaltenden Futtermittelmangels auf die Abfälle der Milchverwertung angewiesen sind. Gerne würden viele Schweinehalter die hohen Preise für Futtermittel anlegen, wenn letztere nur erhältlich wären. Häufig wird in der Landwirtschaft empfohlen, die Schweinehaltung im Interesse der Inlandversorgung auszudehnen. Wird den Käsereien die Milch vollständig entzogen, so muss ein Teil der Schweinebestände vorzeitig an die Schlachtbank geführt werden. Dieses Moment dürfte auch von den städtischen Verwaltungen, die so häufig die Intervention der Behörden für eine grössere Milchzufuhr nachsuchen, mehr wie bisher gewürdigt werden.

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Quelle: Staatsarchiv St.Gallen (St.Galler Bauer, 17.03.1917, Text; 31.03.1917, Anzeige)

Anzeige Metzger

Freitag, 23. Februar 1917 – Fleischlose Tage

Hedwig Haller, die Telefonistin aus St.Gallen (vgl. Beitrag vom 11. Februar), notiert am 24. Februar in ihr Tagebuch:

Dienstag & Freitag haben wir nun fleischlose Tage. Für Zucker & Reis gibt’s Karten, das Brot darf nur noch 1 Tag alt verkauft werden & kostet 30 cts per Pfund. Die übrigen Lebensmittel werden immer noch teurer. –

Verbot, frisches Brot zu verkaufen

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Quellen: Privatbesitz (Tagebuch Haller, Transkription: Markus Kaiser) und P 909 (St.Galler Tagblatt, 27.01.1917, Abendblatt, Anzeige; und 14.02.1917, Abendblatt, Mitteilung der Fürsorgekommission)

Mutter schneidet Brot, ca. 1921

Mittwoch, 14. Februar 1917 – Kein frisches Brot mehr

Im St.Galler Tagblatt erschien an diesem Tag die Meldung, dass ab 15. Februar kein frisch gebackenes Brot mehr verkauft werden durfte. Die Massnahme hatte ihren Grund darin, dass altbackenes Brot länger gekaut werden muss. Das führt schneller und nachhaltiger zu einem Sättigungsgefühl und schränkt so den Verbrauch ein:

Verbot des Verkaufes von frischem Brot.

Laut Bundesratsbeschluss vom 2. Februar 1917 ist es vom

15. Februar

an verboten, Brot und Kleinbrot mit Einschluss jedes Hefengebäcks (Kuchen ausgenommen) am Tage in den Verkehr oder zum Verkauf oder überhaupt zur Abgabe zu bringen, an dem es gebacken wurde.

In den Verkaufsläden darf Brot, Kleinbrot und Hefengebäck an dem Tage, an welchem es erstellt wurde, nicht zur Auslage kommen.

In sämtlichen Bäckereien und Konditoreien, einschliesslich Nebenbetrieben wie Hotel- und Anstaltsbäckereien, dürfen von abends 11 Uhr bis morgens 7 Uhr – und zwar auch vom Samstag auf Sonntag – keinerlei Arbeiten ausgeführt werden, welche auf die Herstellung von Backwaren jeder Art Bezug haben.

In dringenden Fällen ist das schweiz. Oberkriegskommissariat ermächtigt, ausnahmsweise die Zeit des Arbeitsunterbruches von 8 Stunden zu verschieben oder zu verkürzen.

Zuwiderhandlungen werden mit Busse von Fr. 25.- bis zu Fr. 10,000.- oder mit Gefängnis bestraft und können ausserdem die gänzliche oder teilweise Sperrung der Mehllieferungen nach sich ziehen.

St.Gallen, den 14. Februar 1917.

Die gemeinsame Lebensmittel-Fürsorge-Kommission.

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Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, P 909 (St.Galler Tagblatt, 14.02.1917, Abendblatt) und ZMA 18/07.00-24 (Ausschnitt aus einer Ansichtskarte aus der Reihe «Schweizer Heimatschutz», Serie 36, 1921)

Sonntag, 17. Dezember 1916 – Zweckmässige Ernährung in Kriegszeiten: langsam essen und gut kauen

Die Mitglieder der Gesundheitskommissionen des Rheintals trafen sich um halb vier Uhr nachmittags im Hirschen in Berneck. Die obige Ansichtskarte stammt aus dem Jahr 1917.

[…]

Vortrag von Dr. [Fritz] Custer, Rheineck,

Wie ernähren wir uns zweckmaessig.

Einleitend betont der Vortragende die Schwierigkeiten der zweckmaessigen Ernährung wie sie sich aus den heutigen durch die allgemeine Kriegslage ergebenden Verhältnissen ergeben. So notwendig die möglichst ausgiebige landwirtschaftliche Ausnutzung unseres der Bebauung zugänglichen Bodens sich notwendigerweise empfiehlt, so selbstverständlich ist das Postulat vorsichtigster Ausnutzung alles der Ernährung Dienenden. –

Zweckmässig sich ernähren heisst für Erwachsene[:] Behauptung des Körpergewichtes, für Kinder & Jugendliche Beförderung des Ansatzes.

Der Referent erlaeutert im Weitern[,] welche Stoffe in den Nahrungsmitteln hiezu herangezogen werden müssen & détailli[e]rt im Einzelnen die Rolle der Eiweiss[e], Kohlehydrate, Fette führenden Nahrungsmittel im Stoffverbrauch unseres Organismus.

Eingehend wird besprochen die Verteilung der notwendigen Ernährungssubstanzen der 3 Gruppen, dem Werte des Fleisches wird in eingehender Weise gerecht.

Besonders schwierig für unsern Haushalt ist zur Zeit der Bezug von Fett. Was das Fett uns für Vorteile & bei übermässigem Genuss für Nachteile liefert[,] wird erlaeutert & übergehend zu den Kohlehydrat[en] enthaltenden Nahrungsmitteln ihre ganz besondere Bedeutung im Haushalt des menschlichen Organismus hervorgehoben.

Dass wir unserm Organismus überdies die Zufuhr von Wasser & Nährsalzen schulden[,] wird betont.

Eisen[,] auch ein nötiger Einfuhrartikel[,] findet sich vornehmlich im Rindfleisch, den Eiern & speciell im Spinat. –

Den Ausnützungswert der einzelnen Speisen betreffend[,] wird auf langsames, gut kauendes Essen verwiesen. –

[Als] Ausschlaggebend im heutigen Ernährungsleben aber muss der Nährgeldwert unserer Lebensmittel bezeichnet werden. –

Nach dieser Richtung verdienen die Pflanzenkost gebenden Nahrungsmittel erste Erwähnung. Mais, Kartoffeln, Reis & Brot sind die Kost des Mittelmannes [Mittelstandes], von animalischen Nahrungsmitteln verdienen besondere Erwähnung Milch, Kaese, namentlich auch Magerkaese, Quark, Blockschokolade, soweit erhältlich Butter & die leider nur spärlich zur Verfügung stehenden andern Fettgemische pflanzlichen & tierischen Ursprungs. –

Dem möglichst zweckdienlichen Anbau von Bohnen, Erbsen, Kartoffeln, Getreide wird ausdrücklich das Wort gesprochen & ganz besonders der Anbau von Haber [Hafer] & Mais als altbewährten Volksnahrungsmitteln empfohlen. –

Wie sollen wir essen, in welchen Zeitabständen ist weiter zu berücksichtigen. Es empfiehlt sich möglichst genaues Einhalten bestimmter Essenszeiten, langsames Essen & gutes Kauen, eventueller Zahnersatz verdienen Erwähnung.

Zum Schluss seiner Ausführungen erlaeutert der Vortrragende zusammenfassend an Hand einer Tabelle die Zusammenstellung der einzelnen Nahrungsmittel mit Rücksicht auf Nährgehalt & Nährwert & betont auch die die Verdauung befördernde, Leben erhaltende Wirkung gewisser Gemüse, Kohlarten, Obst & dergleichen. –

[…]

(Die lange Zeit vertretene Meinung, Spinat sei sehr stark eisenhaltig, beruhte auf einem Berechnungsfehler.)

Am gleichen Tag traf sich auch der Vorstand des Kantonalturnverbands, diesmal im Restaurant zum „Grünen Baum“ in Rorschach. Er behandelte u.a. die Fortsetzung der Angelegenheit betreffend Bau einer Turnhalle in Flums (vgl. Protokollauszug vom 28. Oktober 1916):

[…]

II. Verkehr mit turnerischen Organen.

a) mit den Vereinen: Der in der Angelegenheit des Turnvereins Flums (Legat Spörry) um seine Meinung interpretierte [sic] Rechtsbeistand des Testators, Dr. Jakob-Basel, teilt mit Zuschrift vom 9. Dezember mit, dass er alles ihm zur Einsicht überwiesene Material seinem Schwager, Herrn Dr. Helbling in St.Gallen überwiesen habe.

[…]

IX. Weiterer Verkehr mit Behörden, Volk und Presse.

Neuerdings stellt, Stadler-Wil als Vormund des Kindes „Kreuzer-Bütschwil“ ein Gesuch um Aushingabe [sic] des Sparkassabuches für einen nicht gerade auf ordentlichen Wegen wandelnden Sohnes Kreuzer, zwecks Versorgung in der Anstalt Thurhof. Auf Vorschlag des Vorsitzenden beschliesst der Vorstand Zustimmung zu dem Gesuch.

[…]

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, A 386/3 (Bezirksphysikat Rheintal, Auszug aus dem Protokoll der Konferenz der Gesundheitskommissionen) und Wy 090 (Protokoll Kantonalturnverband) und W 238/03.02-25 (Postkarte von Rheineck)

Sonntag, 10. Dezember 1916 – Eine Frau ist die beste Bienenzüchterin im Kanton St.Gallen

Bruggen, den 10. Dez. 1916.

Bericht über die Förderung der Bienenzucht im Kanton St.Gallen pro 1916.

Hochverehrter Herr Landammann!

Verehrte Herren Regierungsräte!

Gestatten Sie mir gütigst, dass wir Ihnen über die Förderung der Bienenzucht im Kanton St.Gallen, während des Jahres 1916 Bericht erstatten.

Allgemeines. Einem wunderschönen Vorfrühling, der sich die Völker prächtig entwickeln liess, folgte eine schlimme Zeit. Wenige Trachttage – doch reichen sie in tiefer gelegenen Gebieten so weit, dass kräftige Kolonieen [sic] eine schöne Frühjahrsernte einheimsten und davon etwas für den Imker erübrigten. Mittlere und geringe Völker aber kamen in dieser Zeit erst so recht ins Brutgeschäft und erstarkten dann, als die dauernd schlimme Witterung eintrat. Auch in diesem schlimmen Jahr ist der Unterschied zwischen Rassenvölkern und nicht rassigen durchgehends klar zum Vorschein gekommen.

Unsere Nachforschung bei 125 Imkern der ganzen deutschen Schweiz[,] welche zusammen an die 5000 Völker besitzen, ergaben, dass die Durchschnittsernte pro Rassenvolk beinahe das Doppelte der nicht veredelten Völker betrug. Dasselbe ist auch bezüglich der Maximalleistungen der Völker zu sagen.

Wenn, wie in diesem Jahr, der Sommer geringe Tracht bietet, vermögen sich eben nur die besten Völker selbst zu erhalten. Viele Kolonieen [sic] mussten mit der Futterflasche durch den Sommer und in den Winter gebracht werden, was bei den hohen Zuckerpreisen mit grossen Opfern verbunden war. So ist es nicht zu verwundern, wenn die Freude an der Bienenzucht da und dort schwindet. Und es darf konstatiert werden, dass die Grosszahl der in den Winter genommenen Völker ihre Existenz der idealen Einwirkung der Bienenzucht auf den Menschen zu verdanken hat. Man hofft – und hofft – auf’s nächste Jahr!

Die Prämiierung. Dieser Tiefstand konnte nicht ohne Rückwirkung auf die Beteiligung an der Prämiierung sein. Im Gebiete von Rorschach bis Wil meldeten sich 14 Imker zu derselben, von denen aber im Laufe der Zeit dann zwei sich zurückzogen.

Die zwölf prämierten Betriebe erstrecken sich auf 327 Völker. Die Bienenhäuser sind schlicht und recht bis an eines, dem man die „Axt im Haus“ in seiner Unzweckmässigkeit doch etwas gar zu sehr ansieht. Das Kastenmaterial ist fast durchweg von guter Qualität. Die Einsicht, dass ein richtiger Kasten zu einem geordneten Betriebe absolutes Bedürfnis ist, gewinnt allgemein Boden, doch verlängern die schlimmen Honigjahre manchem „Rumpelkasten“, den Bienen und dem Imker zum Aerger, das Dasein.

Die Betriebsweise ist mancherorts durch die schlimmen Ernteaussichten nachteilig beeinflusst und wirkt direkt auf die „Leistungsfähigkeit der Völker“ und die „Anzahl der guten Völker“. Ohne eigene Nachzucht des nötigen Königinnenmaterials in Rücksicht auf die gewünschten Vererbungsfaktoren, ist ein rationeller Betrieb heute nicht mehr denkbar. Die Existenzmittel der Bienen schwinden infolge intensiver Wiesen- und Milchwirtschaft und durch die sorgsame Ausforstung der Wälder in bedenklicher Weise.

Dass bei jedem strebsamen Imker die Qualität der Völker über allem steht, bezeugt der verhältnismässig geringe Unterschied im Völkerdurchschnitt in den drei Kategorieen. Die erste Kategorie weist bei einem Maximum von 40 Punkten ein solchen von 33,7, die zweite einen solchen von 32,6 und die dritte einen solchen von 31 Punkten auf.

Das beste Volk mit einer Punktzahl von 39,5 entstammt einem bekannten Zuchtstamme, hat aber bereits auf dem Stande Königinwechsel vorgenommen. Es weist also mit aller Deutlichkeit darauf hin, wie durch sorgsame Auswahl der Betrieb erleichtert und gesichert werden kann.

Die Brutanlage ist infolge des allgemein trostlosen Sommers sehr gleichartig und schwankt zwischen 3,5 – 3,3 – 3,1 Punkten im Durchschnitt der drei Kategorieen. Erfreulich war der Gesundheitszustand. [Wirken] In der Umrahmung des Brutnestes mit Pollen und Honigspielen zeitliche und örtliche Verhältnisse bestimmend mit, doch sind auch hierin die rassigen Völker durch ihre ausgesprochene Anlage zur Selbstverproviantierung obenan.

Der Wabenbau ist mit einem Durchschnitt von 4 in den drei Kategorieen gleich eingeschätzt, was der Sorgfalt der Imker ein gutes Zeugnis ausstellt. Freilich sind noch da und dort eindringliche Belehrungen in dieser Beziehung am Platze. Bei Standbesuchen und Kursen darf man nicht müde werden, immer wieder auf die Sammlung und Verwertung des eigenen Wachses zu dringen.

Züchterisch betätigen sich die Imker der ersten zwei Kategorieen mit mehr oder weniger Erfolg.

Das Mittel der punktierten Völker schwankt zwischen 38,17 und 28,25. Das Gesamtergebnis der diesjährigen Prämiierung steht also entschieden hinter demjenigen normaler Jahre. Die Bienen sehnen sich also, wie die Imker, nach bessern Tagen. – Möchten sie doch endlich kommen!

Auf den Belegstationen Simmitobel, Bruggen, Gamplüt, Rohr, Kirchberg, Flums und Gärtensberg wurden 222 Königinnen aufgeführt, von denen 181 oder 81% befruchtet wurden. Im Bewusstsein, dass einer tut [gut] geführten Belegstation ein sehr hoher Wert an der Hebung der Bienenzucht zukommt, haben wir den Bedürftigsten derselben kleinere Subventionen zukommen lassen.

Am Schlusse unserer Berichterstattung angelangt, danken wir Ihnen bestens für Ihr[e] Hilfe und bitten Sie, uns auch fernerhin in bisheriger Weise Ihre Subventionen gütigst zukommen zu lassen[.]

Mit vorzüglicher Hochachtung

Der Präsident: M. Jüstrich                                                                         Der Vice-Präsident: [ohne Unterschrift]

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, KA R.176-11 (Bericht des Bienen-Inspektorats des Kantons St.Gallen)