Prorektorat Kantonsschule

Donnerstag, 24. Oktober 1918 – Grippefrei (mit Hausaufgaben)

Der Prorektor der Kantonsschule St.Gallen hielt in seinem Tagebuch fest:

Okt. 24

Gemeinsame Sitzung mit den Vertretern der städtischen Anstalten zur Besprechung der Frage, wie lange die Schulen der Grippegefahr wegen geschlossen bleiben sollen. Beschluss, bis auf weiteres den Unterricht nicht wieder aufzunehmen. Bei der Frage, ob sich ein gemeinsames Vorgehen aller hiesigen Schulen empfehle, erklärte ich unser Einverständnis, machte aber den Vorbehalt, dass unter Umständen die Kant. Schule [das Gymasium] ihrer besonderen Verhältnisse wegen ihre Handlungsfreiheit sich wahren müsse.

Nachmittag Besprechung mit den Abteilungsvorständen. Es wird beschlossen, wie in 7g & 2s, die schon am Montag Hausaufgaben erhielten, auch in 4t und 3m solche anzuordnen. Die Lehrer haben bis Samstag ihre Aufgaben dem Vorstand einzureichen, der sie zusammenstellt, vervielfältigt & den Schülern durch die Post zugehen lässt.

Meldung aller Beschlüsse an die Studienkommission.

Die Klassenbezeichnungen beziehen sich auf die gewählte Maturitätsrichtung: 7g ist die Klasse mit Maturatypus B (Latein), 4t diejenige mit Maturatypus C (Mathematik und Naturwissenschaften) und 3m diejenige mit Maturatypus E (Wirtschaft). Diese Klassen standen kurz vor den Maturaprüfungen. In der Klasse 2s sassen Seminaristinnen und Seminaristen.

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, KA R. 130-4c-3 (Tagebuch Prorektor, 1913-1919)

 

Protokoll Lehrerverein

Donnerstag, 22. August 1918 – Lehrerbesoldungsfragen

Was im Protokoll zur Vorstandssitzung des Kantonalen Lehrervereins vom 10. August 1918 unter dem Titel «Situation betreffend Gehaltsgesetz» zu seitenweisen Einträgen geführt hatte (vgl. Beitragsbild), wurde im Tagblatt vom 22. August nur knapp berichtet:

Neuregelung der Lehrerbesoldungen.

Die grossrätliche Kommission beantragt dem Grossen Rate, die gesetzlichen Mindestgehalte der Lehrer folgendermassen festzusetzen: Für Primarlehrer mit endgültiger Anstellung an Halbjahrschulen 1600 Fr., an Jahrschulen 2200 Fr. bis 2600 Fr. Für Sekundarlehrer 3000 Fr. in den ersten zwei Dienstjahren, bis 3500 Fr. nach dem vierten Dienstjahr; dazu staatliche Dienstalterszulagen von 100 Fr. im 7. und 8. Dienstjahr, bis 600 Fr. im 17. Dienstjahr für Primar- und Sekundarlehrer. Die Beiträge des Staates an die Schulgemeinden sollen betragen für eine Primarlehrerkraft von 1 bis 4 Dienstjahren 250 Fr., von über 4 Dienstjahren 500 Fr., für jede vollbeschäftigte Sekundarlehrerkraft 500 Fr.

Der 15-zeilige Kurzartikel nahm in der Ausgabe des Tagblatts nur halb so viel Platz ein wie die Anzeige zum Konservenschrank aus asbesthaltigem Faserzement:

Konservenschrank aus Eternit

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 018 (Archiv Kantonaler Lehrerverein, Protokoll Vorstand vom 10.08.1918) und  P 909 (St.Galler Tagblatt, 78. Jg., Nr. 196, 22.08.1918, Morgenblatt, S. 3 und S. 4)

Frau und zwei Kinder im winterlichen Pfäfers

Freitag, 12. Oktober 1917 – Schwierige Steuerfragen: Schul-geld fuer Kinder eines Internierten

Die Erziehungskommission des Kantons St.Gallen, ein Spezialausschuss des Erziehungsrates, befasste sich mit der Frage, ob die Kinder eines Internierten Offiziers Schulgeld zu bezahlen hätten:

Der Schulrat Pfäfers frägt an, ob er einen auf St.Margreterberg internierten Offizier, der daselbst seine 2 Kinder beschulen lässt, und seine Frau bei sich hat, besteuern dürfe. Es wird geantwortet, der internierte Offizier sei nur zwangsweise in der Schweiz, er müsse also rechtlich als ausserhalb des Landes wohnend betrachtet werden. Darum sei er zu keiner Steuer und Abgabe verpflichtet. Dagegen haben Frau und Kinder freiwillig hier Wohnsitz genommen und sind rechtlich als im Kanton St.Gallen wohnhaft zu betrachten. Da aber schwer zu ermitteln wäre, inwie weit [sic] die Frau steuerrechtlich belangt werden könnte, sollte von einer Steuer abgesehen werden und auf gütlichem Wege ein Schulgeld erhoben werden. Weitere Abklärung wäre beim eidgenössischen politischen Departement einzuholen. 26. Oktober.

Das Beitragsbild ist undatiert, aber zwischen 1901 und 1919 entstanden. Es zeigt eine (unbekannte) Frau und zwei Kinder im winterlichen Pfäfers.

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Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, KA R. 130 B1, Bd. 1917 (Protokoll 1917/Nr. 492, Text) und ZOF 002/01.62 (Beitragsbild)

Auszug Protokollbuch

Montag, 16. Juli 1917 – Frauen im Verein und im Protokoll

Wann genau der Aktuar des Kantonalen Lehrervereins sein Sitzungsprotokoll vom Samstag, dem 14. Juli 1917 verfasste, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Sehr konzentriert konnte er – sicher ein Lehrer – beim Verfassen aber nicht gewesen sein, da er notierte: Sitzung der Kommission [Vorstand], Samstag[,] den 14[.] Juli nachmittags 3 Uhr nachmittags 3 Uhr im Restaurant «Vitta» in Rorschach (sic, vgl. Beitragsbild). Ob ihn das unter Nummer 14 notierte Geschäft: Wahl einer Lehrerin in die Kommission KLV Gesuch d. Lehrerinnen St.Gallen beschäftigte?

14 Die Sektion St.Gallen des schweizerischen Lehrerinnenvereins wünscht, dass in die zukünftige Kommission des KLV eine Lehrerin aufgenommen werde. Sie begründet das in einem längeren Schreiben u schlägt zugleich hiefür Fräulein Hedwig Scherrer an der [Schule] Blumenau vor. Ob eine Vertretung der Lehrerinnen in der Kommission KLV gerade eine Notwendigkeit u. brennend ist, ist eine Frage, die wir offen lassen. Die Wahl der Kommission KLV ist alleinige Sache des Lehrertages. Mögen die Gesuchstellerinnen dort ihre Anträge stellen. In diesem Sinne hält die Kommission KLV die Sache für erledigt. 

Übrigens: Die Kantonalsektion St.Gallen des Schweizerischen Lehrerinnenvereins widmete sich in diesem Sommer einer ganz praktischen Aufgabe. Im ersten Heft des 22. Jahrgangs der Schweizerischen Lehrerinnen-Zeitung berichtete sie über die Ferienversorgung bedürftiger Schulkinder: 73 Kinder durften sich drei oder vier Ferienwochen lang auf blumenreichen Wiesen, unter obstbehangenen Bäumen, in tannenduftenden Wäldern und schwarzbehangenen Brombeerstauden erholen. Die Ferieneltern bemühten sich um die Kinder, und da und dort wurde sogar mit Ovomaltine nachgeholfen. Die Schweizerische Lehrerinnen-Zeitung – eines der frühesten feministischen Publikationsorgane der Schweiz –  ist wie viele andere Zeitungen und Zeitschriften in den letzten Jahren digitalisiert worden und online bei den sogenannten e-Periodica zugänglich (http://www.e-periodica.ch). Der vollständige Bericht über die Ferienversorgung findet sich unter: http://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=sle-001:1917-1918:22::14

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Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 018 (Vorstandsprotokoll des Kantonalen Lehrervereins, 14.07.1917)