Schiffahrt auf dem Rhein, Ausschnitt aus Briefkopf

Freitag, 7. September 1917 – Kriegssteuer und Korrespondenzschmuggel

Die Rorschacher Zeitung meldete unter anderem:

Kriegssteuer. Das st.gallische Mittelstandskomitee, das am letzten, stark besuchten kantonalen Mittelstandstag ins Leben gerufen wurde, richtet in Sachen der Finanzreform im Bund eine Kundgebung an die eidg. Räte. In dieser Kundgebung wird dagegen Stellung genommen, dass der Bundesrat im Jahre 1918 keine Kriegssteuer erheben wolle, während der st.gallische Mittelstandtstag die Wiederholung dieser Kriegssteuer als das beste und gerechteste Mittel betrachte, das finanzielle Gleichgewicht im Bundeshaushalte wieder herzustellen. Es sei angesichts der gewaltig anschwellenden Mobilisationsschuld nicht einzusehen, weshalb im Bezuge der Kriegssteuer nun ein Ruhejahr eintreten soll. Fortgesetzt stünden unsere Wehrmänner an der Grenze, opfern einen grossen Teil ihrer Zeit und ihres Verdienstes dem Vaterlande; da wäre es nicht zu verstehen, wenn die besitzenden Kreise des Landes in ihren Steuerleistungen zurückhalten würden. Der Verzicht der 50 Millionen Franken Einnahmen im Jahre 1918 durch den Bund müsste nach der Ansicht des [sic] Mittelstandskommission in weiten Volkskreisen Unzufriedenheit hervorrufen.

Schärfere Massnahmen gegen den Schmuggel. Die Heerespolizei bezw. der Departementschef Nord-Ostschweiz in Schaffhausen hat verfügt, dass künftig von dem aus dem Ausland in den Schweizerhäfen eintreffenden Schiffen ähnlich wie die Zivilreisenden auch die Schiffsmannschaften nur an Land gehen dürfen, wenn sie mit Pässen versehen sind. Damit unterläge das Dienstpersonal den gleichen Kontrollmassnahmen wie die Reisenden, was die Schiffsbediensteten wohl veranlassen wird, während des Aufenthaltes in den schweizerischen Häfen an Bord zu bleiben, wie es die schweizerische Schiffsmannschaft seit Kriegsausbruch in den Häfen auf deutschem Gebiete macht. Diese Neuordnung wird manchem begründeten oder unbegründeten Verdacht auf Brief- und Warenschmuggel durch die bayrischen und württembergischen Schiffsleute die Spitze brechen.

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Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, P 913 (Rorschacher Zeitung, Nr. 208, 07.09.1917) und ZMH 64/703 (Beitragsbild, Ausschnitt aus Briefkopf Nordostschweizerischer Verband für Schiffahrt Rhein-Bodensee, 1918)

Freitag, 24. November 1916 – Der Grosse Rat verabschiedet das Budget für das kommende Jahr

Das Budget für 1917 zeigt

unter Berücksichtigung der im Laufe der Beratung beschlossenen Abänderungen folgendes Endergebnis:

Gesamtsumme der Einnahmen            Fr. 14‘573‘800.–

Gesamtsumme der Ausgaben              Fr. 16‘497‘500.–

Passiv-Saldo                                         Fr.   1‘923‘700.– 

Von Seite der Versammlung wird hierauf dem also bereinigten Budget die endgültige Genehmigung erteilt und desgleichen der Schlussantrag der regierungsrätlichen Budgetbotschaft zum Beschluss erhoben, lautend:

Der Regierungsrat sei beauftragt und ermächtigt, im Jahre 1917 zu erheben:

a) eine Staatssteuer von Fr. 2.50 von tausend Franken des Vermögens, nebst der entsprechenden Progressiv- und Einkommenssteuer;

b) die Steuern der Aktiengesellschaften und Erwerbsgenossenschaften nach Massgabe der betreffenden Spezialbestimmungen, sowie die Personal- und allfällige Ratasteuern.

Der Erste Weltkrieg mit seinen vielfältigen Auswirkungen setzte die Gemeinde- und Kantonshaushalte sowie die Bundesfinanzen gleichermassen unter Druck. Um die steigenden Militärausgaben decken zu können, wurde der Bundesrat daher 1915 per Volksabstimmung erstmals ermächtigt, eine sogenannte „Kriegssteuer“ zu erheben. Diese Vorläuferin der heutigen Direkten Bundessteuer wurde auch 1916 und 1917 eingezogen.

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, AGR B 1, Protokoll des Grossen Rates

Samstag, 18. November 1916 – Verstärkte Personenkontrollen zur Erhöhung der Steuererträge

Kreisschreiben des Regierungsrates des Kts. St.Gallen an die Bezirksämter, Gemeinderäte und Polizeiorgane desselben betreffend Sicherung der Kriegsgewinnsteuer.

Vom 18. November 1916.

Gemäss Aufforderung der eidgenössischen Kriegssteuerverwaltung verordnen wir gestützt auf die uns mit Beschluss vom 15. September 1914 erteilte ausserordentliche Vollmacht zur Sicherung der Kriegsgewinnsteuer bei Personen ohne festen Aufenthalt, in Abweichung von Art. 5 des Fremdenpolizeigesetzes vom 19. Juni 1899, was folgt:

1. Bei der Gemeinderatskanzlei haben sich neben den bereits hiezu nach Art. 5 des Fremdenpolizeigesetzes Pflichtigen alle diejenigen anzumelden, die sich in Gasthöfen, Kuranstalten und dergleichen, oder auch bei Verwandten oder Bekannten wenigstens zwei Tage aufhalten, ohne anderswo in der Schweiz als Aufenthalter oder Niedergelassene eingetragen zu sein.

Mit der Anmeldung sind die nötigen Heimats- und Wohnortsausweise zu deponieren.

2. Für diese Anwendung sind verantwortlich:

a) die Gasthofbesitzer, Pensionshalter ec. [etc.], überhaupt alle, bei denen diese Personen Wohnung oder Verpflegung nehmen.

b) Personen zu denen diese Fremden in ein Anstellungsverhältnis treten.

3. Von der Anmeldung sind befreit:

a) Schweizer in amtlichen Missionen oder militärdienstlicher Stellung.

b) Schweizer, welche in einer öffentlichen Armen- oder Krankenanstalt untergebracht sind.

4. Die mit der Fremdenpolizei betrauten Amtsstellen und Polizeiorgane haben für lückenlose Durchführung dieser Vorschriften zu sorgen, dabei aber unnötige Schikane gegen Fremde und Einheimische zu vermeiden.

5. Die Gemeinderatskanzlei hat diese Anmeldungen der Gemeindesteuerbehörde zu überweisen und diese wird, wenn eine Kriegsgewinnsteuer in Frage kommen kann, das weitere veranlassen.

Insbesondere dürfen in diesem Fall die Heimatsausweise nicht zurückgegeben werden, bevor die Kriegsgewinnsteuer sichergestellt ist. Liegt begründeter Verdacht vor, dass Steuerflucht beabsichtigt ist, so ist dem Finanzdepartement Anzeige zu machen.

6. Übertretungen dieser Verordnung werden vom Gemeinderat in analoger Anwendung von Art. 25 des Fremdenpolizeigesetzes gebüsst.

St.Gallen, den 18. November 1916.

Der Landammann:

Dr. G. Baumgartner.

Im Namen des Regierungsrates,

Der Staatsschreiber;

Dr. G. Müller.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, KA R.102-1a-4 (Kreisschreiben des Regierungsrates des Kantons St.Gallen) und ZMH 64/402 (Schreibmaschine, Auszug aus einem Briefkopf der Firma Julius Ochsner, Schützengasse 4, St.Gallen von 1919)