Walter Grossmann war vor dem Krieg im Landerziehungsheim Hof Oberkirch, einer reformpädagogisch geführten Schule, Schüler gewesen (vgl. auch den Beitrag zum 1. März 1916).
29.X.1917.
Aus der Karte vom A.-H.-Tag sehe ich, dass sie mich noch nicht vergessen haben; ich danke dafür allen, die dort waren und mich kannten und kann sie gleichzeitig versichern, dass, wenn ich auch nie geschrieben, so doch oft an die schöne Zeit im Hof gedacht habe. Von meinem Freunde Max hörte ich ab und zu, doch im letzten Jahr sehr selten, vielleicht ist auch die Zensur und die mangelhafte Postverbindung Schuld daran.
Von mir kann ich nicht viel erzählen; ich bin seit 1½ Jahren ununterbrochen im Felde, nachdem ich 1 Jahr lang in Budapest bei einer reitenden Art.-Division Dienst geleistet hatte. Damit wäre im Grossen und Ganzen alles gesagt; da kann sich jeder dazu das Seinige denken. Die Details sind dann manche schön, lustig und interessant, viele auch das Gegenteil. Aber das ist brieflich schwer wiederzugeben.
Das wäre mein äusseres Leben. Wie ich sonst geworden bin? Nun, ich glaube, ich bin ziemlich der Alte, der ich war, etwas weniger naiv, etwas leichtsinniger und ein ganz klein wenig älter. Ein unschuldiger Engel war ich ja nie. Manches vom Geiste des Hofes, das ich in mir aufgenommen habe, begleitet mich, wenn ich auch in Vielem nicht das geworden bin, was der Hof im Allgemeinen von uns wollte. Ich muss mich, wenn ich aus der ganzen Chose heil herauskomme, wieder in die Schulbank setzen und regelrecht die ganze landwirtschaftliche Hochschule absolvieren.
Wie siehts denn jetzt auf dem Hofe aus? Der liebe, alte Hof, ich habe ihn, meine kleine Bude oben im Himmel, alles, alles in guter Erinnerung. Sowie ich mal in die Schweiz kann, werde ich ihn unbedingt besuchen. Und dann will ich wieder ein paar Tage Höfler sein, vergessen all das Viele, das in den letzten Jahren mit mir und um mich geschah.
Allen Höflern, auch den Mädels, wenn welche sind, allen Lehrern, Allen meinen besten Gruss. Walter Grossmann, öster.-ung. Leutnant.
Der Krieg beschäftigte die Schüler im Hof Oberkirch. Erich Tobler stellte sich 1915 einen «Sturmangriff» folgendermassen vor:
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Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, W 127 (Hof-Zeitung, herausgegeben im Land-Erziehungsheim Hof Oberkirch unter der Leitung von Anton Blöchlinger, Nr. 12, April 1918; Beitragsbild: Foto von Max Grossmann aus dem Album «Schüler und Lehrer» im gleichen Bestand; das Bild «Sturmangriff» findet sich in: Hof-Zeitung, Nr. 5, Weihnachten 1915)