Mittwoch, 26. Januar 1916 – Staatliche Stipendien fürs Schnittmusterzeichnen und Weissnähen

Zitiert ist im folgenden ein Schreiben des Sekretärs des Erziehungsdepartements an die Vorsteherin der Frauenarbeitsschule, Hermine Kessler (1870-1946). Sie wirkte ab 1900 während 35 Jahren als Leiterin dieser Ausbildungsstätte. Sie engagierte sich in der Frauenbewegung und gehörte zu den Initiantinnen der Berufsberatungsstelle für Mädchen, der Heimarbeitszentrale und des Lesesaals für Frauen und Töchter.

26. Jan. 1916.

An Fräulein H. Kessler, Vorsteherin der Frauenarbeitsschule in St.Gallen.

Sehr geehrtes Fräulein!

1.) Da nun bald eine Sitzung des Erziehungsrates stattfindet und anderseits der Abschluss der Staatsrechnung pro 1915 bevorsteht, ersuchen wir Sie um gef. baldige Bezeichnung der Kandidatinnen, sowohl des 6 monatigen als auch des 18monatigen Kurses, die unter Nachweis von Bedürftigkeit ein kantonales Stipendium begehren. Damit im kant. Steuerregister, hier nachgesehen werden kann, sollte der Vorname des Vaters, sein Wohnort und Beruf, sowie allfällige schwierige Familienverhältnisse (Krankheit, Arbeitslosigkeit, grosse Kinderzahl etc.) angegeben werden.

2.) Wenn das Programm der Kurse im amtl. Schulblatt vom 15. Febr. erscheinen muss, – nicht erst im März – so wäre eine baldige Mitteilung des Programms, nebst früheren oder neuen Bemerkungen sehr erwünscht.

Siehe das amtl. Schulblatt No. 2, vom 15. Febr. 1915, pag. [Seite] 221.

Mit Hochachtung grüsst,

Dütschler, Depart.-Sekretär

Unter dem Titel Kurse an der Frauenarbeitschule in St.Gallen findet man im Amtlichen Schulblatt vom 15. Februar 1916, S. 385f., eine Anzeige über die im Jahr 1916 angebotenen Kurse:

  1. Für Weissnähen vom 22. Mai bis 21. Juni.
  2. Für Abformen von Schnittmustern für Weissnähen und Kleidermachen vom 22. Juni bis 28. Juni.
  3. Für Kleidermachen vom 28. Juni bis 29. Juli.
  4. Beginn des 22wöchigen Bildungskurses Montag den 4. September.

Wer sich für den unter 4. ausgeschriebenen Kurs anmelden wollte, musste sich ausweisen

[…] über zurückgelegtes 17. Altersjahr und gute Primarschulbildung […]

sowie mittels Zeugnis eines patentierten Arztes

[…] über den Gesundheitszustand, besonders über den Zustand der Augen […].

Anmeldeschluss war der 31. Juli 1916.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, KA R.130 B 2 (Copie des lettres) und ZMA 18/01.07-24 (Ansichtskarte)