Degersheim um 1911

Freitag, 27. September 1918 – Doppelter Gebrauch von Elektri-zität: Bügeleisen als Kochplatte?

An diesem Tag reichte Hans Früh aus Degersheim beim Schweizerischen Amt für Geistiges Eigentum ein Hauptpatent für einen Ständer für elektrisch geheizte Bügeleisen ein:

Gegenstand vorliegender Erfindung bildet ein Ständer für elektrisch geheizte Bügeleisen, welcher gestattet, die Wärme des geheizten Bügeleisens während dessen Nichtgebrauch nutzbringend zu verwerten. […] Der gezeichnete Ständer besteht aus dem Unterteil a und dem Oberteil d. Der Unterteil a, welcher aus Metall oder anderem feuerfestem Material hergestellt ist, dient zur Aufnahme des elektrisch geheizten Bügeleisens, und zwar so, dass die Bodenfläche des Bügeleisens gegen oben gerichtet ist, während die Handgriffseite nach unten gekehrt ist. Zu diesem Zwecke sind die beiden Seitenwände des Unterteils etwas unterhalb des obern [sic] Randes auf der Innenseite je mit einer nach innen gerichteten Tragrippe versehen, auf welche die Bügeleisenplatte d aufgeschoben werden kann. Etwas unterhalb der Höhenmitte des Unterteils a ist dieser durch einen Boden f abgeschlossen, so dass eine nach unten geschlossene Kammer b gebildet ist, welche die vom von den Rippen e getragenen, geheizten Bügeleisen abgegebene Wärme nicht nach unten strahlen lässt. Über den Tragrippen e, im Abstande, der der Bügeleisenstärke entspricht, befinden sich Tragrippen g, welche den als Wassergefäss ausgebildeten Ständeroberteil d tragen, der während der Benutzung des Bügeleisens mit Wasser gefüllt sein kann. Sobald das in den Ständer eingesetzte Bügeleisen durch den elektrischen Strom geheizt wird, wird die erzeugte Wärme den Boden des Wassergefässes bestreichen und den Gefässinhalt erhitzen. Auf diese Weise kann bei der Heizung des Bügeleisens die Wärme nicht nur zum Plätten, sondern zwischen dem Plätten oder auch sonst zur Erwärmung von Wasser oder andern Flüssigkeiten verwendet werden.

Patent Buegeleisen

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, ZW 2 E/24d-080951 (Patentschrift) und W 238/09.05-21 (Beitragsbild, Ansichtskarte aus dem Verlag H. Biel, ca. 1911)

 

Caroline

Mittwoch, 31. Oktober 1917 – Der Hausfrieden kehrt wieder ein

Johann Baptist Thürlemann schrieb am Mittwoch, 31. Oktober 1917 in sein Tagebuch:

Von 8 Uhr morgens bis ½ 1 Uhr hatten wir im Hause grosse Unruhe, da die seit 1. September 1916 bei uns in Miethe wohnende Wittwe Josepha ScheiwillerDudli & ihre Tochter Lydia auszogen, um bei Wagner Friedr. Lengg im Unterdorf Wohnung zu nehmen.

Die Söhne August & Emil Scheiwiller & ihr Knecht Frauenknecht halfen beim Aufladen & Wegführen des Hausrathes, der in 2 Fuhren an seinen neuen Bestimmungsort gebracht wurde. Den ganzen Nachmittag und Abend putzten und scheuerten Marie Gehrig (Frau Frefel) von Niederbüren und Lydia Scheiwiller die verlassene Wohnung.

Abends 6 Uhr kam Wittwe Scheiwiller zu uns[,] um sich zu verabschieden; sie hatte dabei noch einen kleinen Strauss mit meiner Haushälterin Caroline Wick bezügl. des im Juli d. Js. wegen des Putzens veranlassten Streites. – Ich mahnte zur Beilegung der Feindseligkeiten & zum Frieden.

Damit wurden schon länger schwelende Unstimmigkeiten in Thürlemanns Haus beigelegt (vgl. Beitrag vom 30. August 2017).

Ob Thürlemanns Ermahnungen an die beiden Frauen fruchtete, schrieb er nicht. Die Episode hatte jedenfalls noch zwei kleine Nachspiele. Der Architekt notierte am Freitag, 2. November 1917:

Von ½ 11 Uhr bis ½ 12 Uhr vormittags erschien Lydia Scheiwiller in unserem Hause, um in der von ihnen verlassenen Wohnung die Fenster zu putzen. Sie verabschiedete [sic] sich hernach bei uns und übergab die Schlüssel. – Die Zimmer & namentlich die Küche, sind sehr flüchtig & oberflächlich gereinigt, ebenso die Fenster.

Scheuermaedel

Damit war die Putzerei aber noch nicht beendet. Im Tagebucheintrag vom Freitag, 9. November 1917 heisst es weiter:

Caroline war den ganzen Tag mit Putzen & Fegen des ganzen Treppenhauses beschäftigt; es war aber auch nöthig, da die Familie Scheiwiller das Haus in wirklich ordnungswidrigen [sic] Zustande verlassen hatte.

Der Eintrag belegt eine Konstante bürgerlicher Haushaltführung: Üblicherweise wurde am Freitag geputzt – was die junge Frau Scheiwiller auch getan hatte.

Warum aber hatte Caroline nicht ebenfalls schon eine Woche vorher dieses Treppenhaus geputzt, gleich nach dem Auszug der Mieterinnen? Die Einträge im Tagebuch belegen, dass Caroline Wick und Johann Baptist Thürlemann es mit den Feiertagen genau nahmen. Freitag, der 2. November, war das Fest AllerSeelen, wie Thürlemann es nannte. An diesen Tagen ging man zur Kirche, kochte und ass und machte ansonsten höchstens Besuche oder vielleicht Botengänge. Gearbeitet wurde nicht.

Nächster Beitrag: 1. November 1917 (erscheint am 1. November 2017)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 035a (Tagebuch Thürlemann) und P 909 (St.Galler Tagblatt, 03.03.1917, Morgenblatt, Anzeige für Teigseifen)

Donnerstag, 30. August 1917 – Caroline streitet

Tagebucheintrag von Architekt Johann Baptist Thürlemann (1852-1939), Oberbüren:

Donnerstag den 30. August 1917 –

trüber, kühler & regnerischer Morgen. – Herbstlich kühl. – Frischer Westwind. Bis Mitte Vormittag regnerisch, hernach allmälig aufheiternd; zuweilen ein Sonnenblick. Tagsüber meist wolkig & windig; doch im Ganzen hell & sonnig; Abend düster & bewölkt. Nacht vorherrschend mondhell. Gegen Morgen bedeckt & kalt.

Vormittags bereinigte ich mein Tagebuch & besorgte verschiedene Arbeiten.

Von ½ 9 h bis 9 h hatten Caroline, meine Haushälterin, und Wittwe [sic] Josepha ScheiwillerDudli (in der obern Wohnung) einen äusserst heftigen & widerlichen Streit wegen des Putzens im Hause, wobei es von [sic] gegenseitigen Beschuldigungen und Injurien hagelte. Mir war der Auftritt – an dem ich mich nicht betheiligte – äusserst unangenehm & peinlich. – Caroline war nachher sehr aufgeregt & zornig.

Auf Mittag hatten wir Ludwig zum Essen eingeladen, wozu Caroline vormittags die nöthigen [sic] Vorbereitungen traf. –

Von ½ 12 Uhr bis gegen ½ 2 h nachmittags war mein Bruder Ludwig bei uns.

Das Mittagessen bestand aus: Zwiebelsuppe; Schüblingen mit neuen, vortrefflichen Kartoffeln (Magnum bonum) in kleinen Schnitten an Mehlbrühe; eingemachten Birnen & als Getränk Most. Das Essen war sehr gut & Ludwig rühmte es sehr. –

Mittags 1 Uhr brachte mir mein Neffe Franz Most (16 Liter) & nachmittags brachte er mir einen Korb der prächtigsten Kochäpfel («Augstenäpfel»). –

Von 2 bis 3 Uhr nachmittags stellte ich 6 Copien vom Bilde meines Grossvaters her. 4 Abzüge 13 x 18 cm & 2 Abzüge 9 x 14 cm. Sie befriedigte mich nicht. –

Von 4 Uhr bis ¾ 5 Uhr nachmittags hatten wir den Kaminfeger Jacob Kutter von Brübach. Er war von seinem Sohne, der Lehrling ist, begleitet. –

Die Arbeit kostete: 80 rp.

Abends von ½ 5 h bis 6 Uhr fand beim «Hirschen» Pferdeeinschatzung statt.

Caroline putzte & scheuerte den ganzen Abend.

Ich bereitete abends aus Quarz kleine Stücke, behufs jeweiliger Auffüllung der photograph. Flüssigkeiten (: Entwickler) in den versch. Flaschen.

Um 9 Uhr setzte ich noch 2 phot. Platten (Lumière: 13 x 18 cm) in eine Kassette. –

Nachdem ich die Zeitungen gelesen, begab ich mich bald nach ½ 10 Uhr zu Bette.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 035b (Familie Thürlemann zum Hirschen, Tagebücher von Architekt Johann Baptist Thürlemann, 1852-1939)

Kirschen

Montag, 9. Juli 1917 – Kirschen-kuchen bei Thürlemann

Bei frühen Ansichtskarten sind die eigentlichen Bildmotive oft von stilisierten Dekorationselementen umgeben wie im vorliegenden Beispiel die Kirschen. Letztere passen gut zum heutigen Beitrag:

Johann Baptist Thürlemann verliess sich bei den alltäglichen Hausgeschäften ganz auf seine Haushälterin Caroline Wick. Trotzdem war er Manns genug,  sich während ihrer Abwesenheiten selbst zu versorgen. So kochte er sich beispielsweise am 6. Juni 1917 selber, weil Caroline an der Beerdigung ihres Göttis teilnahm: Mein Mittagessen bereitete ich mir selbst. (Haferflocken-Suppe & 2 Stieraugen [Spiegeleier].

Zuweilen ging er ihr bei Haushaltsarbeiten zur Hand, etwa beim Spannen der Wäscheleinen im Garten oder eben (in allerdings seltenen Fällen) auch in der Küche, wo er beim Backen half: Morgens war ich beim Tortenbacken behilflich ( : Zwetschgenkuchen : ). (Eintrag vom 15. Oktober 1914)

Ähnlich heisst es am Montag, dem 9. Juli 1917: Abends half ich meiner Haushälterin Caroline Wick bei der Bereitung einer Kirschentorte. In Ermangelung von Mandeln, die gegenwärtig rar sind, verwendeten wir Baumnüsse, die fein gewiegt wurden. Die Torte wurde zu Bäcker Graf zum Backen gebracht. Das Backwerk gab ziemlich viel Arbeit.

Nächster Beitrag: 10. Juli 1917 (erscheint am 10. Juli 2017)

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 035a (Tagebuch Thürlemann) und ZMA 18/01.13-10 (Ansichtskarte, ca. 1907)

Samstag, 30. Juni 1917 – Kokos-läufer, Kämme, Kleiderbürsten

Die Monatsbeilage zur Rorschacher Zeitung publizierte in ihrer Ausgabe vom 30. Juni 1917 einige praktische Hinweise zur Haushaltführung:

Kokosläufer gründlich zu reinigen. Die Läufer werden tüchtig auf beiden Seiten ausgeklopft, dann mit Wasser, am besten mit einer Giesskanne, besprengt, einen Tag liegen gelassen, dann mit in Sodawasser- und Seifenlösung getauchten Bürsten bearbeitet, zum Trocknen in freier Luft aufgehängt und dann wieder in Gebrauch genommen. Es ist gut, wenn die Reinigung jährlich zweimal, im Frühling und im Herbst, erfolgt. Die Läufer behalten dadurch ein gutes Aussehen und werden auch weniger abgenützt.

Die Kämme und Haarbürsten sollten allwöchentlich von Staub und Fett gereinigt werden, da das letztere auf die Hornfaser einwirkt und die Zähne deshalb leicht ausbrechen. Eine gründliche und schnelle Reinigung erzielt man, indem man die Kämme und Bürsten in leichtem, kaltem Salmiakwasser einweicht (ein Esslöffel voll auf einen Liter Wasser), dann mit einer alten Zahnbürste die Kämme ausbürstet, bis sie rein sind, dann spült man beide Gegenstände tüchtig mit kaltem Wasser, spritzt sie tüchtig aus und kann den Kamm sofort wieder in Gebrauch nehmen, während die Bürste auf die Borsten gelegt, in der Nähe des Ofens oder in der Sonne trocknen muss.

Schmutzige Kleiderbürsten verunreinigen den auszubürstenden Kleiderstoff mehr, als dass sie ihren Zweck erfüllen. Man säubert derartige Bürsten durch wiederholtes Abreiben mit Kartoffelmehl oder durch Waschen mit heisser Soda- oder Seifenlauge. Auch werden verbogene Borsten durch eine Wäsche wieder aufgerichtet.

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, P 913A (Rorschacher Blätter zur Unterhaltung und Belehrung, Gratisbeilage zur «Rorschacher Zeitung», 1917, Nr. 6, S. 48, Erscheinungsdatum: 30.06.1917)

Kloster Glattburg

Montag, 7. Mai 1917 – Thürlemann fotografiert, grosse Wäsche und eine Hochzeit

Beitragsbild: Fotografie des Klosters Glattburg von Osten, die Architekt Johann Baptist Thürlemann (1852-1939) am 7. Mai 1917 aufgenommen hatte. Die Beschreibung erfolgt in seinem Tagebucheintrag:

Montag den 7. Mai [1917]

dunkler, stark bewölkter & sehr kühler Tag. – Die Wolken hiengen [sic] tief & schwer am Himmel. – Sehr herbstlich. – Den ganzen Tag scharfer, frischer Ostwind. Abend & Nacht dunkel. Gegen Morgen Regen. –

Vormittags von 840 bis 940 war ich beim Arzt in Niederutzwyl. Er erklärte, mein Uebel bessere & ich brauche nur mehr alle andern Tage zur Heissluftkur zu kommen. – Ich finde noch keine merkliche Besserung. –

Caroline hatte heute eine Wäsche & war von Morgen früh bis abends spät damit beschäftigt.

Nachmittags von ¾ 1 Uhr bis gegen 4 Uhr war ich mit meinem photographischen Apparat in Ebersoll [sic] & Glattburg, um 2 Aufnahmen vom Kloster Glattburg zu machen.

Die 1ste Aufnahme bewerkstelligte ich von der Westseite des Klosters, wo ich den Apparat am Tobelrande an der Strasse aufgestellt hatte. Die Bäume & Sträucher hinderten eine deutliche Wiedergabe der Gebäulichkeiten.

Um ¾ 2 Uhr photographierte ich die Westansicht. 13 x 18 cm. Blende 8 mm Belichtungszeit: 4 Sekunden.

Ich begegnete hiebei mehreren Klosterfrauen, die auf den Wiesen arbeiteten.

Nach der Aufnahme kehrte ich auf die Ostseite des Klosters zurück & umgieng [sic] die Ringmauer auf der Südseite, wo ich noch einige Vermessungen vornahm.

Von da verfügte ich mich (2 ¼ h) auf den Fussweg nach Ebersoll, bis nahezu auf die Höhe.

Dort stellte ich meinen Apparat nochmals auf & photographierte um ½ 3 Uhr nachm. die Ostseite des Klosters, bei einfacher Linse (: indem ich die hintere Linse herausgenommen hatte, behufs Erzielung eines grösseren Bildes : )

Belichtungszeit 4 Sekunden, Blende 8 mm. – Einpacken des Apparates & Rückkehr nach Ebersoll. Von dort den Fussweg hinunter zur Thurbrücke, Sonnenburg, & über die Wiesen nach Hause zurück, wo ich gegen 4 Uhr abends anlangte.

Im «Hirschen» fand nachmittags Gemeinderathssitzung [sic] statt, wobei die Käufe [sic] von August Scheiwiller, der am 28. April a.c. das Anwesen zur «Sonnnenburg» (Ziegelhütte) von J. Schaffhauser gekauft hatte (60000 Franken, mit 13 Stück Vie; sämtlichen Geräthschaften, 2 Häusern u.s.w.) – und derjenige von Emil Fürer im Buchen, der die Liegenschaft mit neuem Wohnhause an der Landstrasse um 57000 Frs. (leer & ohne irgend welche Zugabe) käuflich erworben hatte – ratifiziert wurden.

Neffe Ludwig betheiligte [sic] sich heute als Kutscher bei der Hochzeit seines Vetters S. Fräfel von Henau, mit Louise Sutter von Niederutzwyl. Die 5 Kutschen fuhren vormittags 10 Uhr hier vorbei nach Romanshorn und kehrten abends 9 ¼ Uhr wieder von dort zurück. – Im «Hirschen» wurde kurzer Halt gemacht, gesungen & musiziert. Um ½ 10 Rückfahrt nach Henau.

Unter den Hochzeitsgästen war auch Pfarrer Högger von Bütschwil, ein Verwandter des Bräutigams.

Ich las abends die Zeitungen, die wenig Neuigkeiten enthielten.

Von 6 bis 7 ¼ h abends besuchte mich mein Bruder Ludwig. –

Ich begab mich gegen 10 Uhr zu Bette.

Nächster Beitrag: 11. Mai 1917 (erscheint am 11. Mai 2017)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 035b (Familie Thürlemann zum Hirschen, Tagebücher von Architekt Johann Baptist Thürlemann, 1852-1939) und ZOA 008/1.038 (Fotografie von Johann Baptist Thürlemann, aufgenommen am 07.05.1917)

Verkuendigung von Franz Beda Riklin

Dienstag, 24. April 1917 – Lawinengefahr und saubere Wäsche

Franz Beda Riklin sorgte sich um seine Ehefrau, die aus dem Tessin nach Zürich zurückreiste, und bestellte saubere Wäsche. Der Dienst ödete ihn an, er litt unter zu wenig geistiger Auseinandersetzung und Anregung:

Château d’Oex, 24. April 1917.

Liebste Frau!

Danke vielmal für Deine Briefe. Ich hofe, diese Zeilen teffen Dich gesund u. munter zuhause [sic] an. Ich habe etwas Angst wegen der Lawinengefahr auf der Reise. Ich lasse auch den Kindern recht herzlich für die Geburtstagswünsche danken. [Riklin hatte am 22. April Geburtstag gehabt.] Ich schicke heute die schmutzige Wäsche u. bin froh, recht bald saubere zu bekommen: Unterleibchen, 1 Nachthemd, Unterhosen, Manschetten u. Nastücher sind nötig.

Ich habe Mühe, mich geistig aufrecht zu erhalten. Das ganze Gschiss [sic], Pla[c]kereien u. Intrigen geben mehr Arbeit als die Sache wert ist. Verzeih[‹] mir drum [sic], wenn ich nicht immer geistreich bin. Das Wetter ist etwas besser, aber kalt ist es immer noch; es wird Zeit brauchen, bis es hier Frühling ist. Ich vermisse Dich auch sehr. Aber zur Eröffnung am 15. Mai werde ich kommen.

Maria Moltzer schreibt mir, dass sie das Bild bezahlt hat. Wo? Auf dem Postcheckkonto od. Kreditanstalt?

Ich schreibe Dir gleich wieder, wenn ich etwas mehr bei der Sache bin.

Tausend herzliche Grüsse von Deinem treuen

Franz

Offenbar hatte die Psychiaterin und Kollegin von Franz Beda Riklin, Maria Moltzer, das Bild «Verkündigung» von Franz Beda Riklin mit dem Titel «Verkündigung» gekauft (vgl. dazu Beitrag vom 11. April 1917). Eine Reproduktion des Gemäldes (vgl. Beitragsbild) findet sich unter: http://www.e-periodica.ch/digbib/view?var=true&pid=smh-002:2001:81::829#360. Zu Maria Moltzer vgl. http://www.psychoanalytikerinnen.de/niederlande_biografien.html#Moltzer

Zum Thema grosse Wäsche vgl. den Beitrag vom 2. April.

Nächster Beitrag: 27. April 1917 (erscheint am 27.  April 2017)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, W 106 (Briefe an seine Ehefrau; Text), Beitragsbild: s. oben

Waesche in Garten aufgehaengt

Montag, 2. April 1917 – Grosse Wäsche und Frühjahrsputz

Waschmaschinen gehören heute zum Alltag, und auch Waschküchenpläne sind weniger strikt als noch vor einigen Jahrzehnten. Hausfrauen waschen also, wann sie es für nötig halten, und viel öfter als früher.

Vor hundert Jahren war nur alle paar Wochen oder sogar nur zweimal pro Jahr grosser Waschtag. Waschen war eine körperlich anstrengende, langwierige und mit viel Aufwand verbundene Tätigkeit, die sich über mehrere Tage hinzog, wie die untenstehenden Zitate aus Johann Baptist Thürlemanns Tagebuch zeigen.

Zeitgenössische Berichte beschreiben die einzelnen Vorgänge einer grossen Wäsche. Zunächst wurden die schmutzigen Kleidungsstücke nach Farbe und Stoffarten sortiert und über Nacht in (anfangs) lauwarmes, mit Soda versetztes Wasser eingelegt. Am andern Tag musste man Stück für Stück auf der rechten und der linken Seite gründlich einseifen. Die eingeseiften Wäscheteile wurden hernach in einem Dampfhafen in Waschpulver und Seife zwei Stunden lang gekocht, um den Schmutz zu lösen. Erst danach begann das eigentliche Reinigen: Über die angerichtete Wäsche wird kochendes Seifenwasser gegossen und darin [!] jedes Stück tüchtig gerieben, sei es mit der Hand, am Waschbrett oder mit der Maschine, bis keine Flecken mehr darin sind. Dann kommt noch ein Aufguss siedendes, reines Wasser darüber, das die Seife entfernen soll. Endlich wird die durchgeseifte Wäsche in den Brunnentrog gelegt und solange tüchtig gespült, bis das Wasser rein abläuft. Dann erst wird das Weisse nach Belieben gebläut, indem ein Stück nach dem andern durch kaltes, mit Waschblau gefärbtes Wasser gezogen wird.

Neben diesen Arbeitsschritten musste man dafür sorgen, dass das Feuer unter dem Dampfhafen nicht ausging und dass dauernd genügend kochendes Wasser vorhanden war.

Bevor man die Wäsche anschliessend zum Trocknen ins Freie aufhängen konnte (vgl. Beitragsbild), musste man sie erst auswringen. Bei grossen Stücken wie beispielsweise einem Leintuch waren dazu zwei Personen nötig.

Stundenlanges Einseifen, Reiben und Spülen der Wäsche in teils heissem, teils kaltem Wasser griff die Haut der Hände empfindlich an und machte sie rissig und rauh. Wer es sich leisten konnte, stellte eine Waschfrau an.

Im Hause Thürlemann in Oberbüren hatte Caroline die grosse Wäsche für den Zweipersonenhaushalt auf die Woche vor Ostern angesetzt und gleich noch mit dem Frühjahrsputz der Wohnung verbunden:

Montag, 2. April 1917: Meine Haushälterin Caroline Wick war den ganzen Tag angestrengt mit ihrer Frühlingswäsche beschäftigt.

Dienstag, 3. April 1917: Caroline war den ganzen Tag mit ihrer Wäsche beschäftigt. Abends putzte und scheuerte sie die Waschgeräthe [sic] & die Küche. –

Mittwoch, 4. April 1917: Caroline war heute mit ihrer Wäsche beschäftigt. – Schon um ½ 9 Uhr vormittags hieng [sic] sie dieselbe zum Trocknen in der Hauswiese auf, wozu ihr Carl’s Knecht, Niedermann die Seile gespannt hatte. Nachmittags von 1-4 Uhr war sie mit dem Scheuern und Putzen meines Schlafzimmers beschäftigt.

Hoher Donnerstag, den 5. April 1917: Caroline war den ganzen Tag mit Bügeln beschäftigt. Abends putzte und scheuerte sie das Nebenzimmer; ich hatte aus diesem Grunde um ½ 5 Uhr abends das südliche Vorfenster der Nebenstube entfernt. –

Waschmaedel

Nächster Beitrag: 4. April 1917 (erscheint am 4. April 2017)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 035a (Tagebuch Thürlemann) sowie BTN 1/1.2-65 (Beitragsbild: Lichtensteig, ca. 1909) und P 909 (St.Galler Tagblatt, 03.03.1917, Morgenblatt, Anzeige für Teigseifen)

Hinweise zum Waschen aus: Langhans-Sulser, Emma: Erleben und Lernen. Ein Buch für unsere Mädchen, Bern 1911, S. 161-174 (Kapitel: Kleine Leute haben grosse Wäsche.)

Küche

Montag, 12. März 1917 – Rezepte für fleischlose Tage

Eine Arbeiterküche war sicher nicht derart assortiert und ausgerüstet wie diejenige auf dem Beitragsbild. Trotzdem war während der Kriegszeiten vermutlich auch in der einen oder anderen bürgerlichen Haushaltung des öftern ein fleischloser Tag angesagt.

Die Zentrale Frauenhilfe publizierte unter dem Titel Hauswirtschaftliche Mitteilungen in der sozialdemokratischen Tagespresse regelmässig Hinweise zur Haushaltführung in Kriegszeit:

Einfache Speisezettel für fleischlose Tage.

  1. Habermus (aus Flocken); Rüben und Kartoffeln in weisser Sauce.
  2. Minestra; Böhnli in weisser Sauce.
  3. Gerstensuppe m. Rüben u. Kabis; Kartoffelstock.
  4. Gemüsesuppe; Maccaroni oder Nudeln m. Käse.
  5. Brotsuppe; Kohl gefüllt mit Reis.
  6. Braune Kartoffelsuppe; Käseomeletten.
  7. Braune Mehlsuppe; Eierhaber (Kratzete); gekochte Aepfel.
  8. Geröstete Griessuppe; Eierdünkli mit Käse.
  9. Milchsuppe; Risotto mit Grünem (Petersilie, Rüben, Lauch).
  10. Kartoffelsuppe; Blumenkohl mit gerösteten Brotschnitten.
  11. Spätzlisuppe; Knöpfli und gedörrte Birnen.
  12. Rübensuppe; Nudeln überschmelzt; Apfelmus.
  13. Nudelsuppe; Apfelrösti.
  14. Maissuppe; Stockfisch mit Kartoffeln.

 Die Suppen in diesen Speisezetteln sollen dick gekocht, die Gemüse, die hineingehören, müssen klein geschnitten, aber nicht durchgestrichen [d.h. nicht durch ein Sieb gestrichen] werden, damit auch die Suppe nach Kautätigkeit verlangt. Wird zur Suppe Brot gegeben, so soll es nicht eingebrockt, sondern trocken gegessen werden, da dieses eine viel bessere Auflösung und Ausnützung zur Folge hat.

Nächster Beitrag: 15. März 1917 (erscheint am 15. März 2017)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, P 908 (Die Volksstimme, Sozialdemokratisches Tagblatt für die Kantone St.Gallen, Appenzell, Graubünden und Glarus, 12.03.1917, Text) und ZMH 64/877.024.5 (Foto: Otto Rietmann, St.Gallen)

Mittagsmenu bei Thuerlemann

Donnerstag, 22. Februar 1917 – Porträt einer Haushälterin

Caroline Wick war verwandt mit Architekt Johann Baptist Thürlemann und seine langjährige Haushälterin. Sie kommt im unvollständig erhaltenen Tagebuch recht häufig vor. Die Einträge beschreiben, welche Arbeiten in einem Haushalt zu erledigen waren, wieviel Mühe und Aufwand sie zu dieser Zeit kosteten und was man in der Freizeit machte:

Caroline kochte (den Einträgen nach zu schliessen sehr gut!). Caroline ging in die Kirche und besuchte Beerdigungen. Caroline putzte und scheuerte. Caroline hatte Wäsche. Caroline machte Besorgungen und Botengänge. Caroline arbeitete im Garten. Caroline räumte den Keller auf. Caroline nähte. Caroline pflückte (auch sonntags) pfundweise Himbeeren im Wald. Caroline besuchte Kranke im Dorf. Caroline hatte mindestens ein Bankkonto mit einer Einlage von 2000 Fr., was ihr jährlich 75 Fr. Zins einbrachte (laut Tagebucheintrag vom 11. Januar 1905). Caroline machte Heimarbeit. Caroline bügelte. Caroline verwaltete das ihr zur Verfügung gestellte Küchengeld. Caroline half den Nachbarn beim Heuen. Und ab und zu stritt sie sich auch mit der Nachbarin.

Im Tagebucheintrag vom 22. Januar 1917 ging es um ihre Kochkünste:

[…]

Gegen ¾ 12 Uhr erschien mein Bruder Ludwig zum Mittagessen.

Es wurde aufgetischt:

Griessuppe mit Bouillon;

Schweinsvoressen (vortrefflich) mit gestossenen Kartoffeln und Aepfelmus. Getränk: Wein.

Ich hatte durch Caroline vormittags im «Hirschen» ½ Liter Rothwein holen lassen & erhielt denselben gratis.

Das heutige Mittagessen war sehr gut.

Ludwig kehrte um ½ 2 Uhr in den «Hirschen zurück.»

[…]

Inserat SchuerzeEs ist nicht bekannt, wie genau Caroline sich für ihre Arbeit kleidete, praktisch wäre wohl so eine Träger-Blusen-schürze gewesen, wie sie hier von der Firma Julius Brand & Co. in St.Gallen als Teil der Frühjahrsmode 1917 angepriesen wurde.

Nächster Beitrag: 23. Februar 1917 (erscheint am 23. Februar 2017)

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 035a (Tagebuch Thürlemann) und P 909 (St.Galler Tagblatt, 16.02.1917, Abendblatt)