Johann Baptist Thürlemann schrieb am Mittwoch, 31. Oktober 1917 in sein Tagebuch:
Von 8 Uhr morgens bis ½ 1 Uhr hatten wir im Hause grosse Unruhe, da die seit 1. September 1916 bei uns in Miethe wohnende Wittwe Josepha Scheiwiller–Dudli & ihre Tochter Lydia auszogen, um bei Wagner Friedr. Lengg im Unterdorf Wohnung zu nehmen.
Die Söhne August & Emil Scheiwiller & ihr Knecht Frauenknecht halfen beim Aufladen & Wegführen des Hausrathes, der in 2 Fuhren an seinen neuen Bestimmungsort gebracht wurde. Den ganzen Nachmittag und Abend putzten und scheuerten Marie Gehrig (Frau Frefel) von Niederbüren und Lydia Scheiwiller die verlassene Wohnung.
Abends 6 Uhr kam Wittwe Scheiwiller zu uns[,] um sich zu verabschieden; sie hatte dabei noch einen kleinen Strauss mit meiner Haushälterin Caroline Wick bezügl. des im Juli d. Js. wegen des Putzens veranlassten Streites. – Ich mahnte zur Beilegung der Feindseligkeiten & zum Frieden.
Damit wurden schon länger schwelende Unstimmigkeiten in Thürlemanns Haus beigelegt (vgl. Beitrag vom 30. August 2017).
Ob Thürlemanns Ermahnungen an die beiden Frauen fruchtete, schrieb er nicht. Die Episode hatte jedenfalls noch zwei kleine Nachspiele. Der Architekt notierte am Freitag, 2. November 1917:
Von ½ 11 Uhr bis ½ 12 Uhr vormittags erschien Lydia Scheiwiller in unserem Hause, um in der von ihnen verlassenen Wohnung die Fenster zu putzen. Sie verabschiedete [sic] sich hernach bei uns und übergab die Schlüssel. – Die Zimmer & namentlich die Küche, sind sehr flüchtig & oberflächlich gereinigt, ebenso die Fenster.
Damit war die Putzerei aber noch nicht beendet. Im Tagebucheintrag vom Freitag, 9. November 1917 heisst es weiter:
Caroline war den ganzen Tag mit Putzen & Fegen des ganzen Treppenhauses beschäftigt; es war aber auch nöthig, da die Familie Scheiwiller das Haus in wirklich ordnungswidrigen [sic] Zustande verlassen hatte.
Der Eintrag belegt eine Konstante bürgerlicher Haushaltführung: Üblicherweise wurde am Freitag geputzt – was die junge Frau Scheiwiller auch getan hatte.
Warum aber hatte Caroline nicht ebenfalls schon eine Woche vorher dieses Treppenhaus geputzt, gleich nach dem Auszug der Mieterinnen? Die Einträge im Tagebuch belegen, dass Caroline Wick und Johann Baptist Thürlemann es mit den Feiertagen genau nahmen. Freitag, der 2. November, war das Fest Aller–Seelen, wie Thürlemann es nannte. An diesen Tagen ging man zur Kirche, kochte und ass und machte ansonsten höchstens Besuche oder vielleicht Botengänge. Gearbeitet wurde nicht.
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Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 035a (Tagebuch Thürlemann) und P 909 (St.Galler Tagblatt, 03.03.1917, Morgenblatt, Anzeige für Teigseifen)