Confiseriefabrik St.Margrethen

Donnerstag, 24. Januar 1918 – Schwefel und andere Chemikalien gegen Hundedreck

Auch 1918 tüftelten St.Galler Erfinder und Erfinderinnen eifrig an Neuerungen. 129 Patente reichten sie in diesem Jahr beim Eidgenössischen Patentamt ein. Von der Heuerntemaschine über ein Stufenräderwechselgetriebe an Drehbänken für das Schneiden von Gewinde bis hin zu einer mechanischen Fadenführung für eine Bandkettenmaschine findet sich in der Liste allerlei offenbar Nützliches. Am 24. Januar 1918 reichte die Chemische Industrie & Confiseriefabrik AG in St.Margrethen reichte am 24. Januar 1918 eine Patentschrift mit dem Titel Mittel zum Schutze von Flächen gegen Verunreinigung durch Hunde ein. In der Begründung des Patentanspruchs steht:

Es ist ein altbekannter Übelstand, dass Hunde besonders Flächen, wie Hauswände, Türpfosten, Sockel von Fassaden, Möbel, etc., verunreinigen. Man hat allerdings versucht, die Hunde dadurch von den genannten Flächen wegzuhalten, dass man dieselben mit Schwefel bestreute. Die Bestäubung mit Schwefel verunziert aber die gefährdeten Flächen mit gelben Flecken. Abgesehen davon ist dieses Mittel kein radikales und führt das Bestreuen mit Schwefelpulver insofern zu Verlusten, als man nicht allein die Flächen, woran das Schwefelpulver schwer hängen bleibt, sondern auch den Boden vor diesen zu schützenden Flächen mit dieser gelben Substanz belegt.

Gegenstand vorliegender Erfindung ist nun ein Mittel zum Schutze von Flächen gegen Verunreinigung durch Hunde, welche alle vorerwähnten Übelstände nicht aufweist. Das Mittel besteht in einer Lösung von Trichlorphenol.

ieses neue Mittel hat den Vorteil, ganz farblos zu sein, und die mit demselben bestrichenen Flächen in keiner Weise anzugreifen. Es erzeugt keine Flecken auf den mit dieser Lösung behandelten Flächen, seien sie aus Stein oder Holz, bemalt oder nicht. Am zweckmässigsten bepinselt man die gefährdeten Stellen alle paar Wochen, eventuell alle paar Monate mit der Lösung, indem man zwei Striche im Kreuz aufträgt. Die angebrachte Lösung verleidet jedem Hunde die betreffende Stelle, wenn nicht für immer, so doch für lange Zeit, da ein Hund nicht nur eine feine Nase, sondern auch ein gutes Gedächtnis hat. Das Trichlorphenol, welches durch Einwirkung von Chlor auf Phenol dargestellt wird und die chemische Formel C6 H2 (OH) Cl)3 1 : 2 : 4: 6) besitzt, hat einen starken, den Hunden widerwärtigen Geruch. 

Trichlorphenol ist nicht harmlos: «Der Stoff reizt Augen, Atemwege, Haut und Schleimhäute und kann zu Störungen des Zentralnervensystems führen. Viele Chlorphenole werden gut über die Haut resorbiert, was speziell bei 2,4,6-Trichlorphenol in Versuchen mit Tieren und in vitro-Studien mit menschlicher Haut verifiziert wurde. Beim Erhitzen kann sich die Substanz explosiv zersetzen oder in hochgiftige Chlorverbindungen wie polychlorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane umwandeln.» (Zitat aus: https://de.wikipedia.org/wiki/2,4,6-Trichlorphenol; konsultiert am 08.01.2018)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, ZW 2 B/6b-079045 (Patentschrift) und ZMH 66/015b (Auszug aus Briefkopf der Chemischen Industrie & Confiseriefabrik AG in St.Margrethen)

Dienstag, 26. Dezember 1916 – Mehr Schonung für Pferde in Kriegszeiten

Bis über den Ersten Weltkrieg hinaus war das Pferd das wichtigste private und teils auch öffentliche „Fortbewegungs- und Transportmittel“. In den Kriegszeiten litten nicht nur Menschen an Mängeln verschiedenster Art und Überarbeitung, sondern auch Tiere. Viele Pferde hatten, wie untenstehende Quelle zeigt, viel zu wenig Energie, um frei zu galoppieren wie auf dem Briefkopf des Pferdehändlers gezeigt.

Kreisschreiben des Polizei- und Militärdepartements des Kts. St.Gallen an die Bezirksämter, Gemeinderäte und sämtliche Polizeiorgane desselben betreffend den Pferdeschutz.

Vom 26. Dezember 1916.

Nach den Mitteilungen der schweizerischen Pferdeschutz-Vereinigung und des „Roten Sterns“ gehen aus allen Teilen der Schweiz Klagen über den schlechten Ernährungszustand der Pferde und deren masslose Ausbeutung ein. Die Gründe dieser Erscheinung lägen einerseits im Mangel an Kraftfuttermitteln und anderseits in der schlechten Qualität des sonstigen Futters. Da es nun zurzeit nicht möglich sei, diesen Futtermangel zu beseitigen, so müsse dadurch ein Ausgleich geschaffen werden, dass den reduzierten Kräften der Pferde entsprechend, auch reduzierte Anforderungen an diese gestellt würden, d.h. das Ladegewicht herabgesetzt und ein langsameres Tempo ec. verlangt werde.

Diese Ausführungen und Begehren erscheinen durchaus begründet, wesshalb [sic] anmit alle Polizeiorgane angewiesen werden, in erhöhtem Masse darauf zu achten, dass keine Überladungen vorkommen und wo solche betroffen werden, die Last verringert und die fehlbaren Fuhrleute unnachsichtlich verzeigt werden. Dabei ist zu erwarten, dass die Strafbehörden im Sinne von Art. 200 u. ff. des Strafgesetzes und der Verordnung über Tierquälerei vom 23. Mai 1868, solche Delikte gehörig ahnden.

Eine Überladung wird dann vorliegen, wenn ein Fuhrwerk nur bei Anwendung roher Strafmittel in Bewegung gesetzt und darin erhalten werden kann. Das Gewicht der Ladung muss in angemessenem Verhältnis zur Kraft und Leistungsfähigkeit der Zugtiere und dem Zustand und der Steigung der zu befahrenden Strasse sein.

Alle Fuhren arten im Winter auch dann zu Tierquälereien aus, wenn durch mangelhaft oder gar nicht geschärftes Beschläg die Zugpferde auf glattem Boden die Last nicht vorwärts zu bringen vermögen und von den Fuhrleuten trotzdem auf rohe Weise dazu angehalten werden.

Für das Polizei- und Militärdepartement

Der Regierungsrat:

Dr. A. Mächler.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, ZA 001 (Kreisschreiben betreffend Pferdeschutz, erschienen im Amtsblatt für den Kanton St.Gallen, 91. Jg., Bd. II, Nr. 26 vom 29. Dezember 1916, S. 922) und ZMH 53/020a (Briefkopf von 1913)

Samstag, 3. Juni 1916 – Bündner Schlendrian bei der Maul- und Klauenseuche

Maul- und Klauenseuche.

Der „Genossenschafter“ schreibt: „Der Grund, warum St.Gallen, Appenzell und Graubünden mehr Seuche als andere Kantone haben, liegt nicht, wie ein Einsender des ‚St.Galler Tagblatt‘ meint, am Kraftfutterhandel, denn die Verwendung von Kraftfutter ist in den flachen Kantonen eine viel intensivere. Graubünden verwendet zum Beispiel im Verhältnis zum Viehstand sehr wenig Kraftfutter. Gewiss spielt bei diesen drei Kantonen die Nähe der Grenze eine gewisse Rolle, aber entscheidender ist der Umstand, dass der Kanton Graubünden die Seuche[n]vorschriften lange Zeit ganz ungenügend handhabte und insbesondere St.Galler-, Appenzeller- und z.T. auch Thurgauer- und Zürcherhändler in regem Verkehr mit Graubünden stunden. Da liegt der Has im Pfeffer! Wenn die Thurgauer, Zürcher und Aargauer für die Aufnahme von Bestimmungen über den Viehhandel im neuen Tierseuchengesetz eintraten, so wussten sie wohl warum.“

Sehr richtig. Die mangelhafte Handhabung der Seuchevorschriften im Kanton Graubünden hat ihn selbst und die ganze Ostschweiz schon schwer geschädigt. Red. [Redaktion]

Viehseuchen waren und sind bei allen Tierhaltern gefürchtet. Die Maul- und Klauenseuche war seit dem 18. Jahrhundert die am häufigsten auftretende Viehseuche. Es handelt sich dabei um eine hochansteckende Viruserkrankung, die Rinder, Schweine, Ziegen und Schafe befallen kann. Die Krankheit verläuft eher selten tödlich (5% Sterberate). Der Erreger wurde 1898 entdeckt, eine Impfung gesunder Tiere war aber erst ab 1938 möglich. Grosse Epidemien traten in der Schweiz rund um den Ersten Weltkrieg in den Jahren 1911 bis 1914 und 1920 bis 1921 auf. Weitere Informationen hierzu bietet das Historische Lexikon der Schweiz: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D26226.php

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, W 248/82 (St.Galler Bauer, 3. Jahrgang, Heft 22, 03.06.1916, S. 371-372) und A 416/5.1.4-3 (Schlachthofmitarbeiter in St.Gallen mit einem seuchenkranken Tier, 1926)