Montag, 18. Dezember 1916 – Hilfe für Italienerfamilien in der Schweiz

Oben: Briefkopf einer Direktimport-Firma für italienische Nahrungsmittel wie Salami, Thunfisch, (Oliven-)Öl, Käse, Konserven, Wein und Likören, 1913. Die Einfuhr von spezifisch italienischen Produkten dürfte mit der starken Zuwanderung von Italienerinnen und Italienern vor dem Ersten Weltkrieg zu tun haben.

Kreisschreiben des Departements des Innern des Kantons St.Gallen an die Gemeinderäte desselben betreffend Anmeldung für Unterstützung italienischer Staatsangehöriger.

Vom 18. Dezember 1916.

Die k. italienische Regierung hat durch das italienische Vizekonsulat in St.Gallen dem herwärtigen Regierungsrat den Betrag von Fr. 5000.- zugehen lassen zum Zwecke der gutfindenden Verteilung an die hierseitigen Wohltätigkeitsanstalten, welche durch den derzeitigen Krieg betroffene bedürftige italienische Familien unterstützt haben. Die italienische Regierung will durch die genannte Spende den hierseitigen Kantonal- und Gemeindebehörden ihre Dankbarkeit für die bezeigte Hülfe bekunden.

Behufs Durchführung der erwähnten Verteilung ergeht an diejenigen Gemeindebehörden, welche für sich oder für Wohltätigkeitsanstalten in ihrer Gemeinde einen berechtigten Anspruch auf Berücksichtigung bei dieser Verteilung glauben erheben zu können, die Einladung, sich spätestens bis zum 10. Januar 1917 beim unterzeichneten Departement anzumelden, unter Angabe der den Anspruch begründenden Tatsachen (Anzahl der Fälle, spezifizierte Angabe der Höhe der Auslagen und allfälliger bereits erfolgter Rückvergütungen in jedem Falle usw.)

Hierbei kommen nur diejenigen Ausgaben in Betracht, die seit Ausbruch des Krieges, d.h. seit August 1914, für italienische Staatsangehörige entstanden sind.

Über die Berücksichtigung der Anmeldungen und die Höhe der Beiträge wird der Regierungsrat entscheiden.

St.Gallen, den 18. Dezember 1916.

Für das Departement des Innern,

Der Regierungsrat:

Ruckstuhl.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, ZA 001 (Kreisschreiben betreffend italienische Staatsangehörige in der Schweiz, erschienen im Amtsblatt für den Kanton St.Gallen, 91. Jg., Bd. II, Nr. 25 vom 22. Dezember 1916, S. 882) und ZMH 87/018b (Briefkopf)

Freitag, 9. Juni 1916 – Erben von Ausgewanderten gesucht

Erbenaufruf.

(Art. 555 ZGB.)

1294) Der am 27. Februar 1825 in Meilen-Mels (Kt. St.Gallen) geborene Josef Fridolin Good, Schuhmacher, Ehemann der Maria, geb. Kuchenmann, ist am 5. April 1861 in St. Antony, Minnesota, (Nordamerika), gestorben. Allfällige Nachkommen desselben werden als Erben von dessen Eltern: Fridolin Good, gestorben am 6. Juli 1864 in Mels, und der Anna Maria Good, geb. Schlegel, gestorben am 14. August 1868 in Mels, sowie von zwei Söhnen derselben, namens Josef Anton Good, gestorben am 1. Dezember 1880 in Mels, und Josef Good, gestorben am 20. September 1907 ebendaselbst, hiermit aufgefordert, sich innert der Frist eines Jahres von dieser Auskündigung an beim Bezirksamt Sargans, in Flums, anzumelden.

Erfolgt bis zum genannten Zeitpunkt, spätestens bis Ende des Monats Juni 1917, keine Anmeldung, so werden die Erbschaften der genannten vier Erblasser den hier bekannten Erben überlassen.

Flums, den 30. Mai 1916.

Bezirksamt Sargans.

[…]

Erbschafts-Antritt und -Verzichtleistung.

1296) Auf den Nachlass des am 30. Januar 1915 in Uganda (Britisch Ostafrika) verstorbenen Hektor Lenherr-Stadelmann, Kaufmann, von Gams, wohnhaft gewesen in St.Fiden, hat das Waisenamt Tablat (unter Zustimmung des Regierungsrates des Kantons St.Gallen) namens des Sohnes Hektor Johann Karl Lenherr Verzicht geleistet.

Dagegen hat Frau Witwe Leonie Lenherr, geb. Stadelmann, in St.Fiden, die Erbschaft unter öffentlichem Inventar angenommen.

Langgasse, den 2. Juni 1916.

Bezirksamt Tablat.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, ZA 001 (Auszüge aus dem Amtsblatt für den Kanton St.Gallen, 91. Jg., Bd. I, Nr. 23 vom 9. Juni 1916, S. 1023-1024 und S. 1024) und W 283/1-01866 (Bildausschnitt: Wartesaal für Auswanderer im Bahnhof Buchs, 1933)

Mittwoch, 17. Mai 1916 – Jüdische Familie erhält Bürgerrecht in Brunnadern

In seiner Sitzung vom 17. Mai diskutierte der Grosse Rat auch über eine ganze Reihe von Einbürgerungsgesuchen. Aufgrund der Unterlagen – u.a. ein Leumundszeugnis und ein Steuerausweis – erteilte der Kantonsrat dem Samuel Lichtenstein, dessen Ehefrau Adele, geborene Hauser, und dessen Tochter Edith das Bürgerrecht der Gemeinde Brunnadern.

Brunnadern nahm die in St.Gallen wohnende, jüdische Kaufmannsfamilie, wie im übrigen zahlreiche weitere, ins Gemeindebürgerrecht auf, um mit den Einbürgerungstaxen die Gemeindefinanzen aufzubessern. Auch andere arme Gemeinden des Toggenburgs wie Mogelsberg und Oberhelfenschwil verfolgten diese Strategie. Das war möglich, weil gemäss damaligem, liberalerem Einbürgerungsrecht die Wohnsitzpflicht gegen eine Gebühr abgelöst werden konnte.

Die Familie Lichtenstein stammte aus Sniatynka-Drohobycz im damaligen österreichisch Galizien. Die Einbürgerungstaxe für den Kanton betrug Fr. 200.-, diejenige für die Gemeinde Brunnadern 1300.-. Laut Steuerausweis im Bürgerrechtsdossier wies Samuel Lichtenstein-Hauser, als dessen Beruf „Reisender“ angegeben wurde, im Jahr 1915 ein steuerpflichtiges Einkommen von Fr. 1400.- nach.

Dem Dossier liegt auch die Abschrift eines Ausweises des k. und k. österreichisch-ungarischen Konsulats in St.Gallen bei. Diese charakterisierte Samuel Lichtensteiger in Ermangelung eines Fotos folgendermassen:

Personenbeschreibung:

Statur: mittel Augen: dunkelbraun
Gesicht: oval Mund:  
Haare: dunkelbraun Nase: Rg.
Besondere Kennzeichen: %    

Leumundszeugnis

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, KA R.88 B1 und KA R.88-5-a (Einbürgerungsunterlagen) und W 276/08.04-02 (Ansichtskarte von 1917, hergestellt durch Artist Atelier H. Guggenheim Co., Editeurs, Zürich, No. 7395a Dép.)

Sonntag, 30. April 1916 – Kinder-fest der Fremdengemeinde Fratte di Salerno wird wegen des Krieges abgesagt

Schuljahr 1916/17.

I. Sitzung

Des Komitee der Fremdengemeinde Fratte di Salerno, Sonntag, den 30. April 1916, vormittags 1120 Uhr im Schullokale, bei Anwesenheit aller 5 Mitglieder.

1. Herr Ferdinand Schlaepfer wünscht sein bisheriges Amt als Vorsitzende[r] abzugeben. Auf Ersuchen der andern Mitglieder erklärt er sich alsdann bereit, das Amt als Präsident für ein weiteres Jahr zu übernehmen. Die andern Ämter verbleiben wie bisher verteilt, […].

2. Das Protokoll der V. Sitzung wird verlesen und genehmigt.

3. Da wir uns immer noch im Zeichen des Krieges befinden, glaubt das Komitee gut zu tun, wenn das Kinderfest auch dieses Jahr nicht abgehalten würde und wird eine diesbezügliche definitive Beschlussfassung auf eine der nächsten Sitzung verschoben.

4. Der von Herrn H. Manser vorgelegte Stundenplan für das I. Schulsemester 1916 wird in seiner Zusammenstellung gutgeheissen.

Hierauf Schluss der Versammlung um 11½ Uhr

Der Präsident:             Der Schriftführer:

F. Schlaepfer               H. Scherler

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, W 054/21.1 (Auszug aus dem Vorstandsprotokoll der Fremdengemeinde in Fratte) und W 054/29.5 (Reigen am Kinderfest in Fratte 1909)