Samstag, 10. März 1917 – Kriegsgewinn der besonderen Art

Nicht ganz so wertvoll wie der Schmuck in der Bijouterie auf dem Beitragsbild war das Sammelgut, von dem der Autor im folgenden Artikel in der Zeitschrift St.Galler Bauer berichtete. Die Kriegszeiten hatten jahrzehntelang gesammeltes Lumpenzeug in Wertstoffe verwandelt, an denen sich verdienen liess:

Alles hat Wert.

Von jeher hatten mich meine Eltern zur Sparsamkeit angehalten. «Alles hat Wert», sagte mein Vater, wenn beim Mistzetten auf der Wiese ein «altes Bleuk» (Türbeschläge) oder beim Grabenputzen ein Ueberrest von Metall etc. zum Vorschein kam.

Im Kleinen und Kleinsten angewiesen aufmerksam und sparsam zu sein, wuchs das zu meiner zweiten Natur aus. Für jede Kleinigkeit fand ich ein Plätzchen, wo es mir aus dem Wege war und wo ich es jederzeit wieder wegzunehmen wusste.

Kein Wunder, dass es da eine «Raritätensammlung» gab; allerlei Beschläge, Schrauben etc. konnte ich oft dem Lager entnehmen und weil zurzeit alles Wert hat, packte ich eines schönen Tages die zusammengetragenen Kostbarkeiten auf einen Wagen und fort gings zum Alteisenhändler. Wie war ich aber erstaunt, als die Aufstellung folgendes ergab:

  kg. Fr. Fr.
Guss 176 -.09 15.85
Schwereisen 1218 -.12 146.15
Leichteisen 182 -.4 7.30
Kupfer 11 3.05 33.55
Schwermessing 15 2.30 34.50
Leichtmessing 2 2.15 4.30
Zink 20 1.10 22.-
Blei 12 -.65 7.80
Knochen 15 -.12 1.80
Gummi 3 -.70 2.10
Schweinehaare 1 -.25 -.25
Zeitungspapier 48 -.08 3.85
Farbige Lumpen 33 -.10 3.30
Alte Emballage 30 -.05 1.50
  1766 kg «Lumpenzeug»    
  gleich Wert   Fr. 284.25

Vor der Abfuhr hatte ich mich um die Preise befragt und einen Fuhrlohn mir gesichert, Fr. 8.80 = 1/2 Cts. per kg. So zeigt dieses praktische Beispiel, dass «Alles hat Wert!» Fr. 300 gefundenes Geld.

Nächster Beitrag: 11. März 1917 (erscheint am 11. März 2017)

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, W 248/82 (St.Galler Bauer, 4. Jahrgang, Heft 10, 10.03.1917, S. 169f.) und ZMH 64/877.017 (Bild: Otto Rietmann, St.Gallen, zwischen 1909 und 1913)

Donnerstag, 24. August 1916 – Weiter steigende Papierpreise – Zeitungsverleger in Not

Das Protokoll dieses Tages enthält auch die Information, dass der Regierungsrat aufgrund einer von der Staatskanzlei eingeholten Einschätzung der „Berechnungsstelle des schweizerischen Buchdruckervereins für den Kreis VII“ die von der «Ostschweiz» (Zeitungsverlag und Druckerei) geforderte 12% höhere Entschädigung für den Druck des Amtsblattes gebilligt hatte. (vgl. dazu die Einträge vom 21. April und vom 19. Juli).

[…]

2. Die Drucklegung des Zuchtstier-Kataloges ist wiederum der Ostschweiz übertragen worden, und zwar unter den früheren Vertragsbedingungen. Hinsichtlich der eingegangenen Konventionalbusse gibt der Geschäftsführer die Erklärung ab, dass der Auftrag wohl etwas spät eingegangen, die Arbeit aber den normalen Verlauf nehme und rechtzeitig fertig werde, ohne befürchten zu müssen, wegen verspäteter Ablieferung Busse zu bezahlen. Das Werk muss allerdings mit Ueberstunden erstellt werden, wofür bezirksamtliche Bewilligung für zwei Maschinensetzer ab 14. August pro 2 Wochen mit 3½ Stunden pro Tag schichtweise erwirkt wurde. Die teuern Ueberstunden sind laut Bericht des Geschaftsführers in der Kostenberechnung des Kataloges gebührend berücksichtigt.

3. Der Geschäftsführer erhält Weisung, Ueberzeitarbeit auf das zulässige Minimum zu reduzieren, wenn möglich, überhaupt keine Ueberstundenarbeit auszuführen, das dieser kostbillige [kostspielige] Apparat die Drucksachen verteuert und die Konkurrenz ungünstig beeinflusst und die Publikation der Ueberzeitsbewilligungen im Amtsblatt nach aussen für uneingeweihte Kreise den Anschein erweckt, als ob die Buchdruckerei Ostschewiz mit Druckaufträgen überhäuft & es weniger nötig hat, mit Bestellungen bedacht zu werden.

[…]

11. Aus einer Notiz der neuen Zürcher-Zeitung gehen die Gründe der absurden Papierpreis-Steigerungen für das Druckereigewerbe hervor, die darin liegen, weil die Fabriken der Schweiz im ganz abnormalen Verhältnisse zu früher einen Export betreiben, der zum Aussehen mahnt [sic]. Gibt es doch Fabriken, die das Zehnfache gegenüber früher in das Ausland spedieren und sich dadurch Reichtümer schaffen, welche die Ausrichtung von hohen Dividenden für die Aktionäre der Fabriken ermöglichen, was in normalem [sic] Zeiten nicht der Fall war. Es wird zugleich mit Genugtuung aus dem Zeitungsartikel entnommen, dass sich dieser ernsten Fragen der Schweiz. Presseverband energisch annimmt und Mittel und Wege sucht, um diesen Missverhältnissen und Wuchergeschäften zu begegnen und denselben das Handwerk legt.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 088 (Auszug aus dem Protokoll der Betriebskommission der Buchdruckerei „Ostschweiz AG St.Gallen“) und W 248/82 (Anzeige in: St.Galler Bauer, 3. Jg., Heft 18, 06.05.1916, S. 300)

Montag, 27. März 1916 – Import von Natrium chloratum puriss. exsiccat. pulv.

St.Margrethen, den 24. März 1916

Titl. Regierungsrat des Kanton[s] St.Gallen

St.Gallen

Wir gestatten uns, Ihre Gefälligkeit in Anspruch zu nehmen, indem wir Sie höfl. bitten, uns eine Bewilligung zu erteilen, damit wir 20 Kg. Natrium chloratum puriss. exsiccat. pulv. (ganz reines Kochsalz) in die Schweiz einführen dürfen.

Die Sendung wird von der kantonalen Zollbehörde beanstandet und liegt auf dem hiesigen Zollamte. Der Lieferant E. Merck, Chemische Fabrik in Darmstadt sandte uns die Ware laut erhaltener Ausfuhrbewilligung vom 24. II. 16.

Für Ihre Mühe im Voraus bestens dankend, empfehlen wir uns Ihnen mit

vorzüglicher Hochachtung

[Stempel der Chemischen Industrie & Confiseriefabrik AG St. Margrethen und Unterschrift]

1 Franco-Couvert. [darunter handschriftlicher Vermerk: „nichts beilegen! Sch.“]

 

Auf der Rückseite des Dokuments steht:

Geht an das tit. Kantonale Laboratorium St. Gallen mit dem höfl. Ersuchen um Begutachtung, ob die Ware als dem Salzregal unterstellt zu betrachten und daher deren Einfuhr zu verbieten sei oder ob sie als nicht monopolpflichtig eingeführt werden dürfe?

Hochachtend!

Für die Salzverwaltung,

Der Staatskassa-Verwalter:

[Unterschrift]

St.Gallen, 27. III. 16

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, ZMH 66/015b (Anfrage der Chemischen Industrie & Confiseriefabrik AG St. Margrethen an den Regierungsrat betreffend Einfuhrbewilligung und Stellungnahme der Staatskassa-Verwaltung)