Vier Monate Gefängnis für einen Bart. Vor einigen Monaten hat ein kriegsbegeisterter Tischlergeselle in Rom seinen [sic] Aerger über die Friedenspartei dadurch Luft gemacht, dass er dem sozialistischen Abgeordneten Maffi in der Strassenbahn den Bart abschnitt, weil seiner Meinung nach der Bart das beste Kennzeichen der pazifistischen Politiker in Italien war. Diese Angelegenheit hat vor dem Gerichtshof ihren Abschluss gefunden. Der Bartabschneider wurde zu vier Monaten Gefängnis, 300 Lire [italienische Währung] Strafe und Konfiskation der verbrecherischen Schere verurteilt, wobei man ihm die sonst in Italien bei nicht vorbestraften Leuten übliche Erleichterung des Strafaufschubs nicht gewährte. Der «Corriere della Sera» bemerkt zu dem Urteil: «Das heisst unserer Meinung nach den Respekt vor dem Gesicht eines Parlamentariers und den Preis der Barthaare allzu hoch setzen.[«]
Zum Beitragsbild: Die im Spätsommer 1915 in die Schweiz desertierten italienischen Gebirgsjäger (Alpini) waren vermutlich aus militärisch-sanitarischen Gründen bestens rasiert. Kriegsmüdigkeit und Friedenswillen war offenbar nicht vom Bart abhängig.
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Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, P 913A (Text: Rorschacher Blätter zur Unterhaltung und Belehrung, Gratisbeilage zur Rorschacher Zeitung, Nr. 7, 1917, 29.09.1917) und W 132/1-010 (Erinnerungsalbum von Leutnant Kaspar Störi, Geb. Sch. Kp IV/8)