Samstag, 30. Juni 1917 – Kokos-läufer, Kämme, Kleiderbürsten

Die Monatsbeilage zur Rorschacher Zeitung publizierte in ihrer Ausgabe vom 30. Juni 1917 einige praktische Hinweise zur Haushaltführung:

Kokosläufer gründlich zu reinigen. Die Läufer werden tüchtig auf beiden Seiten ausgeklopft, dann mit Wasser, am besten mit einer Giesskanne, besprengt, einen Tag liegen gelassen, dann mit in Sodawasser- und Seifenlösung getauchten Bürsten bearbeitet, zum Trocknen in freier Luft aufgehängt und dann wieder in Gebrauch genommen. Es ist gut, wenn die Reinigung jährlich zweimal, im Frühling und im Herbst, erfolgt. Die Läufer behalten dadurch ein gutes Aussehen und werden auch weniger abgenützt.

Die Kämme und Haarbürsten sollten allwöchentlich von Staub und Fett gereinigt werden, da das letztere auf die Hornfaser einwirkt und die Zähne deshalb leicht ausbrechen. Eine gründliche und schnelle Reinigung erzielt man, indem man die Kämme und Bürsten in leichtem, kaltem Salmiakwasser einweicht (ein Esslöffel voll auf einen Liter Wasser), dann mit einer alten Zahnbürste die Kämme ausbürstet, bis sie rein sind, dann spült man beide Gegenstände tüchtig mit kaltem Wasser, spritzt sie tüchtig aus und kann den Kamm sofort wieder in Gebrauch nehmen, während die Bürste auf die Borsten gelegt, in der Nähe des Ofens oder in der Sonne trocknen muss.

Schmutzige Kleiderbürsten verunreinigen den auszubürstenden Kleiderstoff mehr, als dass sie ihren Zweck erfüllen. Man säubert derartige Bürsten durch wiederholtes Abreiben mit Kartoffelmehl oder durch Waschen mit heisser Soda- oder Seifenlauge. Auch werden verbogene Borsten durch eine Wäsche wieder aufgerichtet.

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, P 913A (Rorschacher Blätter zur Unterhaltung und Belehrung, Gratisbeilage zur «Rorschacher Zeitung», 1917, Nr. 6, S. 48, Erscheinungsdatum: 30.06.1917)

Druckknopf

Dienstag, 26. Juni 1917 – Druckknöpfe geben zu denken

Die bisher gebräuchlichen Druckknöpfe sind verhältnismässig hoch und haben dabei den Nachteil, dass sie bei zarten Stoffen zu viel auftragen und infolgedessen auf den zu verbindenden Stoffteilen ein unschönes Aussehen ergeben. Dies konstatierte Hans Ruckstuhl aus St.Gallen in seiner Patentschrift. Seine Erfindung zeigte denn auch einen ganz flachen Druckknopf, der weitere Vorteile aufwies: Der Materialverbrauch zu seiner Herstellung und die Herstellungskosten sind gering.

Druckknopf, Patent, Fortsetzung

Ruckstuhl war nicht der einzige St.Galler, der sich 1917 mit Druckknöpfen beschäftigte. Gleich drei Patente zu diesem Thema reichte Walter Giger ein.

Druckknöpfe gab jedoch zu dieser Zeit schon eine ganze Weile: Das erste Patent stammt aus dem Jahr 1885.

Nächster Beitrag: 30. Juni 1917 (erscheint am 30. Juni 2017)

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, ZW 2 E/25c-076549

Dienstag, 19. Juni 1917 – Ein Telegramm jagt das andere

Der St. Galler Bundesrat Arthur Hoffmann nahm 1917 eigenmächtige Sondierungen hinsichtlich eines Friedensschlusses zwischen Deutschland und Russland auf. Ein Telegramm, das er in bester Absicht nach St. Petersburg schickte, wurde indes öffentlich – und ihm zum Verhängnis. Die Angelegenheit weitete sich schnell zur Affäre aus und zwang ihn schliesslich zum Rücktritt.

Auch der Presse dienten Telegramme als wichtiges Kommunikationsmittel, wie hier im Tagblatt, wo auf der Redaktion fortlaufend (Privat-)Telegramme aus Bern eingingen:

Bern, 19. Juni. Herr Bundesrat Hoffmann hat am Tage der Vollendung seines 60. Lebensjahres sich, wie man zu allgemeinem, tiefem Schmerze vernehmen wird, veranlasst gesehen, seinen Rücktritt aus dem Bundesrat zu erklären. Es geschah wegen des Bekanntwerdens eines aus der herzlichen Bemühung um Förderung der Rückkehr zum Frieden unternommenen Schrittes, der von einer der kriegführenden Mächte als unfreundlicher Akt übel aufgenommen worden ist.

Bern, 19. Juni (-x- Privattelegr.) Niemand zweifelt daran, dass Herr Bundesrat Hoffmann sich bei seinem Vorgehen von der alleredelsten Absicht leiten liess und dabei unter keinem Einflusse, sondern aus freiem Entschlusse heraus handelte. Aber man begreift in Bern nicht, dass in dieser so eminent wichtigen Angelegenheit der Bundesrat nicht begrüsst und Nationalrat Grimm als Mittelsperson benützt wurde.

Im Laufe des Nachmittags hiess es, Herr Bundesrat Hoffmann habe dem Bundesrat seine Demission eingereicht. Die gestern Nacht ausgegebene Nachricht bestätigt sich nicht. Vielleicht bringt der heutige Tag eine Abklärung in der ernsten Krisis.

Bern, 19. Juni. (Privattelegr.) Der Bundesrat hat die heute morgen bei ihm eingereichte Demission des Herrn Bundesrates Dr. Hoffmann noch nicht angenommen. Der Bundesrat befindet gegenwärtig in Sitzung. [sic]

Annahme der Demission des Herrn Bundesrats Hoffmann.

-x- Bern, 19. Juni. (Priv.-Tel.) Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung nach längerer Beratung die Demission des Herrn Bundesrat Hoffmann angenommen. Das Schweizervolk wird mit grösstem Bedauern von der Tatsache des Rücktritts Kenntnis nehmen.

Die vollständige Frontseite des Tagblatts mit dem Zeitungsbericht in Frakturschrift:

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, ZOF 002/02.04 (Fotografie Wilhelm II. und Bundesrat Hoffmann beim sogenannten «Kaisermanöver» von 1912 im Raum Kilchberg und Wil), P 909 (St.Galler Tagblatt)

Wache

Sonntag, 17. Juni 1917 – Datierungsfragen

Das Geb.Sch.Bat. 8 (Gebirgsschützen-Bataillon 8) leistete vom 27. Mai bis zum 26. August 1917 Aktivdienst im Engadin. Stationiert war die Truppe in St.Moritz, Pontresina, Ponte, Schuls und auf dem Umbrail.

Des Erinnerungsalbum enthält auch das Bild, das im Kopf dieses Beitrags zu sehen ist. Es ist am linken Rand datiert mit Wache St.Moritz! 17.VI.17. Dieses Datum stimmt mit den Wochentagen im Jahr 1917 überein – im Jahr 1916 war der 17. Juni ein Samstag.

Auch die Legende im Album nennt es: Auf Wache am 17. Juni (Sonntag) in St.Moritz und auf der Rückseite der Karte findet es sich erneut (in der Mitte, auf den Kopf gestellt).

Wache Ruecks2

Auf der Rückseite des Bildes allerdings findet sich das Schreiben eines Soldaten an seine Cousine, datiert mit Maloja 7.VII.16 Dass der Abzug erst im Juli verschickt wurde, hat mit der Tatsache zu tun, dass der Film entwickelt werden musste, die Datierung auf 1916 darf neben den anderen Belegen als falsch eingestuft werden. Ob es daran lag, dass Vetter Linus aus dem Krankenzimmer schrieb?

Liebe Base!

Nebst diesem wirklich vorzüglichen Bild & ein paar Alpenrosen sendet Dir aus dem Ober Engadin die besten Grüsse

Vetter Linus

Nächste Woche geht’s ins Münstertal an die italienisch-oesterr. Grenze. Momentan bin ich im Krankenzimmer. Fuss verheit [Fuss «kaputt gemacht»]. Anfang od. Mitte August folgt Entlassung. Vielleicht[,] dass ich dann mal nach dort komme. Auch ein Gruss an Herrn Brunner.

Einblick in das Krankenzimmer des Gebirgs-Schützenbataillons 8 (man beachte im Hintergrund an der Wand die Zeitungen als Tapeten):

Krankenzimmer

Nächster Beitrag: 19. Juni 1917 (erscheint am 19. Juni 2017)

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, W 132/2, Seite 109 und Seite 97

 

Kuh Adela

Samstag, 16. Juni 1917 – Schönheit im Alter

Kuh Adela 776 Mels.

So lautete der Titel eines Artikels im St.Galler Bauer. Nach einer Einleitung folgt die Beschreibung der Milchkuh:

Das nebstehende [sic] Bild zeigt uns die höchstprämierte Kuh in unserm Kanton. Sie gehört Herrn Gemeinderat Schlegel in Mels und hat letzten Herbst 90 Punkte erhalten. Photographiert wurde sie drei Monate nach dem Kalben im Alter von bald 8 Jahren.

Von den richtigen Alpkühen weiss man, dass sie sich ihre Jugendlichkeit und Schönheit lang bewahren. Adela, die edelste unserer Grazien, ist sogar im Laufe der Jahre stets schöner geworden, hat erstmals 78, dann 79, 84 und schliesslich 90 Punkte erhalten. Ihre Leistungen sind sehr gute. Obschon es das Euter auf dem Bilde nicht verratet (die Kuh wurde mit leerem Euter photographiert), gab sie zur Zeit der Aufnahme noch 20 Liter Milch. Ihre Zuchtleistungen sind ebenfalls gute. Das beste Produkt ist ein zweijähriges Rind, das heute im Besitze von Herrn Altherr-Scherrer ist. Ausser diesem hat sie aber noch zwei gute Prämienkühe und ein[en] Belegscheinstier gezeugt. Der Abstammungsnachweis lässt uns keine der hervorragenden Blutlinien erkennen. In der grosselterlichen Generation müssen jedoch sehr gute Tiere gewesen sein, da wir dort die Punktzahlen 79½, 80 und 87 vorfinden. Also auch aus dieser Tatsache erhellt die Bedeutung der Qualität vorelterlicher Individuen.

Und nun die Formen, die Apparate, aus denen die Leistungen hervorgehen. Einige Bemerkungen sollen das Bild noch ergänzen. Vorerst die Farbe. Die schöne gleichmässige Farbe verratet das Rassentier. Vom Scheitel bis zur Sohle denselben blaugrauen, edeln Ton. Das reine Rehmaul, die weissen Innenseiten der Ohren und die hellen Hörner ergänzen den Eindruck der Rasse.

Aus dem Kopfe spricht Adel. Das breite Flotzmaul und die starken Ganaschen deuten an, dass ich die Braune auf der Weide zu wehren weiss. Die kurze, wohlgewölbte Nase und die breite Stirn weisen hin auf den kräftigen, breitgewachsenen Typ, den wir so gerne züchten. Die Formation des Schopfes und die Stellung der Hörner (kleine Zangenhörner) bestätigen den vorher erhaltenen Eindruck. Aus dem Auge spricht ruhige, selbstbewusste Kraft. Der Hals ist muskulös, wohlbewammt und fein befältelt. Er bekräftigt uns in der Auffassung, ein milchiges und doch starkes und nerviges Tier vor uns zu haben. Die Schulter könnte man vielleicht als etwas grob bezeichnen, doch beachte man den Laktationszustand. Die Brust ist sehr tief und herrlich gerippt; sie trotzt dem Tuberkelbazillus und ebensosehr den steilsten Halden. Die stolze, sichere Lende bewirkt die edle Linienführung des Körpers. Sie (die Linien) sind nicht gebrochen, sondern laufen oben und an den Seiten schön und stark bis ans Ende des Tieres. Auch Kreuzbein und Schwanzansatz fügen sich willig in diesen stolzen Zug. Die Kruppe ist sehr schön gebildet und die Hosen derart geformt, dass man ob solchem Gebilde nur staunen muss. Die weiss, wozu sie die Knochen hat. Die versteht sie zu dirigieren. Muskeln und Nerven ergänzen sich auf die beste Weise. Daher ist auch das Sprunggelenk schön, trocken und rassig geformt. Schienen und Klauen sind gut und durch mehrfache Alpung gehörtet. Die Braune steht daher auch im Senkel und marschiert wie unsere Bundeshengste.

Wer ob solchem Gewächs nicht Freude empfindet, wurde ohne Züchterader geboren. Sch.

Nächster Beitrag: 17. Juni 1917 (erscheint am 17. Juni 2017)

Quelle: Staatsarchiv St.Gallen, W 248 (St.Galler Bauer, IV. Jahrgang, Heft 24, 16.06.1917, Text und Bild)

Bischof Buerkler in der Kutsche

Mittwoch, 13. Juni 1917 – Der Bischof kommt ins Dorf

In Oberbüren erwartete man den Bischof, um die Firmung durchzuführen. Der Besuch löste im Dorf einiges an Vorbereitungsarbeiten aus. So hielt Architekt Thürlemann in seinem Tagebucheintrag vom Montag, 11. Juni 1917, fest:

Caroline arbeitete von 3 h Nachmittags bis abends 9 Uhr bei Nachbar Carl Bauer, der auf die Ankunft des Bischofs Robert Bürkler von St.Gallen am nächsten Mittwoch Abend, einen Triumphbogen (mit Tannenreis geziert) erstellen will.

Im Eintrag zum Mittwoch steht dann zu lesen:

Von 10 bis ½ 12 Uhr vormittags wurde bei unserem Gemüsegarten an der Strasse nach Niederwyl ein einfacher Triumphbogen, zum Empfange des Landesbischofs aufgestellt.

«Salve Roberte!» – Die Arbeit wurde von Nachbar Carl Bauer, Sekretär Escher & Gallus Hälg ausgeführt.

[…]

Um 4 Uhr begab ich mich in den «Hirschen» & gieng mit Julia & Ludwig zur Kirche, um uns dem Zuge zur Abholung des Bischofs Robert Bürkler anzuschliessen. Es nahmen wenige Männer Theil. – Um 4 ¼ h erschien der Bischof in Kutsche – von Niederwyl her, begleitet von Regens Dr. Rohner & zwei Abgeordneten hiesiger Kichenverwaltung: Präsident T. A. Stolz (Ktrth:) und Vorsteher Mrd Bächtiger vom Thurhof.

Beim Triumphbogen an unserem Garten stieg der Bischof aus & kleidete sich an. Er wurde dann unter dem Traghimmel in Begleitung des Ortspfarrers Ernst Scheffold & Beichtiger J. B. Lüthi von Glattburg mit Kreuz und Fahnen zur Kirche begleitet. – Es begann zu regnen.

Hier sang der Chor das Veni creator Spiritus & der Bischof ertheilte den Segen. – Regens Dr. Rohner verlas den auf heute & morgen bewilligten Ablass von 40 Tagen & für die Mitglieder der ewigen Anbetung vollkommenen Ablass.

Hierauf Seelenvesper für

… [so im Tagebuch zwei Linien mit Punkten am Anfang]

Hernach nochmaliger Segen & Rückzug des Bischofs in’s Pfarrhaus – ca. 5 ¼ h.

Auf dem Heimwege strömender Regen.- /: Unterstehen bei der Scheuen des Emil Kempter zum «Frohsinn». :/

Rückkunft nach Hause um ½ 6 h. Ich war ganz durchnässt wie alle andern Leute auch.

Hier trank ich den Kaffee und bereinigte später mein Tagebuch.

Caroline begab sich um ½ 8 Uhr abends zur Kirche (Abendsegen) um auch ihre Beichtandacht zu machen. Sie kehrte um ½ 9 Uhr nach Hause zurück. (: Beichte bei Regens Rohner)

Um ½ 10 Uhr begab ich mich zur Ruhe.

Der eigentliche Firmgottesdienst fand dann am Donnerstag, 14. Juni 1917, statt. Thürlemann beschrieb die Festlichkeiten in seinem Tagebuch wie folgt:

Morgens 1/2 6 h begab sich Caroline zur Kirche, um die Hl. Communion zu empfangen.

Gegen ½ 7 Uhr folgte auch ich nach & wohnte der Frühmesse des Bischofs bei. Hernach theilte er die Hl. Communion aus. – Nach dem Gottesdienste Grabbesuch. –

Gegen ½ 8 h kehrte ich wieder nach Hause zurück & nahm das Morgenessen. –

Hernach Vorbereitungen zum Festgottesdienste.

Um ½ 9 Uhr begann derselbe.

Die Firmlinge hatten sich mit ihren Pathen beim neuen Schulhause um 8 Uhr versammelt & zogen um 8 ¼ Uhr in die Kirche ein. – Es waren 89 Kinder.

Um ½ 9 Uhr Einzug des Bischofs in die Kirche. (:Veni Creator:) Hierauf Predigtlied & Predigt von Bischof Robert Bürkler.

Text: «Wir aber haben nicht den Geiste der Welt empfangen, sondern den Geist aus Gott!»

  1. Epist. Pauli ad Corinth. 2.12

Das Sakrament der Firmung ist das Sakrament der Stärkung & Befestigung. Besonders die Jugend hat für alle Anstürme der Welt & des Satans eine Kräftigung nöthig, um in diesem unausgesetzten Kampfe des Weltgeistes & des Geistes der Finsternis nicht zu unterliegen.

Der ganze Lebenslauf des Menschen ist ein Kampf dieser 2 Geister, des bösen Geistes und des guten Geistes, und der Apostel Paulus sagt, dass wir nicht den Geiste der Welt, sondern den Geist aus Gott (in der Hl. Taufe) empfangen haben.

  • Thl. Die Kennzeichen des bösen Geistes.
  • Thl. Die Kennzeichen des guten, heiligen Geistes.

Der böse Geist ist:

  • ein hochmüthiger Geist.
  • ein unreiner Geist.
  • ein feindseliger Geist.

Wer diese Kennzeichen an sich bemerkt, wende sich mit aller Entschiedenheit davon ab & folge dem guten, heiligen Geist, dessen Merkmale denjenigen des bösen Geistes entgegengesetzt sind.

Der gute Geist ist:

  • ein demüthiger Geist.
  • ein reiner Geist.
  • ein friedfertiger Geist.

Mit eindringlichen Mahnungen zu einem reinen, keuschen, heiligen Leben, empfiehlt der Bischof als bestes Mittel im Kampfe dieser Geister, den öftern Empfang der Hl. Sakramente & fleht auf die Firmlinge die Gaben des Hl. Geistes herab.

Nach der Predigt segnet der Bischof: Rosenkränze, Kurzifixe, Medaillen, Skapuliere u. drgl. & dankt für den freundlichen Empfang. Dann ertheilt er den Segen für alle Anwesenden & die Zuhausegebliebenen.

Hierauf 5 Vater Unser für die Firmlinge & Jene, die den vollkommenen Ablass erlangen wollen.

Dann stille Messe von Ortspfarrer Ernst Scheffold mit Gesang seitens der Kinder. (:Singmesse:)

Von ¾ 10 Uhr an Erhteilung der Firmung durch den Bischof.

Mein Bruder Ludwig hatte Pathenstelle zu versehen bei deinem Knaben des Nachbars Forrer: Gebhard Forrer.

Auch meine Nichte Julia hatte das gleiche Amt für ein unbekanntes Mädchen [Auslassung im Tagebuch] Stolz, bürgerlich von Oberbüren. –

Nach der Firmung, die der Bischof im weissen Ornat spendete, bestieg Ortspfarrer Scheffold die Kanzel & hielt eine Danksagungsandacht mit Erneuerung der Taufgelübde & 3 Vater Unser.

Hierauf ertheilte der Bischof vom Hochaltare aus den letzten Segen & damit war die Feier geschlossen, & der Bischof mit dem Baldachin in das Pfarrhaus begleitet.

Die Ceremonie hatte bis ½ 11h gedauert.

Ludwig & Julia nahmen ihre Firmlinge mit nach Hause, in den «Hirschen» & Wir [sic] speisten um ½ 12 Uhr zu Mittag. –

Nachmittags von ½ 2 bis 2 Uhr fand in der Kirche nochmals eine Andacht zu den 7 Gaben des Hl. Geistes für die Firmlinge statt. – Fast Alle wohnten derselben bei: – Hernach wurden von Einigen Ausflüge nach Auswärts gemacht.

Die Leute setzten heute ihre Heuernte fort & führten viel Futter ein.

Ich besorgte nachmittags Büreauarbeiten.

Um 3 ¼ h nachmittags verreiste der Bischof unter Glockengeläute nach Kloster Glattburg.

Den Abend brachte ich mit schriftlichen Arbeiten zu.

Caroline half im Verlaufe des Nachmittags (1/2 4 h bis 5 h) meinem Bruder Carl beim Heuen. (:Wiese im «Reckholder» : ) –

Ich begab mich um 9 ¼ h zur Ruhe.

Nächster Beitrag: 16. Juni 1917 (publiziert am: 16. Juni 2017)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 035a (Tagebuch Thürlemann) sowie ZOA 004/1.3.07 (Fotosammlung Psychiatrische Klinik Pfäfers: Bischof in der Kutsche, links sitzend, Ort unbekannt, ca. 1920) und BMA 063 (Porträtbild von Bischof Robert Bürkler, 1863-1930)

Interniertenlager

Montag, 11. Juni 1917 – Endlich Ablösung in Château d’Oex

Vermutlich an diesem Tag erhielt die Ehefrau von Franz Beda Riklin den zwei Tage zuvor geschriebenen Brief ihres Ehemannes, der die letzten Tage als Leiter des Interniertenlagers in Château d’Oex verbrachte:

Chateau [sic] d’Oex, den 9. Juni 1917.

Liebster Schatz!

Heute ist also der erste Tag über die zwei Monate hinaus. Ich habe eine Tour gemacht bis zuhinterst ins Val d’Etivaz, um drei Arbeitsgruppen zu besuchen. Eine macht eigene Haushaltung in einer ganz schönen Alphütte u. rüstet das Holz, das von einer Lawine in e. Wald gebrochen worden ist. Es ist jetzt ein allgemeiner Arbeitsdrang entstanden, u. ich freue mich, das noch erreicht zu haben. Ich ass eine Milchsuppe aus einer gemeinsamen Schüssel mit Sennen (Verwandte von Berthod) u. kaufte mir nachher hier einen hölzernen geschnitzten Löffel wie sie sie dort haben. Das Herz hielt sich ganz ordentlich [Riklin litt an Herzproblemen]; es waren doch im ganzen 6 Stunden Marsch. Immerhin musste ich noch behutsam tun.

Meine frühere Sanitätskompagnie ist in Zofingen, Krankendepot. Gott sei Dank, dass ich nicht in jener Gegend bin.

Den Jour [?] habe ich doch nicht viel anders erwartet. Die Beziehungen werden sich nur noch allgemein höflich gestalten, wie zu den Engländern. Mehr wird nicht mehr sein. Vielleicht gibt es andere; u. sonst tant pis.

Carls [gemeint ist vermutlich Carl Gustav Jung] neueste Schrift ist für Allgemeines ganz recht, aber für mich kann ich es nicht mehr besonders goutiren [sic]. Es ist zu pfarrerlich.

Heute abend kommt Major de la Harpe hierher.

Ich habe den Wäschesack zurückgeschickt.

Tausend herzlichste Grüsse

von Deinem

Franz

Auf welches Werk von Carl Gustav Jung sich Riklin bezog, ist nicht eindeutig nachzuvollziehen. Möglich ist, dass er das 1917 im Rascher-Verlag in Zürich erschienene Buch Die Psychologie der unbewussten Prozesse. Ein Überblick über die moderne Theorie und Methode der analytischen Psychologie meinte.

Carl Gustav Jung löste Riklin als Leiter des Interniertenlagers in Château d’Oex ab. Das Beitragsbild stammt von einem der Notizzettel, auf denen Riklin in den letzten Wochen seines Aufenthalts in Château d’Oex ebenfalls manchmal Briefe an seine Frau schrieb. Auf dem mit einem unlesbaren Datum vom Juni 1917 datierten Zettel ist erstmals erwähnt, dass Jung Riklins Nachfolger sein sollte. Riklins Ehefrau, Sophia Riklin-Fiechter, war eine Cousine von Carl Gustav Jung.

Nächster Beitrag: Juni 1917 (erscheint am Juni 2017)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, W 106 (Korrespondenz Franz Beda Riklin mit seiner Ehefrau)

Hochzeitsfoto

Samstag, 9. Juni 1917 – Frauen-brief

Adele Berner-Wenner (1878-1946) und Silvia Wenner (1886-1968) waren Schwestern aus der süditalienischen Textilindustriellenfamilie, zu der schon andere Beiträge erschienen sind (vgl. Beiträge vom 12. und 24. Januar 1916 sowie vom 2. Januar, 13., 20. und 21. April 1917).

Adele Berner-Wenner war seit 1912 verwitwet. Sie hatte für einen 1902 geborenen Sohn, Alex, zu sorgen. Silvia Wenner verheiratete sich erst 1925 mit dem Industriellen Hermann Ochsenbein.

[Randnotiz:] Erhalten i[n] Fratte

Neapel, 9. Juni 1917.

Meine liebe Silvia,

Vielen herzlichen Dank für Deinen lieben langen Brief, der mich so sehr interessiert hat.

Ich hatte mich so sehr gefragt, wie woh[l] der Sonntag ausgefallen sei, & wie es Dir dabei mit Deiner Sache ergangen sei. Zum Glück ist es noch so abgelaufen, aber Du wirst doch recht froh gewesen sein, als Du am Abend in’s Bett schlüpfen konntest.

Mir ist es in letzter Zeit auch manchmal so gegangen, besonders in der letzten Woche, in dieser ging alles leichter[,] weil ich meine S… nicht mehr hatte. –

Ich habe diese Woche Mama noch 2 mal recht gesehen, am Montag war ich allein für den Tag in Rio’alta, & am Donnerstag mit meiner Schwiegermama.

Adele Wenner als Witwe

Natürlich läuft immer eines in’s andere, man muss sich immer sputen & eilen, & freut sich jedes mal [sic] wenn man das verschwitzte Strassenkleid & die warmen Schuhe wieder ausziehen kann. – Man wollte für das C.M.-Fest eine pêche arrangieren, die ich hoffte Frau Ascarelli übergeben zu können, aber weil sie abwesend war[,] so musste ich mich selbst bequemen, und habe nun sehr schön zusammen bekommen, etwa 270 kl. Gegenstände. Gestern nachm. blieb ich zu Hause[,] um alles in Papier zu wickeln, & habe über 3 Stunden lang Packetchen gemacht. Es ist sehr angenehm[,] dass Bob noch da ist, er ist schon einmal mit einer Ladung auf den Vomero gefahren, & geht morgen früh noch einmal. –

Ich begreife[,] dass die ersten Tage in Fratte nicht angenehm für Dich waren, mit den jetzigen Dienstboten-Verhältnissen, wenn Dir alles ein wenig verlottert vorkam. Man muss sich halt unter den obwaltenden Umständen wirklich genügen lassen, & hoffen, dass alles bald möglichst wieder in Ordnung kommen möge, & dabei das geniessen, an dem man sich noch freuen kann.

Ich freue mich[,] dass Du im Lauf der nächsten Woche kommen willst, man hat sich immer alles mögliche zu erzählen. – Ich weiss nicht[,] ob ich Dir gesagt habe, dass Grita [?] schrieb, Dr. Mende habe in den Ferien einen Gichtanfall bekommen & sei noch nicht zurück. Soeben kommt ein Express Brief von Alex vom 7ten. nach welchem Dr. M. noch immer abwesend sei, & so muss ich mich wo[h]l auf eigene Faust entschliessen, denn Du könnest [?] ja ein Fenster von dem einen, & ein Fenster von dem anderen machen, aber ich denke[,] das ist doch wo[h]l ausgeschlossen. –

Vor 2 Tagen war die Spitzenfrau Doema [?] Maria bei mir, & brachte mir eine wundervolle Decke zum ansehen. Es ist ja nicht ganz die gewünschte seidene Decke, die wir für Mama wünschen, aber etwas so schönes & eigenartiges, dass ich ihr sagte, sie wolle smir nur lassen zum ansehen, was sie gerne tut bis Du sie sehen kannst. Es ist eine calabresische Decke, antik, aber in ganz gutem Zustand, in der Art wie Pauls in Bellevue im rosa Fremdenzimmer ihre Bettdecke haben, nur ist alles viel feiner & in Seide eingewoben, in eine feine rostgelbe (aber matt in [den] Farben) Leinwand wirklich etwas ganz schönes für wem es gefällt, & kostet L. 140.- was ich nicht viel finde für was es ist. – Dann hat sie mir zur Ansicht noch ein breites, prächtiges Stück Filet, für ein Möbel, oder Store passend, gelassen zu L. 50.- Also Du findest etwas zum ansehen, die Frau hat nämlich eine kl. Reise gemacht, aber sie sagt nicht wohin.

Emily schreibt mir[,] dass Lili Andreae morgen zu ihnen komme, & übernachte, da kommt sie wahrscheinlich am Dienstag nach Fratte. – Ich lege noch ein Briefchen an Marta bei, das Du ihr bitte geben willst. –

Grüsse mir die Eltern herzlich & sei selbst innig umarmt von Deiner Dich sehr herzlich liebenden

Adèle.

Hinweise: In den Briefen zwischen der verwitweten Adele Berner-Wenner und ihrer Schwester Silvia Wenner ist mehrfach die Rede von «der Sache». Gemeint ist damit die Menstruation. pêche ist wohl ein Gesellschaftsspiel, bei dem man mit Hilfe einer kleinen Fischerrute kleine Geschenke «fischen» konnte.

Nächster Beitrag: 11. Juni 1917 (erscheint am 11. Juni 1917)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, W 054/127.4.2 (Briefe an Silvia Wenner) sowie W 054/125.10.1 (Beitragsbild: Hochzeitsfoto Adele und Hans Berner-Wenner, 1901) und W 054/125.9.4 (Foto Adele Berner-Wenner, vermutlich als Witwe, ca. 1910-1920)

Vettiger Todesbett

Freitag, 8. Juni 1917 – Tod des Kirchenmalers Vettiger

Im Morgenblatt der Zeitung Ostschweiz erschien die Todesanzeige von Franz Vettiger (1846-1917), Kirchen- und Porträtmaler. Sein Nachlass liegt im Staatsarchiv St.Gallen, darunter auch das Beitragsbild, das ihn aufgebahrt in seinem Atelier in Uznach zeigt.

Vettigers Arbeiten schmückten zu seinen Lebzeiten zahlreiche Kirchen und Kapellen der deutschen Schweiz. Allein zum Kanton St.Gallen weist das Werkverzeichnis im Nachlass rund 70 Aufträge aus. Die in sogenannt spätnazarenischem Stil gehaltenen Werke wurden jedoch im 20. Jahrhundert stark kritisiert. Die nachstehende Foto entstand möglicherweise in seinem Atelier, vielleicht aber auch vor Ort, wo er vor einem seiner Bilder steht:

Vettiger im Atelier

Nächster Beitrag: 9. Juni 1917 (erscheint am 9. Juni 2017)

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, W 074 (Nachlass Vettiger, Beitragsbild) und P 907 (Die Ostschweiz, 08.06.1917, Morgenblatt, Todesanzeige) und W 074/1.4.1-1 (Foto Totenbett: A. Eicher, Uznach, Porträt: unbekannter Fotograf)

Hotel Inserate

Mittwoch, 6. Juni 1917 – Krise im Fremdenverkehr?

Die Betriebskommission der Zeitung Ostschweiz vermerkte in ihrem Protokoll vom 6. Juni 1917:

5. Es fällt auf, dass uns die Hotel-Inserate fehlen. Das Präsidium soll untersuchen, warum hierin nicht mehr gehe & wie überhaupt Hr. Lampert seine Acquisitionstätigkeit ausübt. Es soll an die in Frage kommenden Hotels eine Einladung zum Inserieren auf die Ferien ergehen.

Am selben Abend erschien in der Ausgabe der Ostschweiz das obige Beitragsbild, samt einem Inserat des Kurhauses Waldheim:

Kurhhaus Waldheim

Die Akquisitionskampagne hatte offenbar Erfolg. Am 9. Juni inserierten neben den Kurhäusern Buchserberg, Wangs, Sonnenberg in Vilters und Säntis in Unterwasser auch diese Hotelbetriebe aus dem Toggenburg:

Hotels im Toggenburg

Die Ausgabe der Ostschweiz vom 9. Juni enthielt darüber hinaus auch Anzeigen von Gasthäusern aus den Kantonen Glarus und Graubünden.

Quellen: Staatsarchiv St.Gallen, Wy 088 (Firmenarchiv «Ostschweiz» Medien AG, Protokolle Verwaltungsrat und Betriebskommission, 1915-1920) und P 907 (Die Ostschweiz, 06.06.1917, Abendblatt: Beitragsbild)